Facharzt-Weiterbildung Laboratoriumsmedizin: Dauer, Inhalte, Berufsperspektiven

24 Mai, 2023 - 10:47
Stefanie Hanke
Ärztin im Labor am Mikroskop
Fachärzte und Fachärztinnen für Laboratoriumsmedizin haben kaum Kontakt zu Patienten - ihr Arbeitsplatz ist das Labor.

Fachärzte für Laboratoriumsmedizin arbeiten an der Schnittstelle zwischen der Medizin und Naturwissenschaften wie Chemie und Mikrobiologie. Wie genau die Facharzt-Weiterbildung in diesem Bereich abläuft und wie lange sie dauert, erfahren Sie im Beitrag.

Auf einen Blick: Weiterbildung (Facharztausbildung) Laboratoriumsmedizin:

  • Definition: Fachärzte und Fachärztinnen für Laboratoriumsmedizin unterstützen andere Ärzte dabei, Krankheiten und deren Ursachen zu erkennen, Krankheitsverläufe zu überwachen und Therapien zu bewerten. Dabei greifen sie auf morphologische, chemische, physikalische, immunologische, biochemische, molekulargenetische und mikrobiologische Untersuchungsverfahren zurück.
  • Dauer: Die Facharzt-Weiterbildung in der Laboratoriumsmedizin dauert 60 Monate. Davon müssen 30 Monate in klinischer Chemie, im immunologischen, hämatologischen, hämostaseologischen und molekulargenetischen Labor abgeleistet werden. Jeweils 12 Monate müssen im mikrobiologischen Labor und in der stationären Patientenversorgung erfolgen. Weitere 6 Monate müssen im immunhämatologischen Labor abgeleistet werden.
  • Anzahl der Fachärzte: In Deutschland gibt es 1.687 Fachärzte für Laboratoriumsmedizin. Davon sind 1.209 berufstätig. 803 arbeiten ambulant, 315 stationär in einer Klinik, 16 in Behörden, Körperschaften und ähnlichen Einrichtungen.

Fachärzte und Fachärztinnen für Laboratoriumsmedizin unterstützen in zwei Drittel aller Behandlungsfälle die Diagnosefindung, heißt es bei der zuständigen Fachgesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL). Das bedeutet: Ärzte, die in diesem Bereich arbeiten, haben zwar nicht viel Kontakt zu Patienten, sie beraten aber die Kollegen in der direkten Patientenversorgung in verschiedenen Bereichen. Dazu gehören neben der Diagnose auch die Vorbeugung, die Risikoabschätzung von Krankheiten und die Überwachung bestimmter Krankheitsverläufe.

Dabei sind die Laboratoriumsmediziner eine der kleinsten Facharztgruppen in Deutschland: Insgesamt gibt es bundesweit 1.618 Fachärzte in diesem Bereich (2019). Aber: Neben den Hausärzten sind die Laboratoriumsmediziner die am häufigsten konsultierten Ärzte, heißt es vom Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL e.V.): Für ca. 380 von 1.000 gesetzlich Krankenversicherten werden pro Jahr Laboruntersuchungen durchgeführt.

Wie der Name schon sagt, ist der Arbeitsplatz der Laboratoriumsmediziner das Labor. Dort stehen ihnen zahlreiche verschiedene Untersuchungsverfahren aus den Bereichen Klinische Chemie, Immunologie, Molekularbiologie und Mikrobiologie zur Verfügung. Zu den Aufgaben gehört es unter anderem auch, diese Verfahren anhand neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterzuentwickeln und für die Qualitätssicherung in diesem Bereich zu sorgen.

Das bedeutet: Wer sich für diese Weiterbildung interessiert, sollte neben einem generellen Interesse an naturwissenschaftlichen Themen auch ein gewisses technisches Verständnis mitbringen. Laboratoriumsmediziner sollten die Funktionsweise der Geräte, mit denen sie arbeiten, grundsätzlich verstehen – denn sie sind auch dafür verantwortlich, dass diese Geräte einwandfrei funktionieren.

Ein großer Pluspunkt dieser Weiterbildung: In der Laboratoriumsmedizin lassen sich die Arbeitszeiten in der Regel gut planen. Der Arbeitstag beginnt deutlich später als in der Patientenversorgung im Klinikum: So werden die Laborproben in den Arztpraxen in der Regel erst gegen 11 Uhr am Vormittag eingesammelt, erst dann kann die Labordiagnostik beginnen. Fachärzte und Fachärztinnen für Laboratoriumsmedizin arbeiten in Kliniklaboren, aber auch in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Und: Wer sich für diese Facharzt-Weiterbildung entscheidet, kann sich später seinen Arbeitsplatz aussuchen. In der Laboratoriumsmedizin macht sich der Fachkräftemangel noch stärker bemerkbar als in anderen Disziplinen. Weil viele Kliniken keine Labormediziner finden, werden Kliniklabore häufig auch von Internisten geleitet.

