Facharzt-Weiterbildung Urologie: Dauer, Inhalte, Berufsperspektiven

10 Mai, 2024 - 07:56
Lukas Hoffmann
Urologe zeigt Patienten etwas am Bildschirm

Wie wird man Urologe oder Urologin? Welche Kenntnisse muss man sich im Rahmen der Weiterbildung aneignen und wo kann man sich niederlassen? Hier finden Sie Antworten zu Weiterbildung und Karriere. 

Auf einen Blick: Weiterbildung (Facharztausbildung) Urologie

  • Definition: Das Gebiet Urologie umfasst die Vorbeugung, Erkennung, Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von Erkrankungen, Funktionsstörungen, Fehlbildungen und Verletzungen des männlichen Urogenitalsystems und der weiblichen Harnorgane.
  • Dauer: Die Weiterbildungszeit zum Facharzt für Urologie beträgt 60 Monate. Davon können bis zu 12 Monate Weiterbildung in anderen Gebieten erfolgen. 
  • Anzahl der Fachärzte: In Deutschland gibt es 8.819 Fachärztinnen und Fachärzte für Urologie. Davon sind 6.624 berufstätig. 3.456 arbeiten ambulant in einer Praxis, 2.819 sind stationär in einer Klinik tätig.

Urologen sind Männerärzte? Falsch. An vielen Krankheiten, die Urologen behandeln, leiden auch Frauen, wie zum Beispiel Harnwegsinfektionen, Abszesse oder Krebserkrankungen an Blase oder Niere. Im Bereich der Kinderurologie bekommt man es mit Erkrankungen wie Enuresis (unwillkürliches Einnässen), Phimose (Vorhautverengung) oder Hodenhochstand zu tun. Männerkrankheiten sind Beschwerden an Penis, Hoden und Prostata. 

Dr. Tobias Maurer ist Leitender Arzt der Martini-Klinik des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Deutschlandweit werden hier die meisten Patienten mit Prostatakrebs behandelt, oftmals auch mithilfe des Da-Vinci-Operationsroboters. Wenn man ihn fragt, welche Charaktereigenschaften einen Urologen auszeichnen, sagt er: „Egal, was man beruflich machen will, man braucht Begeisterungsfähigkeit und natürlich Interesse an dem Fachgebiet und den Menschen, mit denen man zu tun hat. Das Wichtigste ist aber, dass man Feuer für etwas hat!“

Tatsächlich ist die Urologie kein Nischenfach für Ärztinnen und Ärzte mit einem Spezialinteresse, sondern eher etwas für Generalisten. Die unmittelbare Patientenbehandlung steht genauso auf dem Tageszettel wie die Laboruntersuchung oder der Austausch mit Kollegen anderer Fachrichtungen, zum Beispiel über eine psychologische Therapie. 

Kein Must, aber ein Can-Do ist das Operieren, wobei auch hier die Möglichkeiten vielfältig sind. Manche Urologen operieren über offene Schnittoperationen, andere per Steuerkonsole mittels eines OP-Roboters, dritte unter einem Mikroskop, beispielsweise bei der Vasovasostomie, also dem Zusammenfügen der Samenleiter, wenn nach einer früheren Sterilisation doch noch ein Kinderwunsch aufkommt. 

Gearbeitet wird entweder im Klinikum oder in einer urologischen Praxis. Wer die Niederlassung im Blick hat, kann zuvor den Versorgungsgrad von Urologen in der Wunschregion checken. Nur wenn die Versorgungsquote in einer Kreisregion unter 110 Prozent liegt (in der Karte grau gefärbte Bereiche) kann eine neue Praxis aufgemacht werden. In den dunkelgrün gefärbten Kreisregionen ist nur die Übernahme einer bereits bestehenden Praxis möglich. 

Versorgungsgrad niedergelassener Fachärzte für Urologie

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Bevor man sich niederlässt oder über eine Facharztanstellung in einer Klinik nachdenkt, muss man die Weiterbildung absolvieren. Sie dauert fünf Jahre und vermittelt einen grundsätzlichen Einblick ins Fachgebiet. 

