Ärzte überschätzen Medizin-Wissen ihrer Patienten

6 Januar, 2020 - 14:00
Dr. Sabine Glöser
Ein Arzt zeigt einer Frau Wirbel an einem Wirbelsäulennachbau in einem Büro

Viele Ärzte gehen davon aus, dass Patienten grundlegende medizinische Begriffe kennen. Doch dem ist offenbar nicht so. Was beispielsweise unter „Reflux“, „Angina pectoris“ oder „Ödem“ zu verstehen ist, ist vielen Laien unklar. Das zumindest ergab eine Umfrage von Privatdozent Dr. med. Felix Gundling und Mitarbeitern vom Klinikum Bogenhausen in München. Das Team befragte 196 Patienten nach 43 im Alltag vorkommenden Fachbegriffen. Hinzu kamen Fragen zum Aufbau des menschlichen Körpers.

Demnach wusste ein Drittel der Patienten nicht, was mit „Angina pectoris“ gemeint ist. Ein weiteres Drittel glaubte es zu wissen. Doch auf Nachfrage konnten die Befragten nicht erklären, dass es um anfallsartige Schmerzen in der Brust geht, die auf schwere Durchblutungsstörungen im Herzmuskel hinweisen. Ähnlich ging es mit Begriffen wie „Body-Mass-Index“, „Teerstuhl“ oder „Refluxbeschwerden“. Jeder Zweite glaubte zu wissen, was es damit auf sich hat. Auf Nachfrage konnten jedoch viele das Maß für Übergewicht und Fettleibigkeit, die Schwarzfärbung des Stuhls infolge von Darmblutungen und das saure Aufstoßen nach dem Essen nicht erklären. Selbst deutschsprachige Begriffe wie Verstopfung, Darmspiegelung oder Sodbrennen waren einigen nicht klar.

Weitere Ergebnisse: Patienten mit längerer Schulbildung beantworteten die Fragen häufiger richtig. Frauen verfügten über größeres medizinisches Wissen als Männer. Privatversicherte waren besser informiert als Kassenpatienten. Ältere hatten größere Wissenslücken als Jüngere. Keinen Einfluss auf den medizinischen Kenntnisstand hatten hingegen der Fernsehkonsum oder häufige Arztbesuche.

„Ärzte schätzten die Kenntnisse ihrer Patienten oft besser ein, als sie sind“, sagte Gundling. Daher würden die wenigsten nachfragen und sich vergewissern, ob die Patienten sie wirklich verstanden hätten. Für den Therapie--Erfolg sei dies aber wichtig: „Je besser ein Patient über seine Erkrankung informiert ist, desto größer ist seine Kooperation.“ Die Umfrage wurde in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift veröffentlicht (doi: 10.1055/a-0758–0647).

Dtsch Arztebl 2019; 116(18): [4]

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