Prozesssteuerung: E-Arztbrief – Mehr Effizienz, bessere Kommunikation

20 Januar, 2020 - 12:05
Dr. Timo Braun
Finger tippen auf Computertastatur und darüber liegen Email-Symbole

Die Arztbriefschreibung gehört zum Alltag jeden Klinikarztes. Der E-Arztbrief bietet die Möglichkeit, Befunddaten ohne Zeitverzug zwischen stationärem und ambulantem Sektor verschlüsselt auszutauschen.

Der Arztbrief ist eines der wichtigsten Kommunikationsmittel in der Patientenversorgung, doch wird er oft mit unliebsamer Arbeit assoziiert. Im Extremfall können auf postalischem Weg vom Diktat des Arztbriefs bis zum Eintreffen des Arztbriefs beim weiterbehandelnden Arzt mehrere Wochen vergehen.

Standardisierung des Arztbriefs

Die Behelfslösung mittels Kurzbrief, der oft via Telefax vorab verschickt wird, ist aus Datenschutzgründen äußerst kritisch zu sehen. Nicht erst seit Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Jahr 2018 und den neusten Datenschutzvorfällen im Gesundheitswesen sollte dieser Weg der Vergangenheit angehören. Eine weitere Behelfslösung ist, dem Patienten bei seiner Entlassung einen vorläufigen Arztbrief mitzugeben. Jedoch birgt dies Risiken. Da es möglich ist, dass im vorläufigen Arztbrief noch nicht alle Ergebnisse der Untersuchungen im Krankenhaus enthalten sind, kann die Therapie des weiterbehandelnden Arztes auf unvollständigen Befunden und Diagnosen basieren.

Durch das Erstellen des Arztbriefs direkt im Krankenhausinformationssystem (KIS) entstehen bereits im ersten Schritt viele Vorteile für die Klinikärzte. So ist es möglich, etwa die Patientenstammdaten direkt aus dem KIS zu übernehmen und Therapiemaßnahmen über Vorauswahlen und Textbausteine zu beschreiben.

Der E-Arztbrief optimiert diesen Prozess weiter. Die stärkere Standardisierung in E-Arztbriefen kann die Qualität erhöhen und die Kommunikation zwischen Klinikarzt und weiterbehandelndem Arzt verbessern. So helfen vorgegebene Strukturen, Redundanzen zu vermeiden, Überflüssiges wegzulassen und den Arztbrief zu optimieren. Ein knapper, strukturierter und präziser Arztbrief bedeutet für Ersteller wie Leser einen Gewinn an Zeit. Der E-Arztbrief hilft somit, die administrativen Arbeiten der Ärzte zu reduzieren, den Arztbrief inhaltlich zu optimieren und das Erstellen effizienter zu gestalten.

Befunddaten ohne Zeitverzug austauschen

Der E-Arztbrief ermöglicht es, Arztbriefe direkt aus dem KIS heraus elektronisch, schnell und sicher an Praxen zu versenden. Zudem werden die Kosten für den postalischen Versand gespart. Durchläuft ein Patient während seiner Behandlung in der Klinik mehrere Abteilungen, liegt es an der zuletzt behandelnden Abteilung, den Arztbrief zur Entlassung des Patienten zu erstellen. Dabei ist es mitunter schwierig oder zeitintensiv, alle Unterlagen zusammenzustellen. Der E-Arztbrief ermöglicht es, den Arztbrief kontinuierlich während des Aufenthalts des Patienten zu pflegen und zu aktualisieren. Am Ende dieses Prozesses muss der Brief, der bereits alle Dokumente und die Diagnostik enthält, nur noch freigegeben werden.

Das ist auch eine große Stärke des E-Arztbriefs: Er ermöglicht es, verschiedene Befunddaten ohne Medienbrüche, verschlüsselt und ohne Zeitverzug zwischen stationärem und ambulantem Sektor auszutauschen. So können digitale Befunde wie MRT-, Röntgen- oder Ultraschallaufnahmen und Pflegedokumentationen wie die E-Kurve mittels E-Arztbrief den weiterbehandelnden Ärzten bereitgestellt werden.

