Personalgewinnung: Wettbewerbsfaktor Unternehmenskultur

14 März, 2023 - 07:14
Klaus Wawrzyniak
Unternehmenskultur schematische Darstellung

Bedingt durch den demografischen Wandel gehen in naher Zukunft sieben Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Rente. Wie alle anderen Branchen trifft dies auch die Krankenhäuser, die somit im Wettbewerb um die verbliebenen Arbeitskräfte stehen.

Im Gegensatz zur Privatwirtschaft befinden sich Krankenhäuser in einem regulierten Markt mit festen Preisen und Kostensätzen oder Fallpauschalen (DRG). Das hat zur Folge, dass sie Vergütungen und Entgelte ihrer Mitarbeitenden nicht ohne Weiteres dem Markt anpassen können. Unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft und geltenden Tarifverträgen wird die Vergütung mal höher oder mal niedriger sein als in anderen vergleichbaren Einrichtungen, aber in der Regel in einem vergleichbaren Rahmen.

28.03.2025, VAMED Rehaklinik Ahrenshoop GmbH
Ahrenshoop
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Ahrenshoop

Unternehmenskultur ist handlungsprägend

Wenn man bei potenziellen Arbeitskräften nicht oder nicht nur mit der Vergütung punkten will, kommt die Unternehmenskultur ins Spiel. Jedes Unternehmen hat eine Unternehmenskultur, ob es will oder nicht. Diese bezeichnet die Gesamtheit gemeinsamer Werte, Normen und Einstellungen, die die Entscheidungen, Handlungen und das Verhalten der Mitarbeitenden prägen. Die Unternehmenskultur ist also der handlungsprägende Rahmen. Das heißt, die Handlungen eines Krankenhauses bilden sowohl die Beobachtungs- oder Wahrnehmungsfläche für Führungskräfte und Mitarbeitende der eigenen Organisation ab als auch für potenzielle Mitarbeitende oder Patienten und niedergelassene Ärzte.

Es gibt eine Kultur des Verhaltens und eine Kultur als Teil der Organisation. Damit sind das Außenbild und die tatsächlich gelebte Praxis gemeint. Wie verhält sich die Organisation nach innen und außen? Dies bezieht sich auf den täglichen Umgang und insbesondere auf Situationen, die alle als schwierig empfinden oder in Krisen. Hält man sich dann noch an die gewünschten oder vorhandenen Werte? Steht die Mitarbeiterorientierung nur auf dem Papier? Sprechen Führungskräfte davon abweichendes Verhalten an oder sanktionieren sie es, falls notwendig?

Entwicklung eines Leitbildes

Leitbildprozesse gelten als ein zentrales Instrument des Kulturmanagements. Der Prozess der Entwicklung eines Leitbildes unterstützt die Organisation dabei, die Werte und Normen zu benennen und allen innerhalb des Unternehmens bekannt zu machen. Die Wirtschaftslehre unterscheidet die Tiefenstruktur, also Werte, Normen und Einstellungen, als gelebte Kulturmerkmale und die Oberflächenstruktur als die von außen wahrnehmbare Kultur des Unternehmens, wie Selbstverständnis und Vision.

Im Zusammenhang mit Personalgewinnung spielt die Reputation, also das Image oder der Ruf eines Unternehmens, eine zentrale Rolle. Dieses Image oder dessen Wahrnehmung ist nach innen und außen durch die Unternehmenskultur geprägt. Das Personalmarketing gibt idealerweise die Unternehmenskultur durch eine geeignete Kommunikation wieder. Jedoch gilt es, darauf zu achten, sich nicht anders oder besser darzustellen, als man ist, um damit Personal zu gewinnen. Eine Diskrepanz zwischen Außendarstellung und gelebter Unternehmenskultur führt unweigerlich zum schnellen Wiederausstieg.