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Laboratoriumsmediziner werden: Die Weiterbildung (Facharztausbildung) im Überblick

Die Dauer der Weiterbildung

Die Weiterbildungszeit in der Laboratoriumsmedizin beträgt 60 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten an einer Weiterbildungsstätte, davon

  • müssen 30 Monate in klinischer Chemie, im immunologischen, hämatologischen, hämostaseologischen und molekulargenetischen Labor abgeleistet werden
  • müssen 12 Monate im mikrobiologischen Labor abgeleistet werden
  • müssen 6 Monate im immunhämatologischen Labor abgeleistet werden
  • müssen 12 Monate in der stationären Patientenversorgung abgeleistet werden

Übergreifende Inhalte der Facharzt-Weiterbildung Laboratoriumsmedizin

  • Wesentliche Gesetze, Verordnungen und Richtlinien
  • Grundsätze des Labormanagements einschließlich der Laborsicherheit
  • Grundlagen laborspezifischer Informations- und Managementsysteme
  • Grundlagen der Laboranalysesysteme
  • Beratung der anfordernden Ärzte zu den Befunden labormedizinischer Untersuchungen

Analytik und Einordnung in den medizinischen Kontext

  • Erstellung von Standard Operating Procedures (SOP) oder vergleichbaren Qualitätsmanagement-Dokumenten
  • Präanalytik, insbesondere Patientenvorbereitung, Probennahme, Probenvorbereitung, Eingangskontrolle, Einflussgrößen, Störfaktoren, Kurz- und Langzeitlagerung sowie Asservierung von Untersuchungsmaterial
  • Erstellung und Überarbeitung eines Präanalytikleitfadens
  • Validierung analytischer Verfahren, insbesondere Spezifität, Sensitivität, Nachweisgrenzen, Interferenzen, Referenzmethoden, Rückführbarkeit, Verschleppung, Störfaktoren, Methodenvergleich und technische Plausibilitätsprüfung
  • Methodenvalidierung
  • Postanalytik, insbesondere präsymptomatische diagnostische Methoden und Risikoberechnungen, Referenzintervalle und biologische Variabilität, prädiktive Werte klinisch-chemischer Kenngrößen einschließlich diagnostischer Sensitivität und Spezifität sowie Penetranz genetischer Merkmale
  • Labormedizinische Plausibilitätsprüfung, Befunderstellung und fallbezogene Interpretation von Befunden
  • Teilnahme an klinischen Visiten (Richtzahl: 50)

Technische Verfahren

  • Zelluläre Diagnostik
  • Mikroskopie im Hellfeld, Phasenkontrast und Immunfluoreszenz mit geeigneten Färbeverfahren sowie Durchflusszytometrie
  • Trenntechniken, z. B. Chromatographie, Elektrophorese
  • Grundsätze qualitativer Nachweise und quantitativer Bestimmungsmethoden
  • Durchführung analytischer Verfahren, insbesondere Photometrie, Spektrometrie, elektrochemische Verfahren, Nukleinsäureanalyse, immunchemische Verfahren

Klinische Chemie

  • Bestimmung notwendiger Messgrößen und Funktionstests bei hereditären und erworbenen Stoffwechselstörungen und bei Erkrankungen
  • Metabolismus und Regulation von
  1. Kohlenhydraten
  2. Lipiden und Lipoproteinen
  3. Aminosäuren und Proteinen
  4. Nukleinsäuren
  5. Porphyrinen
  6. biogenen Aminen
  7. Eisenstoffwechsel
  8. Wasser- und Elektrolythaushalt
  9. Säuren- und Basen-Haushalt und Blutgasen
  10. Vitaminen und Spurenelementen

Metabolismus und Regulation im Kontext der Erkrankung von

  1. exokrinem Pankreas und Verdauungstrakt
  2. Leber und Galle
  3. Nieren und abführenden Harnwegen
  4. Herz-Kreislaufsystem
  5. Skelett- und Bewegungssystem
  6. Zentralnervensystem

Maligne Tumoren

  • Screening, Früherkennung, Tumorprädisposition und Entstehung von malignen Tumoren
  • Bestimmung von Tumormarkern bei hereditären und sporadischen Tumoren
  • Onkogene und Tumorsuppressorgene
  • Nachweis von Tumorzellen und freier DNA im zirkulierenden Blut

Therapeutisches Drugmonitoring und Toxikologie

  • Grundlagen der Pharmakologie, insbesondere Pharmakokinetik, Pharmakodynamik, Pharmakogenetik, Bioverfügbarkeit
  • Planung und Bestimmung von Medikamentenspiegeln (TDM)
  • Grundlagen der medikamentösen Therapie unter Berücksichtigung individueller genetischer Veranlagung
  • Pathomechanismen häufig vorkommender Vergiftungen
  • Grundsätze der Bedeutung von Such- und Bestätigungsanalysen
  • Nachweis häufig vorkommender Gifte, Drogen und Medikamente
  • Labormedizinische Verlaufsbeurteilung von Intoxikationen mittels Anionenlücke, Osmolalität, Cholinesterase und Methämoglobin

