Medizinische Versorgungszentren (MVZ) werden immer beliebter. Eingeführt in die Versorgungslandschaft wurden sie im Jahr 2004 mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz. Seitdem ist ihre Anzahl laut Angaben der Bundesverbands Medizinische Versorgungszentren Gesundheitszentren / integrierte Versorgung e.V. auf knapp 4.000 im Jahr 2020 angestiegen.
Für viele Ärztinnen und Ärzte hat es zahlreiche Vorteile, für ein MVZ tätig zu sein: Sind sie angestellt, können sie als Vertragsärzte und -ärztinnen arbeiten, ohne die Verantwortung oder ein finanzielles Risiko für die eigene Praxis tragen zu müssen. Und wer als Teilhaber oder Teilhaberin einsteigt, teilt sich immerhin die Verantwortung und das Risiko.
Wie funktioniert Private Equity?
Trotz vieler positiver Effekte gibt es jedoch auch Kritik an den MVZ, und zwar an solchen, die von Private Equitiy-Unternehmen erworben werden. Unter Private-Equity-Investoren versteht man eine bestimmte Art von Finanzinvestoren. Diese sind vor allem am Erwerb und Wiederverkauf kompletter Unternehmen interessiert. Für die Käufe werden Gelder von Anlegern genutzt und davon befristete Fonds eingerichtet. Nach Ablauf einer gewissen Zeit erhalten die Anleger ihr Kapital und ihren Anteil am erzielten Gewinn zurück. Die Folge: Unternehmen werden nicht lange gehalten, sondern möglichst schnell und möglichst gewinnbringend weiterverkauft.
Wie viele MVZ sich in Händen von Investor-Firmen befinden, ist nicht genau bekannt, denn es besteht keine Veröffentlichungspflicht. Unklare Konzernstrukturen verhindern oft genaue Recherchen der Eigentumsverhältnisse. Nicht selten führen Spuren in Steueroasen, in denen sich die Fonds verstecken. Sicher ist, dass MVZ ist als Investitionsobjekt interessanter werden. Nach Recherchen des Autors Rainer Bobsin waren im Jahr 2018 ungefähr 425 MVZ-/Praxisstandorte in Private-Equity-Besitz (ohne Zahnarzt-MVZ). 2019 waren es bereits mehr als 600 und ein Jahr später 750 Standorte. Bobsin ist seit vielen Jahren ein genauer Beobachter der undurchsichtigen Marktsituation.
Gewinnorientierung über Unternehmenszweck?
Ein Gutachten des IGES-Instututs für die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung aus dem Jahr 2020 bestätigt ein dynamisches Wachstum auf dem zahnärztlichen MVZ-Markt, wobei in der Regel Zentren nicht neu gegründet, sondern bereits bestehende übernommen werden. Der Bericht äußert die These „eines im Vergleich zu Einzelpraxen und BAG stärker am Ziel der Renditeoptimierung orientierten Vorgehens“ von Investoren-MVZ.
Und genau hier sehen viele Kritiker ein Problem. Rein gewinnorientierte Firmen sind ihrer Meinung nach ungeeignet, um in Gesundheitseinrichtungen zu investieren. Sie sehen die Unabhängigkeit der ärztlichen Arbeit gefährdet. Hinzu kommt, dass die Private Equity-Firmen die gekauften MVZ nicht dauerhaft halten. Nach einer durchschnittlichen Haltedauer von vier Jahren werden sie weiterverkauft, meist an ein anderes Private Equity-Unternehmen. Dem MVZ tut das in der Regel nicht gut: Laut einer Untersuchung des Finanzierungsexperte Dr. Christoph Scheuplein zeigten solche Unternehmen mehr Schulden, weniger Eigenkapital und ein daraus resultierendes höhere Insolvenzrisiko.
Angesichts der Tatsache, dass immer Ärztinnen und Ärzte eine dauerhafte Anstellung der Einzel-Selbständigkeit vorziehen, dürften die Finanzinvestoren weiter am Markt aktiv bleiben. Daher werden immer mehr Stimmen laut, die fordern, den Verkauf von Arztsitzen an Investoren zu beschränken und die Eigentumsverhältnisse offenzulegen.