„Behandlungsfehler" – dieses Wort hört niemand gerne. Eine erste Übersicht über die Zahlen für 2023 hat die Techniker Krankenkasse (TK) veröffentlicht. In welchem Fachbereich die meisten Behandlungsfehler auftreten und warum die Krankenhausreform zu einem Rückgang der Fehler beitragen kann, erfahren Sie im Beitrag.
Das falsche Bein operiert, im Bauchraum vergessene Tupfer oder die Gabe falscher Medikamente – in der medizinischen Versorgung kann es zu Behandlungsfehlern kommen. Dabei können sie gravierende Folgen für die betroffenen Patientinnen und Patienten haben und sind ein Indikator für die Qualität und Sicherheit der medizinischen Behandlung. Die TK hat für das Jahr 2023 die Zahl der bei ihnen gemeldeten Behandlungsfehler veröffentlicht. Diese bleibt auf einem hohen Niveau.
Besonders Chirurgie und Zahnmedizin betroffen
Insgesamt berichtet die TK, dass sie 6.509 Meldungen zu vermuteten Behandlungsfehlern im Jahr 2023 erhalten haben. Im Jahr 2022 waren es noch 5.979. In etwa jedem dritten Fall werde eine intensive Überprüfung angestoßen, weil sich der Verdacht auf einen manifesten Behandlungsfehler verstärke. Allerdings gebe es auch eine hohe Dunkelziffer. Denn viele Patientinnen und Patienten könnten häufig schwer einschätzen, ob ihr individueller Behandlungsverlauf auf eine Fehlentscheidung zurückzuführen ist. Im Zweifel fragen sie ihre Krankenkasse nicht um Rat und tauchen so in Statistiken nicht auf.
Jährlich veröffentlicht der Medizinische Dienst (MD) im Sommer eine Gesamtstatistik der vermuteten und bestätigten Behandlungsfehler. Für das Jahr 2022 erstellte er 13.059 fachärztliche Gutachten. Bei jedem vierten Fall gab es tatsächlich einen Fehler und einen Schaden für den Patienten oder die Patientin. Bei jedem fünften Fall war der Fehler die Ursache für den Schaden. Die gemeldeten Behandlungsfehler sind laut TK vielfältig. Doch in welchen Fachbereichen treten die meisten auf? Der größte Anteil fällt mit 33 Prozent auf die Fachrichtung Chirurgie, danach folgt mit 17 Prozent die Zahnmedizin/Kieferorthopädie. Diese beiden Bereiche machen also die Hälfte aller gemeldeten Fälle aus. Mit jeweils acht Prozent folgen die Allgemeinmedizin und die Gynäkologie/Geburtshilfe. Sechs Prozent entfallen jeweils auf die Orthopädie und auf Pflegefehler. Die Augenheilkunde kommt auf vier Prozent. Die restlichen Fachrichtungen machen 18 Prozent der gemeldeten Fälle aus.
Datenschutz manchmal hinderlich
Es könne immer zu Fehlern kommen, solange Menschen an der Arbeit beteiligt seien, sagte TK-Vorstandsvorsitzender Dr. Jens Baas. Ziel müsse es aber sein, Fehlerquellen bestmöglich auszuschließen. Das erhoffe er sich durch die geplante Krankenhausreform. Eine stärkere Spezialisierung der Kliniken und geringere finanzielle Anreize für möglichst viele Eingriffe könne zu einem Rückgang der Behandlungsfehler führen. „Die Reform soll die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlasten, die Qualität durch eine bessere Arbeitsteilung zwischen den Kliniken verbessern. Eine gelungene Reform könnte einen Beitrag dazu leisten, dass die Behandlungsfehler im stationären Bereich in den kommenden Jahren zurückgehen", erklärte Baas.
Ein gewisses Problem sei aber auch der Datenschutz. Krankenkassen könnten laut Baas zwar mittels Datenanalysen viele Behandlungsfehler erkennen, doch aufgrund der strengen Datenschutzauflagen dürften sie die Kunden darüber nicht informieren und sie auf mögliche Fehler hinweisen. „Der Datenschutz steht uns hier leider im Weg“, kritisierte Baas. „Deswegen ist es umso wichtiger, dass Versicherte Gebrauch von den Hilfsangeboten ihrer Krankenkasse machen."
Den Vorfall prüfen lassen
Ein Angebot sei beispielsweise der MD, bei dem Krankenkassen einen Vorfall durch ein Gutachten prüfen lassen können. Das sei für Versicherte kostenlos, betont TK-Medizinrechtsexperte Christian Soltau. Bei einem bestätigten Behandlungsfehler würden die Krankenkassen in der Regel ihre Ansprüche geltend machen. Außerdem könnten Versicherte die Gutachten später juristisch nutzen, falls sie sich für eine Schadensersatzklage entscheiden.
Quelle: Techniker Krankenkasse, Medizinischer Dienst Bund