Befragung unter Ärztinnen und Ärzten: Wie attraktiv ist die digitale Fortbildung?

13 Januar, 2022 - 07:17
Silja Elfers
Ärztin am Laptop

Es gibt kein Zurück zur Vor-Corona-Ära, auch nicht bei den digitalen Fortbildungen für Ärztinnen und Ärzte. Drei Viertel wünschen sich digitale Live-Veranstaltungen mit Aufzeichnung. Das zeigt eine aktuelle Befragung der PharMed Akademie.

Fast 2.000 Ärztinnen und Ärzte hat die PharMed Akademie zu ihrer Einstellung rund um digitale Fortbildungsveranstaltungen befragt und die Ergebnisse erstmals auf dem hybriden PHARMA FORTBILDUNGS-FORUM Ende November in Berlin vorgestellt. Die Umfrage lief von Februar bis Juni 2021, also mitten im zweiten Lockdown und während der dritten Corona-Welle.

Fortbildungen für Ärztinnen und Ärzte: Digital führt

Ganz klares Ergebnis dieser Befragung ist: Sobald alle Möglichkeiten – in Präsenz, hybrid oder virtuell – wieder offen stehen, wünschen sich drei Viertel (75 Prozent) digital an einer Live-Fortbildungsveranstaltung teilzunehmen und diese drei bis sieben Tage nach Veranstaltungsende als Aufzeichnung zur Verfügung gestellt zu bekommen. „Die Ergebnisse zeigen, dass sich Wissen auch digital sehr gut und vor allem flexibel vermitteln lässt und dies von der Ärzteschaft in der derzeitigen Situation auch eingefordert wird“, sagt Andreas Weber, Managing Director und Partner der expopartner GmbH, eines der Unternehmen, das federführend an der Studie beteiligt war.

Wichtig ist Ärztinnen und Ärzten auch, dass sie dauerhaft auf diese Fortbildungsinhalte zugreifen können und nicht nur ein paar Monate oder ein halbes Jahr. Eine reine Präsenzveranstaltung ohne jede Online-Anbindung wünscht sich gerade mal ein Drittel (Mehrfachnennungen). Die Zahlen zeigen deutlich, dass die Digitalisierung bei der Ärzteschaft angekommen ist und auch nach der Pandemie kein Zurück zum Althergebrachten gewünscht ist.

Geblieben ist die präferierte Zeit für eine Fortbildung. Die meisten wünschen sich, mittwochabends nach 18 Uhr (70 Prozent) oder samstagvormittags zwischen 9 und 12 Uhr (66 Prozent) an einer Live-Veranstaltung teilzunehmen. Auch für den Sonntagvormittag können sich noch 40 Prozent erwärmen, jedoch ist den meisten eine Veranstaltung werktags nach Praxisschluss am liebsten.

Ärztinnen und Ärzte wünschen Austausch mit Industrie

Spannend für Veranstalter und die Pharmaunternehmen ist, wie Ärztinnen und Ärzte über einen Austausch mit der Industrie denken. Knapp zwei Drittel (58 Prozent) möchten sich während der Fortbildung, z.B. in den Pausen, mit Industrie-Ansprechpartnern austauschen – hier ist die Online-Welt also nicht weit von der Präsenzwelt entfernt. „Das starke Bekenntnis der Ärzteschaft zum Austausch mit der Industrie hat uns überrascht. Die Erfahrung des vergangenen Jahres mit virtuellen Kongressen jeglicher Fachrichtung oder Größe zeigt, dass sich dieser Austausch nicht digital ersetzen lässt. Präsenzveranstaltungen bleiben also weiterhin essenziell und werden sich ihren festen Platz zurückerobern – idealerweise verknüpft mit digitalen Anteilen“, sagt Anderas Weber.

