Australische Studie: So gewissenhaft und umgänglich sind Ärztinnen und Ärzte

31 Mai, 2023 - 15:31
Stefanie Hanke
Freundliche junge Ärztin mit Brille

Welche besonderen Persönlichkeitsmerkmale zeichnen Ärztinnen und Ärzte aus? Und wie unterscheiden sie sich dabei von Patientinnen und Patienten? Das haben zwei Studien aus Australien untersucht, die jetzt veröffentlicht wurden. Das Ergebnis: Ärztinnen und Ärzte sind extrovertierter und umgänglicher, aber auch neurotischer und weniger offen als ihre Patientinnen und Patienten.

Für die Auswertung wurden zwei verschiedene Studien zusammengeführt: Einerseits untersuchten die Forschenden 23.358 Menschen aus der australischen Allgemeinbevölkerung, darunter 18.707 Patientinnen und Patienten. Andererseits wurden 19.351 Ärztinnen und Ärzten befragt, darunter 5.844 aus dem Bereich Allgemeinmedizin und 5.021 Fachärztinnen und Fachärzte aus verschiedenen anderen Bereichen.

Die „Big Five" der Persönlichkeit

Im Fokus der Untersuchung standen die so genannten „Big Five" der Persönlichkeit. Diesem Modell zufolge gibt es fünf Hauptdimensionen der Persönlichkeit, mit denen sich jeder Mensch charakterisieren lässt:

  • Offenheit für Erfahrungen (Aufgeschlossenheit),
  • Gewissenhaftigkeit (Perfektionismus),
  • Extraversion (Geselligkeit; Extravertiertheit),
  • Verträglichkeit (Rücksichtnahme, Kooperationsbereitschaft, Empathie) und
  • Neurotizismus (emotionale Labilität und Verletzlichkeit).

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Ein weiterer Aspekt, der in der Studie untersucht wurde, war die externale Kontrollüberzeugung: Menschen mit einer hohen externalen Kontrollüberzeugung nehmen Ereignisse eher als von ihrem eigenen Verhalten unabhängig wahr.

Ärztinnen und Ärzte sind verträglicher, gewissenhafter und extrovertierter

Das Ergebnis: Die Ärztinnen und Ärzte sind laut Studie verträglicher, gewissenhafter und extrovertierter als die Allgemeinbevölkerung, aber auch als ihre Patientinnen und Patienten. Gleichzeitig sind sie neurotischer und weniger aufgeschlossen. Außerdem sind Ärztinnen und Ärzte häufiger davon überzeugt, wenig Einfluss auf äußere Ereignisse zu haben als die Allgemeinbevölkerung.

Bei dem Vergleich der verschiedenen Fachrichtungen zeigten sich nur geringfügige Unterschiede: Im Vergleich zu Fachärztinnen und Fachärzten erwiesen sich die Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner als etwas verträglicher, ansonsten gab es keine großen Abweichungen.

Auf Rückfrage der US-amerikanischen Website MedPage Today zeigte sich Hauptautor Mehdi Ammi überrascht von den Ergebnissen, besonders von der stärkeren Neigung zu Neurotizismus: „Wir können darüber nur spekulieren, aber wir vermuten, dass das von dem Arztberuf kommt, der fordernder und stressiger ist als die Arbeit anderer Gruppen". 

Verschiedene Persönlichkeiten als Risiko für den Behandlungserfolg

In ihrer Studie weisen die Autorinnen und Autoren auch darauf hin, dass das Wissen über die unterschiedlichen Persönlichkeiten möglichst bei der Behandlung berücksichtigt werden müsse: „Sich dieser Unterschiede bewusst zu sein, könnte die Arzt-Patienten-Kommunikation verbessern und es Patienten erleichtern, Behandlungsempfehlungen zu verstehen und umzusetzen“, heißt es da. Beispielsweise könne die stressbasierte Neigung zu Neurotizismus bei Ärztinnen und Ärzten sie dazu verleiten, Stress bei ihren Patientinnen und Patienten zu unterschätzen, weil sie sie für normal halten, präzisiert Ammi. Außerdem könnten sie ihre Patientinnen und Patienten als weniger empathisch und freundlich wahrnehmen, weil sie selbst insgesamt höhere Werte bei der Verträglichkeit erreichen.

Die Ergebnisse der Studie könnten Ärztinnen und Ärzten dabei helfen, sich besser auf den Umgang mit bestimmten Patientengruppen vorzubereiten – besonders, wenn sich deren Persönlichkeit deutlich von der eigenen unterscheidet. Für künftige Studien rät das Autorenteam dazu, sich vor allem auf den Aspekt des Neurotizismus und die Rolle, die diese Eigenschaft bei der medizinischen Arbeit spielt, zu konzentrieren.

Quellen: Does doctors’ personality differ from those of patients, the highly educated and other caring professions? An observational study using two nationally representative Australian surveys, Mehdi Ammi, Jonas Fooken, Jill Klein, Anthony Scott (2023; DOI: 10.1136/bmjopen-2022-069850), www.medpagetoday.com

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