Über erste Erfolge, Herausforderungen und Trends auf dem Weg zur Klinik 4.0 haben Führungskräfte aus Pflege, Verwaltung und Ärzteschaft beim Innovationsforum Krankenhaus in Köln diskutiert.
E-Health, Digitalisierung, KI – es gibt genügend Schlagworte, die in den Krankenhäusern kursieren und zeigen, dass Transformationsprozesse nicht mehr aufzuhalten sind. In vielen Kliniken bewegt sich bereits einiges. Zu diesem Schluss kamen jedenfalls die Teilnehmer des Innovationsforums Krankenhaus, das am 4. Juni 2019 zum zweiten Mal im Deutschen Ärzteverlag in Köln tagte. Rund 30 Führungskräfte, darunter Pflegedirektoren, Manager und Geschäftsführer sowie Chefärzte und ärztliche Direktoren, diskutierten über zukunftsweisende Themen der Branche: die Effizienz der allseits angestrebten Arbeitgeberattraktivität, Maßnahmen für eine bessere Zusammenarbeit in Kliniken und den Weg zur Klinik 4.0. Veranstaltet wurde der Workshop vom Initiativkreis neue Personalarbeit in Krankenhäusern (InPaK), dem Deutschen Ärzteverlag und Health&Care Management.
Digitale Services für Patienten und Mitarbeiter
So könnte die Zukunft aussehen: Der Patient checkt online in der Notaufnahme ein. Auf Basis der IT-gestützten Triagierung wird er automatisiert über die Wartezeit informiert. Ein transparenter Datenfluss gibt Aufschluss über Vorerkrankungen und Indikationen und gewährleistet eine optimale Patientenversorgung. Ärzte und Pflegekräfte kommunizieren in Echtzeit miteinander und tauschen gesundheitsrelevante Daten aus. Auch für den Patienten geht vieles einfacher: Via Krankenhaus-App sieht er Operationstermine und Sprechstunden ganz einfach ein oder bestellt sein Essen.
Sieht die Klinik 4.0 in Deutschland wirklich so aus? Denkbar. Denn dieses Bild zeichnete eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe auf dem Innovationsforum Krankenhaus. In dieser Zukunftsvision wird die telemedizinische Vernetzung von Arzt und Patient immer wichtiger, die Klinik 4.0 richtet Patientenportale ein, vergibt Termine für Operationen und automatisiert Sprechstunden. Auch die Förderung der Eigenverantwortung des Patienten bis hin zur Patiententeilhabe zählen zu den Möglichkeiten, die das Krankenhaus der Zukunft bietet.
Natürlich bringt die smarte Vernetzung auch für Mitarbeitende, Führungskräfte und die Organisation des Krankenhauses Veränderungen mit sich: vom Einsatz künstlicher Intelligenz, die dazu führt, Arbeitsprozesse zu erleichtern, aber gleichsam eine Schulung der Mitarbeiter erfordert, bis hin zu einer computergestützten Triagierung der Notaufnahme oder webbasierten Dienstplanung, die auf Basis von Wünschen und Angaben der Ärzte und Pflegekräfte via Algorithmus Dienste automatisiert einteilt. Dass die Digitalisierung viele technische Neuerungen bereithält, liegt auf der Hand. Allerdings steht die Klinik 4.0 aus Sicht der teilnehmenden Führungskräfte noch vor ganz anderen Herausforderungen.
Die Klinik der Zukunft setzt auf Spezialisierung
Mit dem transparenten Vergleich, den das Internet bietet, und der zunehmenden Vernetzung suchen Patienten immer mehr nach Spezialisten für ihre Anliegen und nehmen auch weitere Wege in Kauf. Nach Einschätzung der Teilnehmer ist die Portfolioanalyse daher zwingende Maßnahme, der sich Kliniken zu stellen haben und notwendige Voraussetzung dafür, alle Digitalisierungsmaßnahmen zu implementieren. Spezialisierung und Zentralisierung, aber auch das Networking von Gesundheitsversorgern werde daher das Fundament bilden im Aufbau des Kliniksystems 4.0.
Mitarbeiterbindung und -rekrutierung
Jenseits der Digitalisierung der Krankenhäuser beschäftigte die vielfach propagierte Arbeitgeberattraktivität im Kampf gegen den Fachkräftemangel das Innovationsforum. Jeder spreche davon, aber was bringe es denn überhaupt, fragten sich die Teilnehmer einer Arbeitsgruppe. Sie kamen zu dem Schluss, dass vielmehr die intrinsische Motivation der Schlüssel zur Mitarbeiterbindung und -rekrutierung sei. Will heißen: Andere, mitunter auch zu den Berufsgruppen passende Zielführungen, und nicht unisono der Gedanke an die Wirtschaftlichkeit des Krankenhauses sollten gefördert und Anreize dafür geschaffen werden.
Das A und O dabei sei, die Mitarbeitenden intensiv einzubeziehen. Rahmenbedingungen oder Gesetzesvorgaben sollten beispielsweise in Seminaren erläutert werden, regelmäßiges Feedback eingeholt und Zahlen offengelegt werden. Den Führungskräften komme dabei eine tragende Rolle zu. Denn für sie zähle: präsent sein, Nähe zur Basis zeigen, konsequent handeln und Motivation vorleben. Kurzum: Eine Führung aus Leidenschaft färbe auch auf die Mitarbeitenden und ihre intrinsische Motivation ab. Umso wichtiger sei es, die passende Leitung zu finden. Eine breite Auswahl an potenziellen Führungskräften müsse geschaffen und die Ausbildung mehrerer geeigneter Kandidaten gefördert werden.
Verbesserung der Gesprächs- und Meeting-Kultur
Das Einbeziehen des Klinikpersonals und eine transparente Kommunikation spielte auch in der dritten Arbeitsgruppe eine zentrale Rolle. Diese nahm sich die Ergebnisse aus dem letzten Innovationsforum vor und leitete daraus Handlungsanweisungen ab. Zentrales Ziel: Die Kommunikation in Kliniken muss besser werden, um dadurch auch eine bessere Unternehmenskultur zu schaffen.
Dazu gehöre in jedem Fall eine gute Gesprächs- und Meeting-Kultur, die bislang in vielen Häusern noch viel Luft nach oben lasse. Konkret heißt das: Gespräche müssen klar strukturiert werden und darauf ausgelegt sein, akute Probleme zeitnah zu lösen. Wichtig in der verbalen wie auch der schriftlichen Kommunikation sei darüber hinaus, sich auf klare Regeln zu verständigen, sei es den Gesprächspartner ausreden zu lassen oder zu definieren, welche Inhalte wie verbreitet werden. Unbedingt solle der berufsgruppen- und hierarchieübergreifende Austausch und der Mut zu neuen Wegen gefördert werden. Auch Zieldefinitionen helfen schon in kleinen Arbeitsbereichen, die Zusammenarbeit in Krankenhäusern zu verbessern.
Auch in diesem Jahr stand der konstruktive Austausch zwischen berufsgruppenübergreifenden Krankenhausentscheidern im Fokus des Innovationsforums. „Durch die Diskussionen und Gespräche gewinnen die Teilnehmer neue Denkanstöße und können Erfahrungen teilen“, sagte Petra Schubert, InPaK-Mitglied und Moderatorin des Workshops. „Das ist eine gute Basis, um Zukunftsprojekte anzugehen. Und genau darum geht es beim Innovationsforum Krankenhaus.“
Dtsch Arztebl 2019; 116(27-28): [2]