E-Arztausweis der zweiten Generation

Für den Einsatz des E-Arztbriefs sind einige technische Voraussetzungen in den Kliniken und Praxen zu erfüllen. Die zentralen sind die eindeutige Identifikation des verfassenden Arztes und die sichere Übermittlung des Briefs.

Zur eindeutigen Identifikation muss der E-Arztbrief mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (QES) rechtsgültig unterschrieben werden. Diese QES wird mit dem elektronischen Arztausweis, auch E-Arztausweis, elektronischer Heilberufsausweis genannt, erzeugt. Der E-Arztausweis, auf dessen integriertem Chip die Daten des Kartenbesitzers verschlüsselt hinterlegt sind, verbreitet sich zunehmend. Für den Einsatz in der Tele­ma­tik­infra­struk­tur und somit für die Nutzung des E-Arztbriefs ist der E-Arztausweis der zweiten Generation erforderlich. Er dient, ebenso wie der klassische Arztausweis aus Papier, als Sichtausweis und ermöglicht es dem Besitzer, sich in Portalen, zum Beispiel von Lan­des­ärz­te­kam­mern und Arztnetzen, elektronisch auszuweisen.

Auch können mithilfe des E-Arztausweises medizinische Daten, die versendet werden, verschlüsselt und entschlüsselt werden. Dies erhöht den Schutz personenbezogener medizinischer Daten. Geplant ist, dass Ärzte künftig mit ihrem E-Arztausweis auf Patientendaten zugreifen können, die auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) abgespeichert sind. Dies bezieht sich absehbar auf die Anwendungen „Notfalldaten“ und „Medikationsplan“.

Sicheres Netz zum Datenaustausch

Weitere Voraussetzung dafür, den E-Arztbriefs einsetzen zu können, ist ein virtuelles privates Netzwerk (VPN), um den E-Arztbrief sicher zu übermitteln. Ein Beispiel dafür ist das zugelassene VPN „Sichere Netz der Kassenärztlichen Vereinigungen“. Der eingesetzte Kommunikationsdienst muss definierte Sicherheitsanforderungen erfüllen. So müssen neben dem Absender auch die Empfänger eindeutig identifizierbar sein, die Nachrichten Ende-zu-Ende verschlüsselt sein und der Kommunikationsdienst muss zertifiziert sein.

Ein Beispiel für einen zertifizierten Kommunikationsdienst ist KV-Connect. Damit ist es möglich, die Arztbriefe direkt aus dem Krankenhausinformationssystem (KIS) zu versenden und zu empfangen. Die verwendeten Krankenhausinformationssysteme müssen ebenfalls auditiert und für den Einsatz des E-Arztbriefs zugelassen sein. Beispiele dafür sind „ORBIS“ des Anbieters Agfa Healthcare oder „iMedOne“ des Unternehmens Telekom Healthcare Solutions. Wenn der Klinikarzt einen E-Arztbrief an einen weiterbehandelnden Arzt in einer Praxis versenden will, muss auch das Praxisverwaltungssystem des niedergelassenen Arztes für den Einsatz des E-Arztbriefs zertifiziert sein.

Um die Möglichkeiten des E-Arztbriefs voll ausschöpfen zu können, ist es letztlich wichtig, alle Prozesse in der Klinik einzubeziehen. So zeigt sich die maximale Effizienz des E-Arztbriefs, wenn auch Dokumentation und Diagnostik in der Klinik bereits digitalisiert sind. Dann können beispielsweise mit wenigen Klicks Anamnese, Therapieverlauf und elektronische OP-Berichte zusammengestellt werden und in den E-Arztbrief einfließen.

Dtsch Arztebl 2019; 116(47): [2]
 


Der Autor:

Dr. Timo Braun
M. Sc. Biomedizintechnik, Berater
Sanovis GmbH
48155 Münster

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