Hämatologisches Labor

  • Grundlagen der Hämatopoese und der Hämoglobinvarianten
  • Beurteilung der morphologischen Bestandteile des peripheren Blutbildes und des Knochenmarks
  • Beurteilung manueller mikroskopischer Differentialblutbilder mit pathologischen Zellmustern (Richtzahl: 500)
  • Immunphänotypisierung und molekulargenetische Diagnostik von hämatologischen Systemerkrankungen
  • Leukozytentypisierung mittels Immunphänotypisierung (Richtzahl: 50)

Hämostaseologisches Labor

  • Grundlagen der Hämostase und hämostaseologischer Erkrankungen
  • Grundlagen antikoagulatorischer und fibrinolytischer Therapie
  • Hämostaseologische Diagnostik, insbesondere Bestimmung der Thrombozytenfunktion, Charakterisierung der plasmatischen Gerinnung mittels Globaltests und Bestimmung von Faktorenaktivitäten und -konzentrationen sowie Nachweis von Inhibitoren, Kontrolle gerinnungshemmender Therapien

Endokrinologisches Labor

  • Grundlagen der hereditären und erworbenen Erkrankungen der endokrinen Organe und Systeme
  • Bestimmung von Parametern zur Erkennung und Verlaufsbeurteilung von Störungen endokriner Systeme, insbesondere der Schilddrüse, der Nebenschilddrüse, der Nebenniere, des Pankreas, der Gonaden, der Plazenta und des Hypothalamus-Hypophysensystems
  • Grundlagen hormoneller Wirkung und endokriner Regelkreise
  • Bestimmung von Hormonen bei Kinderwunsch und Schwangerschaft
  • Beurteilung von Stimulations- und Suppressionstests

Immunologisches und immungenetisches Labor

  • Erstellung von autoimmunologischen Befunden (mit je mehr als 2 Parametern)
  • Bestimmung von Immunglobulinen, Komplementfaktoren, Paraproteinen und Zytokinen
  • Grundlagen des humoralen und zellulären Immunsystems
  • Grundlagen der häufigsten immunologischen Erkrankungen sowie von Autoimmunerkrankungen
  • Grundlagen der immunmodulatorischen Therapie
  • Grundlagen der Allergiediagnostik
  • Zelluläre Stimulationstests (Richtwert: 100)

Immunhämatologisches Labor

  • Blutgruppenbestimmungen bei Patienten
  • Grundlagen für den Verkehr von Blut und Blutprodukten sowie der Organisation der Blutversorgung im Katastrophenfall
  • Grundlagen des Führens einer Blutbank
  • Verträglichkeitsproben
  • Management von transfusionsmedizinischen Nebenwirkungen einschließlich deren Therapiemaßnahmen
  • Bestimmung von irregulären immunhämatologischen Antikörpern und Antigenen (Richtzahl: 100)
  • Grundlagen der Transplantationsimmunologie und Organspende
  • Therapie mit Hämotherapeutika
  • Aufbau von Transfusionskommissionen
  • Diagnostische und therapeutische Konsiliartätigkeit

Infektiologische Untersuchungen

  • Kulturelle bakteriologische und mykologische Untersuchungen, insbesondere Keimdifferenzierung und Resistenztestung einschließlich Beurteilung sowie molekularbiologische Methoden aus Blut, Sputum, bronchoalveolärer Lavage, Punktaten, Urin, Gewebe, Stuhl, Abstrichen und Kulturmaterial
  • Mikroskopische, biochemische, immunologische und molekularbiologische Methoden zum Direktnachweis von Bakterien, Viren, Pilzen und anderen übertragbaren Agenzien
  • Infektionsserologischer Nachweis von Antigenen und Antikörpern
  • Symptomatologie, Laboratoriumsdiagnostik und Verlaufsbeurteilung der durch infektiöse Agenzien verursachten Erkrankungen
  • Mikrobiologische, virologische und hygienische Überwachung von Krankenhausbereichen einschließlich der Bewertung therapeutischer und desinfizierender Substanzen
  • Auswertung epidemiologischer Erhebungen nosokomialer Infektionen sowie die Erfassung von Erregern und Resistenzen/Multiresistenzen (Richtzahl: 10)
  • Empfindlichkeitsbestimmungen gegenüber Arznei- und Desinfektionsmitteln

Genetische Untersuchungen

  • Grundlagen der Entstehung und Wirkung von Mutationen und Polymorphismen, Genwirkung, molekulare Genetik, formale Genetik und genetische Epidemiologie
  • Methoden molekulargenetischer und klinisch-chemischer Diagnostik und monogen, polygen, multifaktoriell und mitochondrial bedingter Erkrankungen
  • Diagnostische genetische Untersuchungen von nativen oder amplifizierten Nukleinsäuren mit verschiedenen Nachweismethoden, z. B.
  1. allelspezifische Oligonukleotidhybridisierung (ASO)
  2. allelspezifische Amplifikation (ASA)
  3. Sequenzierung
  4. Restriktionsfragmentlängenpolymorphismus (RFLP)

Quellen: Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer 2018, Ärztestatistik der Bundesärztekammer 2022, Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, Berufsverband Deutscher Laborärzte
 


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