Im Nachgang an die Digitalveranstaltung wäre immerhin noch jede/r Vierte für einen vertiefenden Austausch mit der Industrie bereit. Sehr viel Zeit räumen die Ärztinnen und Ärzte dem Gespräch mit dem Pharmaaußendienst oder Pharmareferent:innen allerdings nicht ein: Gerade mal 3 Prozent ihrer gesamten Fortbildungszeit. Rund ein Viertel lehnt jeden Zusammenhang mit Fortbildungen ab.

Etwa gleich viele Befragten sagen, dass sie die Kosten einer Fortbildung selber tragen wollen (71 Prozent) oder finanziell von der Industrie unterstützt werden möchten (69 Prozent). Hier waren Mehrfachantworten möglich. Strikt gegen eine Finanzierung durch die Industrie sprechen sich 15 Prozent aus.

Zahlungsbereitschaft für Digital-Fortbildung ist geringer

Eine Möglichkeit ist eine Übernahme von Teilnahmegebühren. Hier wird deutlich, dass Ärztinnen und Ärzte im Schnitt zwischen 37 Prozent und 41 Prozent weniger für eine Veranstaltung zahlen wollen, die rein digital stattfindet, als für die Präsenzfortbildung. Dabei machte es keinen großen Unterschied, ob die Veranstaltung halbtags, ganztags oder für mehre Tage angesetzt ist. Attraktiv könnte womöglich ein Kombi-Ticket sein, bei dem Ärztinnen und Ärzte bis zu einem gewissen Zeitpunkt wählen können, ob sie digital oder vor Ort teilnehmen möchten. Im Übrigen haben nicht nur junge Ärztinnen und Ärzte diese Einstellung, die Hälfte der Befragten war zwischen 50 und 65 Jahre alt.

CME-Punkte sammeln bei digitalen Live-Veranstaltungen

Immer häufiger werden bereits jetzt CME-Punkte für digitale Veranstaltungen vergeben. Geht es nach den befragten Ärztinnen und Ärzten, wird es genauso üblich, CME-Punkte für digitale Live-Fortbildungen zu erhalten (70 Prozent) wie für Präsenzveranstaltungen (75 Prozent). Hier wird es darauf ankommen, die Teilnahme der digitalen Veranstaltung nachweisen zu können.

Rund einem Fünftel ist es generell nicht wichtig, ob Veranstaltungen CME-zertifiziert sind. Eine gewisse Skepsis scheint es noch bei aufgezeichneten Veranstaltungen zu geben: Nur die Hälfte kann sich hierfür begeistern.

Was ist die wichtigste Erkenntnis aus der Befragung? „Fortbildung wird nicht mehr als punktuelles Ereignis gesehen, sondern soll 365 Tage im Jahr zur Verfügung stehen“, so Andreas Weber von expopartner. „Daraus ergeben sich natürlich ganz neue Anforderungen – und Chancen – für Präsenzfortbildungen: Wenn die reine Wissensvermittlung digital wird, kann „Live“ seine Stärken in Bezug auf die Inszenierung von Diskurs, Begegnung und Marke voll ausspielen und das digitale Angebot sinnvoll ergänzen.“

Über die Befragung

Die Ärztebefragung ist ein Kooperationsprojekt von 35 Partnern, darunter die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin, die Deutsche Diabetes Gesellschaft, Boehringer Ingelheim, LEO Pharma, expopartner und die PharMed Akademie, ein Anbieter von Fortbildungsveranstaltungen. Die Befragung untersuchte die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das Fortbildungsverhalten der deutschen Ärzteschaft. Mehrheitlich sind die Befragten (42 Prozent) auf dem Gebiet der Inneren Medizin tätig, gefolgt von der Kinder- und Jugendmedizin (16 Prozent) und der Chirurgie (8 Prozent). Die meisten arbeiten im Praxis-/MVZ-Bereich (53 Prozent) und in leitender oder nachgeordneter Funktion im stationären Bereich (43 Prozent). Weitere Ergebnisse der Befragung werden im Rahmen der PharMed-Ideenwerkstätten im kommenden Jahr veröffentlicht werden (27.01.2022 und 24.02.2022).

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