
Nicht selten finden sich Ärzte im Internet wieder: Ein Foto, mit einer Bewertung von wenigen Sternchen versehen, dazu ein hämischer Kommentar eines Patienten. Dagegen können sich Ärzte wehren.
Es ist bereits unangenehm, wenn Patienten falsche Behauptungen in der Öffentlichkeit streuen – gegenüber anderen Patienten, Kollegen, dem Arbeitgeber oder der Presse. Schlimmstenfalls verbreiten sich diese falschen Behauptungen, werden im Internet angeprangert und bei Google an erster Stelle gelistet. Der Albtraum: Sie werden auch noch mit Angaben zu persönlichen Details, der eigenen Handynummer, Wohnanschrift, Namen des Partners und der Kinder versehen.
Verleumdung, üble Nachrede, Beleidigung
Verleumdungen sind unwahre und ehrverletzende Behauptungen. Der Täter weiß in diesem Fall, dass seine Behauptungen nicht zutreffen. Nach dem Strafgesetzbuch (StGB) ist die Verleumdung strafbar (§ 187 StGB). Üble Nachrede, strafbar nach § 186 StGB, liegt vor, wenn die Behauptung nicht nachweislich wahr ist. Der Täter kann sich irren, muss aber vor Gericht die Wahrheit beweisen. In beiden Fällen muss die Äußerung geeignet sein, den Betroffenen verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.
Beweisbare Tatsachenbehauptungen sind abzugrenzen von „bloßen“ Meinungsäußerungen. Tatsachenbehauptungen sind dem Beweis zugänglich. Meinungsäußerungen dagegen sind Werturteile, die dem Beweis nicht zugänglich sind. Folgende Äußerung ist eine nachprüfbare Tatsachenbehauptung: „Der Arzt hat mich entstellt.“ Folgende Äußerung stellt dagegen ein Werturteil dar: „Der Arzt ist arrogant.“
Und dann gibt es noch die Beleidigung. Der große Unterschied: auch eine ehrverletzende Meinungsäußerung kann beleidigend sein.
Drohen Patienten mit einem schlechten Eintrag auf einem Bewertungsportal, beispielsweise um unberechtigt an eine Krankmeldung zu gelangen, so ist dies eine Nötigung. Mit dieser sollte der Arzt umgehen können, denn das Ausstellen eines falschen Attests wäre ähnlich fatal.
Da üble Nachrede, Verleumdung und Beleidigung ebenso wie die Nötigung Straftaten darstellen, können Ärzte bei der Polizei Strafanzeige stellen. Gegebenenfalls ist ein Strafantrag erforderlich, das heißt, der Betroffene muss auch ein Verfolgungsinteresse bekunden. Vorsicht bleibt wegen der ärztlichen Schweigepflicht geboten.
Mit juristischen Mitteln zur Wehr setzen
Fehlt der Äußerung der ehrverletzende Charakter, so ist sie zumindest auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfbar. Unwahre Tatsachenbehauptungen sind angreifbar. Nicht jede Äußerung beruht auf Tatsachen. Das führt dazu, dass der Patient oder der vermeintliche Patient gegebenenfalls sogar den Arztkontakt nachweisen muss. Vor allem bei so manchen Fake-Äußerungen im Internet kann es daran fehlen. Zulässig jedoch sind Meinungsäußerungen.
Ebenso wehren können sich Ärzte gegen die Veröffentlichung allzu privater Details. Die private Anschrift oder Handynummer gehen ebenso wie Angaben zu persönlichen Verhältnissen dem Grunde nach niemanden etwas an.
Gegen die genannten Straftaten, aber auch gegen unwahre Tatsachenbehauptungen und die unzulässige Veröffentlichung privater Details können sich Betroffene mit juristischen Mitteln zur Wehr setzen. In Betracht kommen Aufforderungen, das Verhalten zu unterlassen, verbunden mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung (Abmahnung). Ist ein Schaden entstanden, kommen Schadenersatzansprüche in Betracht. Der Gang zum Anwalt ist sinnvoll. Die Kosten muss bestenfalls der Gegner tragen.
Viele Äußerungen im Internet sind angreifbar. Die Plattform- und Suchmaschinenbetreiber, einschließlich jameda, Sanego, Google oder Bing, sind verpflichtet, Beschwerden nachzugehen. Sie haben den Sachverhalt zu prüfen, den Äußerer zu einer Stellungnahme aufzufordern und gegebenenfalls den Beitrag zu löschen. Tun sie dies nicht, können Betroffene ihre Ansprüche gegen den Betreiber der Plattform richten. Schwierigkeiten ergeben sich mitunter bei ausländischen Betreibern. Abzuklären ist, welcher nationale Rechtsrahmen Anwendung findet.
Berechtigte Kritik anzunehmen kann helfen
Natürlich ist es sinnvoll, sich gegen unwahre Behauptungen und Ehrverletzungen zur wehren. Doch spätestens wenn die negativen Bewertungen überwiegen, ist weniger juristischer als guter Rat sinnvoll. Manchmal kann es helfen, sich berechtigter Kritik anzunehmen und die eigenen Praxisabläufe oder das persönliche Verhalten gegenüber Patienten zu reflektieren.
Ebenso sollten Ärzte aktiv auf ihre Patienten zugehen, sich von ihnen bewerten lassen und die Resonanz prüfen. Dabei gilt: Bei überwiegend positiven Bewertungen sind einzelne Ausrutscher ins Negative nicht unüblich. Sie gehören zu einer glaubhaften Darstellung dazu. Daher macht es Sinn, Anreize zu schaffen, die Praxis zu bewerten. Dabei sollten sich Ärzte nicht nur auf ein Bewertungsportal beschränken, sondern sich auf zahlreichen weiteren Plattformen listen lassen.
Zudem gibt es noch die Möglichkeiten für ein öffentliches Feedback. Dazu können Ärzte die bei vielen Plattformbetreibern vorgesehene Feedback-Funktion nutzen. Bei ihren Äußerungen müssen sie jedoch die datenschutzrechtlichen Aspekte ebenso abwägen wie die ärztliche Verschwiegenheit. Beachten sollten sie auch: Der Anreiz eines Patienten, einen Arzt aufgrund einer schlechten Erfahrung negativ zu bewerten, ist im Internet höher als der Anreiz, dort über seine positiven Erfahrungen zu berichten. Dazu müsste der Patient schließlich seine Komfortzone verlassen.
Steht der Patient plötzlich vor der privaten Wohnung des betroffenen Arztes, oder ruft er ständig nicht veröffentlichte Rufnummern an und droht möglicherweise mit Gewalt, dann ist es Zeit, über Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz nachzusinnen. Vielleicht genügt bereits eine sogenannte Gefährderansprache durch die örtliche Polizei. Alternativ kann das Gericht Kontakt- und Aufenthaltsverbote aussprechen.
Oft klärt ein persönliches Gespräch vieles
Am erfolgversprechendsten ist jedoch noch immer der persönliche Kontakt. Meist lassen sich Differenzen im persönlichen Gespräch am besten klären. Allerdings müssen dazu beide Parteien die Bereitschaft haben.
Dtsch Arztebl 2019; 116(9): [2]
Der Autor:
Dr. jur. Andreas Staufer
Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht und für Informationstechnologierecht
FASP Finck Sigl & Partner
80336 München