
Eine Forschergruppe am Kantonsspital St. Gallen hat über den Zeitraum eines Jahres den Kaffeekonsum des ärztlichen Personals nach Facharztgruppen, Alter und Geschlecht getrennt aufgenommen und ausgewertet. Demnach sind Orthopäden die größten Kaffee-Konsumenten.
Als Basis für die – mit einem Augenzwinkern zu verstehende Studie, die es in eine Ausgabe des British Medical Journal (BMJ) geschafft hat – dienten die in der Kantine der Klinik verkauften Tassen Kaffee innerhalb eines Jahres. Analysiert wurde der Kaffeekonsum von 766 Personen - 425 Ärzte und 341 Ärztinnen in der Spitalkantine.
Laut der Studie kauften insgesamt 84 Prozent (644 Personen) des am Krankenhaus beschäftigten ärztlichen Personals Kaffee. Im Jahr der Erhebung wurden 70.772 Tassen Kaffee konsumiert. Das Forschungsteam erkannte bei der Auswertung eine signifikante Verbindung zwischen der fachlichen Spezialisierung und dem durchschnittlichen jährlichen Kaffeekonsum.
Der Kaffeekonsum nach Facharztrichtung:
1. Platz: Orthopädie (durchschnittlich 189 Becher/Kopf)
2. Platz: Radiologie (177)
3. Platz: Allgemeine Chirurgie (167)
4. Platz: Neurochirurgie (116)
5. Platz: Neurologie (104)
6. Platz: Innere Medizin (90)
7. Platz: Gynäkologie (75)
8. Platz: Anästhesie (39)
9. Platz: Vertreter anderer Fachgruppen (95)
Männer trinken mehr Espresso – Frauen mehr Cappuccino
Unterschiede gibt es auch zwischen Frauen und Männern: Ärzte trinken mehr Kaffee als ihre Kolleginnen und doppelt so häufig Espresso. Lieblingsgetränk bei den Frauen ist laut Studie Cappuccino. Morgens wird zumeist Café Créme verkauft, nach dem Mittagessen geht am Häufigsten Espresso über die Theke. Ausgefallenere Kaffeespezialitäten – in der Studie als „Fancy Coffee“ zusammengefasst – schneiden bei beiden Geschlechtern am schlechtesten ab.
Ältere trinken mehr Kaffee als die Jungen
Ärztinnen und Ärzte, die bereits länger als fünf Jahre im Job sind, trinken das Heißgetränk häufiger als Berufsanfänger und junge Kolleginnen und Kollegen. Die Forscher spekulieren, dass ältere Mediziner versuchen, mit dem Kaffee ihre Müdigkeit zu bekämpfen, um mit den Jüngeren mithalten zu können. Als weitere Erklärung halten sie bereit, dass die Älteren aufgrund ihrer Position mehr Zeit zum sozialen Austausch und Netzwerken hätten. Und: Ältere Ärzte spendierten öfter mal eine Runde Kaffee, sodass die Verkaufszahlen hier nicht mit dem tatsächlich konsumierten Kaffee übereinstimmten.
Wie kommen die Unterschiede zustande?
Aber worauf ist der unterschiedliche Kaffeekonsum zurückzuführen? Die Autoren der nicht ganz ernst gemeinten Studie machen einige Vorschläge. So vermuten sie, dass sich beispielsweise bei den Kaffee-Spitzenreitern, den Orthopäden, die Mentalität "work hard/ play hard" beim Kaffeekonsum mit "drink hard" auch im Umfeld der Krankenhaus-Cafeterien fortsetzt. Dies zeige ihre hohe Produktivität oder die Tatsache, dass sie viel Zeit totschlagen müssen und daher häufig in den Kantinen anzutreffen sind. Bei den Radiologen vermuten die Studienautoren, dass sie sich häufig in Cafeterien aufhalten, um ihrem dunklen Arbeitsumfeld zu entkommen – schließlich könne der fordernde Job vor Computerbildschirmen bei gedimmtem Licht nach kurzer Zeit ermüdend sein. Bei den Kaffee-Schlusslichtern aus der Anästhesie wird gemutmaßt, dass sie zu beschäftigt sind, um den Weg zum Kaffee zu finden, oder dass sie sich – aufgrund ihrer selten geselligen Art – ihre eigenen Kaffeemaschinen am Arbeitsplatz aufstellen.
Weitere Ergebnisse der Studie sind hier zu finden: https://doi.org/10.1136/bmj.h6446