Schutzschirm für Ärzte: Was bringt das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz?

6 Juli, 2020 - 08:12
Stefanie Hanke
Lars Rinkewitz
Lars Rinkewitz ist Steuerberater in Langenfeld im Rheinland.

Weniger Patienten und leere Wartezimmer: Wegen der Corona-Krise haben viele Patienten in den vergangenen Monaten auf Arzt- und Klinikbesuche verzichtet. Um Umsatzeinbußen auszugleichen, hat die Bundesregierung im Rahmen des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes einen Schutzschirm für Ärzte und Psychotherapeuten beschlossen. Was das genau bedeutet, erklärt der Steuerberater Lars Rinkewitz im Interview.

Herr Rinkewitz, was genau ist das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz?

Lars Rinkewitz: Der Bundestag hat das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz schon im März verabschiedet. Damit sollen für Krankenhäuser und Vertragsärztinnen und -ärzte die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie aufgefangen werden. Ziel war dabei neben den Hilfen für die Krankenhäuser vor allem, die Honorareinbußen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte abzufedern. Für psychotherapeutische Praxen gilt das übrigens auch. Das wird nun umgesetzt. So hat sich beispielsweise die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein mit den gesetzlichen Krankenkassen im Rheinland darauf verständigt, diesen Schutzschirm für die Praxen in ihrem Zuständigkeitsbereich aufzuspannen. Und auch in anderen Bundesländern gibt es ähnliche Regelungen.

Welche Voraussetzungen gibt es, um von diesem Schutzschirm zu profitieren?

Lars Rinkewitz: Die Honorareinbußen müssen mehr als 10 Prozent betragen. Dabei wird immer quartalsweise gerechnet – der Vergleichs-Zeitraum ist das Vorjahres-Quartal. Das beginnt mit dem 1. Quartal 2020 – es funktioniert also auch rückwirkend. Konkret bedeutet das: Es wird geschaut, welche Honorare eine Praxis im jeweiligen Quartal für kassenärztliche Leistungen eingenommen hat. Und wenn die mehr als 10 Prozent unter dem gleichen Quartal im Vorjahr liegen, greift der Schutzschirm. Allerdings gibt es noch eine zweite Voraussetzung, die ebenfalls zwingend vorliegen muss: Der Rückgang muss darauf zurückzuführen sein, dass wegen der Pandemie weniger Kassenpatienten behandelt wurden. Wenn der Umsatz aus anderen Gründen zurückgegangen ist, beispielsweise, weil die Praxis verkleinert wurde, dann zählt das nicht.

Wie müssen Ärztinnen und Ärzte die Unterstützung beantragen?

Lars Rinkewitz: Das Gute ist: Für den Schutzschirm muss gar kein Antrag gestellt werden. Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, bekommen sie automatisch eine Ausgleichszahlung der KV. Diese Zahlung ist begrenzt auf maximal 90 Prozent des Gesamthonorars des Vorjahresquartals. Wenn eine Praxis pandemiebedingt im 1. Quartal 2020 keinerlei Umsätze gehabt hätte, würden dem Praxisinhaber trotzdem 90 Prozent der Umsätze des 1. Quartals 2019 ausgezahlt werden. Die KVen haben ja über ihre Abrechnungssysteme alle Daten der Praxen und kennen auch deren Umsätze. Dafür ist nur wichtig, dass die Daten dort auch auf dem aktuellen Stand sind – aber das sind sie in der Regel ja.

Das heißt, Ärztinnen und Ärzte müssen im Grunde gar nichts tun, um vom Schutzschirm zu profitieren?

Lars Rinkewitz: Soweit ich weiß, ist das nicht nötig – das soll alles automatisch laufen. Es kann natürlich sein, dass im Einzelfall Rückfragen kommen. Dann meldet sich die KV aber.

Gilt diese Regelung bundesweit oder gibt es regionale Unterschiede?

Lars Rinkewitz: Durch das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz wurde ein Paragraph im Sozialgesetzbuch (SGB V) geändert – das gilt natürlich bundesweit und schafft für die KVen die Grundlage, die Schutzschirme für Praxen aufzuspannen. Allerdings müssen die KVen selbst entsprechende Ausgleichszahlungen beschließen. Wir hier im Rheinland stehen direkt im Kontakt zur KV Nordrhein und bekommen die Informationen daher speziell für diese Region. Aber ich gehe davon aus, dass es solche Regelungen in allen Kassenbezirken geben wird. Praxisinhaber sollten da aber im Zweifel bei ihrer zuständigen KV nachfragen.

Welche Praxen profitieren von dieser Regelung besonders?

Lars Rinkewitz: Die Regelung ist natürlich besonders für Praxen günstig, die viele Kassenpatienten betreuen und wegen der Pandemie in den vergangenen Monaten Umsatzeinbußen hatten. Für Honorare, die ausgefallen sind, weil Privatpatienten weggeblieben sind, gilt das nicht. Das bedeutet, je höher der Anteil an Kassenpatienten ist, umso höher ist auch die erwartbare Ausgleichszahlung.

Was müssen Praxisinhaber steuerlich berücksichtigen, wenn sie Gelder über den Schutzschirm bekommen?

Lars Rinkewitz: Dazu ist derzeit noch nichts bekannt. Grundsätzlich ist es ja so, dass mit der Ausgleichszahlung Honorarausfälle kompensiert werden. Für die Einkommenssteuer wäre das als gewinnerhöhende, betriebliche Einnahme zu werten – das bedeutet, die Gelder aus dem Schutzschirm müssten entsprechend versteuert werden. So ist es beispielsweise auch bei den Corona-Soforthilfen. Bei der Umsatzsteuer sieht es etwas anders aus: Generell führen Ärzte ja auch umsatzsteuerfreie Leistungen aus. Meines Erachtens müsste die Ausgleichszahlung hier als echter Zuschuss gewertet werden. Damit wäre sie nicht umsatzsteuerbar.

Wie bewerten Sie den Schutzschirm als Instrument zur Unterstützung der Praxen?

Lars Rinkewitz: Ich halte diese Regelung auf jeden Fall für sehr ökonomisch: Für die Praxen fällt kaum Verwaltungsaufwand an. Grundsätzlich ist es gut, dass hier etwas für die Ärztinnen und Ärzte getan wird. Viele haben ja beispielsweise auf Patienten gewartet, die ohne Absage nicht erschienen sind – die Umsatzeinbrüche waren ja nachweisbar da. Ob der Schutzschirm letztendlich ausreicht, um die Umsatzeinbußen der einzelnen Praxen zu kompensieren – das werden wir sehen.
 


Der Experte:

Lars Rinkewitz
Steuerberater, Diplom-Kaufmann
ECOVIS KSO Treuhand- und Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co. KG
Katzbergstr. 1a, 40764 Langenfeld

Weitere Informationen zum Thema: https://www.ecovis.com/duesseldorf-koeln/schutzschirm-fuer-aerzte-und-psychotherapeuten-konkretisiert/

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