
Häufig kommt es vor: Patientinnen und Patienten verlassen die Arztpraxis und haben noch Fragen zu ihrer Diagnose oder Therapie. Was wäre, wenn sie einfach das Smartphone zücken und eine Künstliche Intelligenz um Rat fragen könnten? Für viele Menschen in Deutschland ist das keine Zukunftsmusik mehr, sondern eine realistische Option. Doch wie sicher ist die KI-Diagnose wirklich und welche Chancen und Risiken birgt eine Zweitmeinung von Dr. KI?
Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin gewinnt zunehmend an Bedeutung. Laut einer aktuellen Umfrage des Digitalverbands Bitkom können sich 51 Prozent der Befragten vorstellen, künftig eine KI um eine Zweitmeinung zu bitten. Bereits sechs Prozent haben dies schon einmal getan, zum Beispiel mit Hilfe von Symptomchecker-Apps oder Chatbots wie ChatGPT. Diese Entwicklung zeigt, dass das Vertrauen in die Fähigkeiten von KI-Systemen wächst.
KI in der Diagnostik: Chancen und Potenziale
71 Prozent der Befragten befürworten, dass Ärztinnen und Ärzte, wenn es möglich ist, von einer KI unterstützt werden. 47 Prozent denken sogar, dass eine KI in bestimmten Fällen eine bessere Diagnose stellen könnte als Ärztinnen und Ärzte. KI-Systeme haben das Potenzial, die medizinische Diagnostik signifikant zu verändern. Sie können riesige Mengen an medizinischen Daten analysieren, Muster erkennen und dadurch frühzeitig Krankheiten diagnostizieren. Besonders bei seltenen Erkrankungen, deren Krankheitsbilder komplex sind, die häufig chronisch verlaufen und bei denen oft Erfahrung und Routine fehlen, können Algorithmen wertvolle Unterstützung bieten. „Künstliche Intelligenz wird Ärztinnen und Ärzten künftig noch viel stärker als bisher dabei helfen, Diagnosen zu stellen und Therapien auszuwählen“, betont Christina Raab, Bitkom-Vizepräsidentin. Auch für Patientinnen und Patienten könnte sie dabei unterstützen, mit Erkrankungen vernünftig umzugehen.
Ein großes Anwendungsgebiet mit viel Potenzial für KI ist die Radiologie und Pathologie. Hier kann KI beispielsweise Röntgen- und CT-Bilder zuverlässig auswerten und Lungenkrebs oder Schlaganfälle erkennen. Diese Fähigkeiten könnten die Arbeitsbelastung von Fachärztinnen und -ärzten für Radiologie und Pathologie erheblich reduzieren und die Diagnostik beschleunigen.
Zwischen Vertrauen und Skepsis
Aber wie steht die Bevölkerung allgemein zur Anwendung von KI in der Medizin? Die Mehrheit der Befragten (81 Prozent) sieht in ihr eine große Chance für die Medizin. 69 Prozent sind der Meinung, dass der Einsatz von KI in der Medizin besonders fördernswert sei. Für 40 Prozent wäre es in Ordnung, ihre Gesundheitsdaten zu Trainingszwecken für die KI bereitzustellen. Dennoch gibt es auch Bedenken: 35 Prozent der Befragten haben Angst vor dem Einsatz von KI in der Medizin.
Um die Chancen der KI in der Medizin voll auszuschöpfen und gleichzeitig die Risiken zu minimieren, ist laut Raab ein chancenorientierter Regulierungsrahmen notwendig. Das sieht auch die Mehrheit der Befragten so: 79 Prozent sind der Meinung, dass der Einsatz von KI in der Medizin streng reguliert werden sollte.
KI im Medizinstudium
Zudem sei es wichtig, KI in die medizinische und pflegerische Ausbildung zu integrieren, erklärte Raab. KI wird zukünftig einen immer größeren Stellenwert in allen Lebensbereichen einnehmen, auch in der Medizin. Für Medizinstudierende ist es wichtig, sich frühzeitig mit den Möglichkeiten und Grenzen dieser Technologie auseinanderzusetzen. Die Zukunft der Medizin wird durch die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine geprägt sein – und das zum Wohl der Patientinnen und Patienten.
Zum Hintergrund
Für die Umfrage befragte Bitkom Research im Mai 2024 per Telefon insgesamt 1.140 Personen in Deutschland ab 16 Jahren. Die Fragen lauteten: „Haben Sie sich nach einem Arztbesuch schon einmal eine Zweitmeinung von einer KI zu Ihrem Krankheitsbild eingeholt bzw. können Sie sich vorstellen, das zu tun?“ und „Inwieweit treffen die folgenden Aussagen zum Einsatz von KI in der Medizin Ihrer Meinung nach zu?“
Quelle: Bitkom