Wer nun Lust auf die Urologie bekommen hat oder auch während der Facharztausbildung Fragen hat, kann sich auf dem urologenportal oder dem Webportal der German Society of Residents in Urology umschauen. 

Hier geht es zu aktuellen Assistenzarztstellen in der Urologie auf aerztestellen.de

 


Urologe werden: Die Weiterbildung (Facharztausbildung) im Überblick

Dauer der Weiterbildung 

Die Facharztausbildung zum Facharzt für Urologie dauert insgesamt 60 Monate. Sie muss unter Befugnis an Weiterbildungsstätten absolviert werden, davon:

  • können zum Kompetenzerwerb bis zu 12 Monate in anderen Gebieten erfolgen. 

Inhalte Facharztausbildung Urologie

Übergreifende Inhalte der Facharzt-Weiterbildung Urologie:

  • Wesentliche Gesetze, Verordnungen und Richtlinien
  • Infusions-, Transfusions- und Blutersatztherapie sowie enterale und parenterale Ernährung einschließlich Sondentechnik
  • Lokal- und Regionalanästhesien
  • Chirurgische Techniken und Instrumentengebrauch, insbesondere Inzision, Präparation, Retraktion, Naht- und Knotentechniken einschließlich Laseranwendung unter Berücksichtigung der verschiedenen Gewebestrukturen
  • Grundlagen proktologischer Erkrankungen und der Indikationsstellung zur weiterführenden Behandlung

Fachgebundene genetische Beratung:

  • Grundlagen hereditärer und multifaktorieller Krankheitsbilder und Entwicklungsstörungen
  • Interpretation und Aussagekraft genetischer Untersuchungsergebnisse (Sensitivität, Spezifität, prädiktiver Wert)
  • Methodische, psychosoziale und ethische Aspekte der genetischen Beratung und Diagnostik einschließlich pharmakogenetischer Tests
  • Erkennung fachbezogener genetisch bedingter Krankheitsbilder oder Entwicklungsstörungen
  • Fachgebundene genetische Beratung bei diagnostischer und prädiktiver genetischer Untersuchung

Notfälle:

  • Ursachen, Symptomatik, Management, Verlauf urologischer Notfälle und deren Folgezustände
  • Management bei polytraumatisierten Patienten
  • Behandlung urologischer Notfälle
  • Anlage eines suprapubischen Blasenkatheters (Richtzahl: 25)
  • Anlage eines transurethralen Katheters (Richtzahl: 100)
  • Evakuation einer Blasentamponade (Richtzahl: 25)

Blasenfunktionsstörungen:

  • Behandlung von Blasenfunktionsstörungen einschließlich Inkontinenz
  • Operative ablative Therapie der Prostatahyperplasie (Richtzahl: 30)
  • Operative Therapie der Harnröhrenstriktur (Richtzahl: 10)

Steintherapie:

  • Prävention, Epidemiologie, Bildung, Diagnostik und Metaphylaxe von Harnsteinen
  • Therapie von Steinerkrankungen, davon
  1. Kolikbehandlung
  2. medikamentöse Steintherapie
  3. Einlage einer Ureterschiene (Richtzahl: 40)
  4. Anlage einer perkutanen Nephrostomie (Richtzahl: 20)
  5. endourologische Eingriffe (Richtzahl: 30), davon Ureterorenoskopie und perkutane Nephrolitholapaxie
  • Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie

Andrologische Krankheitsbilder:

  • Symptome und Diagnostik einschließlich Interpretation bildgebender andrologischer Verfahren und Laboruntersuchungen, z. B von erektiler Dysfunktion, Peniserkrankungen, Hypogonadismus, Fertilitätsstörungen, Gynäkomastie
  • Spermiogramme nach WHO-Standard (Richtzahl: 10)
  • Sterilisation und (Re-)Fertilisierung des Mannes
  • Indikationsstellung zur weiterführenden Behandlung bei Sterilität und sonstigen andrologischen Erkrankungen
  • Andrologisch relevante operative Eingriffe am äußeren Genitale (Richtzahl: 40)