Vielbeschworene Mitarbeiterorientierung

Potenzielle Bewerberinnen und Bewerber orientieren sich an der Vergütung. Den Ausschlag geben aber nicht Gehaltsdifferenzen, sondern weiche Faktoren, zum Beispiel die viel beschworene Mitarbeiterorientierung. Sind die unterschiedlichsten Teilzeitmodelle selbstverständlich oder trifft man auf großes Erstaunen beim Fragen danach? Insbesondere unter Ärztinnen und Ärzten ist dies oft noch ein schwieriges Thema. Bei Ärztinnen wird Teilzeit eher akzeptiert als bei männlichen Kollegen, für die diese aber den gleichen Stellenwert hat wie für die Ärztinnen. Wie ist der Umgang im Kollegenkreis? Kann man eigenverantwortlich auf vertrauensvoller Basis handeln? Wie sind Hierarchien organisiert? Sind Arbeitsplatz und -umgebung digital? Auch die Frage nach mobilem Arbeiten oder Homeoffice, zumindest in den Bereichen, in denen diese möglich sind.

All dies sind Kennzeichen der jeweiligen Unternehmenskultur. Wer einen Leitbildprozess schon hinter sich hat und diese im Unternehmen gewollt und auch gelebt werden, ist bei potenziellen Bewerbenden im Vorteil. Doch Krankenhäuser, die zwar einen Leitbildprozess durchgeführt und sich somit auch mit der Unternehmenskultur beschäftigt haben, dies jedoch im Wesentlichen für eine Zertifizierung benötigten und sich damit zufriedengeben, die Leitbilder im Haus ausgehängt zu haben, vor denen liegt noch ein weiter Weg.

27.03.2025, Klinik Höhenried gGmbH
Tutzing
26.03.2025, Heiligenfeld GmbH
Bad Wörishofen

Konsistentes Personalmarketing

Wie können Krankenhäuser mit einer Unternehmenskultur auf dem umkämpften Arbeitsmarkt punkten? Dazu bietet sich ein konsistentes Personalmarketing an. Dabei geht es um Fragen, wie sich das Unternehmen nach außen und nach innen darstellt. Gibt es auf der Homepage zum Beispiel Statements von Mitarbeitenden, warum sie dort arbeiten? Gibt es kurze Videos von Mitarbeitenden aus allen Berufsgruppen? Zeigt das Krankenhaus, wie divers seine Mitarbeitenden sind? Sind die Mitarbeitenden auch Werbeträger des Unternehmens, sprich, empfehlen sie ihren Arbeitgeber auch anderen in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis?

Um Verbesserungspotenzial zu erkennen und zu ermitteln, sollten Krankenhäuser beispielsweise Mitarbeiterbefragungen nutzen. Sie sollten an die Basis gehen und fragen, wie die Unternehmenskultur gelebt wird. Dieses Wissen wird die Kultur des Hauses nicht von einem Tag auf den anderen verändern. Aber es gibt der Leitung und den Führungskräften Hinweise auf Verbesserungsbedarf. Zudem fühlen sich die Mitarbeitenden ernst genommen und respektiert. Allerdings sollten die Führungskräfte nicht vergessen, auch Konsequenzen zu ziehen, wenn es Verhaltensweisen gibt, die nicht der gewünschten Unternehmenskultur entsprechen. Ein Leitbild kann Werte und Normen vorgeben. Fraglich ist jedoch, ob diese eher einem Wunsch entsprechen oder ob sie auch gelebt werden. Auch wenn sich ein Krankenhaus erst in diesem Prozess befindet oder er ihm bevorsteht, kann und sollte es dies benennen. Es zeigt damit, dass es sich um diese Themen kümmert und sich entwickeln will.

Dtsch Arztebl 2022; 120(11): [2]

Der Autor:

Klaus Wawrzyniak
Konzernbereichsleiter HR (Personal)
Immanuel Albertinen Diakonie
22457 Hamburg
Mitglied im Initiativkreis neue Personalarbeit in Krankenhäusern (InPaK)

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