Kinderurologische Krankheitsbilder:

  • Symptomatik, Diagnostik, medikamentöse und operative Therapie von kindlichen Fehlbildungen, Funktionsstörungen und Neoplasien des Urogenitaltraktes, z. B. Genitalfehlbildungen, Refluxerkrankungen und sexuelle Differenzierungsstörungen
  • Zirkumzisionen (Richtzahl: 15)
  • Orchidolysen und/oder Orchidopexien (Richtzahl: 5)
  • Grundlagen von Biofeedbackverfahren und Konditionierungsverfahren bei kindlicher Enuresis

Geriatrische Krankheitsbilder:

  • Vorbeugung, Behandlung und Rehabilitation körperlicher und seelischer Erkrankungen im Alter im urologischen Kontext
  • Spezielle Therapie von Inkontinenz und Blasenfunktionsstörungen im Alter
  • Besonderheiten der Diagnostik, Therapie und Prognose urologischer Tumorerkrankungen im Alter

Nierenfunktionsstörungen:

  • Ursachen, Symptome, Stadien, Diagnostik und Therapie bei akutem und chronischem Nierenversagen
  • Grundlagen und Indikation zur Nierenersatztherapie mit Dialyse und Nierentransplantation

Tumorerkrankungen:

  • Diagnostik und stadiengerechte konservative und operative Therapie von Karzinomen der Niere und des Urogenitaltraktes, davon
  1. Operation beim Nierentumor (Richtzahl: 5)
  2. transurethrale Therapie des Blasentumors (Richtzahl: 40)
  3. Ablatio testis bei Hodentumor (Richtzahl: 5)
  4. transrektale sonographisch gesteuerte Prostatabiopsie (Richtzahl: 15)
  • Nebennierentumore und Sarkome des Urogenitaltraktes
  • Grundlagen der Therapie bei Knochenmetastasen
  • Basisbehandlung palliativmedizinisch zu versorgender Patienten

Sexualmedizinische Störungen:

  • Grundlagen des bio-psycho-sozialen Sexualitätsmodells, der somato- und psychosexuellen Entwicklung über die Lebensspanne, sexueller Traumatisierungen und deren Auswirkungen einschließlich Paarkonfliktund Beziehungsstörungen
  • Sexualanamnese (Richtzahl: 10)
  • Diagnostik und Therapie von sexuellen Funktionsstörungen beim Mann
  • Bedarfsgerechte Kommunikation über Sexualität und Indikationsstellung zur weiterführenden Behandlung

Diagnostische Verfahren:

  • Urethrozystoskopie (50)
  • Stellenwert nuklearmedizinischer Verfahren, insbesondere Nieren- und Skelettszintigraphie
  • Durchführung und Befunderstellung von Röntgenuntersuchungen, insbesondere retrograde Urethrographie, Miktionszysturethrographie, Zystographie, i. v. Urographie, retrograde Ureteropyelographie (Richtzahl: 50)
  • Indikation, Durchführung und Befunderstellung der intraoperativen radiologischen Befundkontrolle
  • Indikationsstellung und Befundinterpretation weiterer bildgebender Verfahren
  • Untersuchungen von Urin und Ejakulat, insbesondere von quantitativen und semiquantitativen Urintestverfahren
  • Urodynamische Untersuchungen, davon invasiv (Richtzahl: 20)
  • Durchführung von Ultraschalluntersuchungen (Richtzahl: 300), insbesondere
  1. Niere
  2. Blase
  3. Hoden
  4. Penis
  5. Abdomen
  6. Retroperitoneum
  • Ultraschallgestützte Interventionen (Richtzahl: 10)
  • Transrektale Ultraschalluntersuchungen der Prostata (Richtzahl: 80)
  • Ultraschallgestützte Biopsien (Richtzahl: 15)
  • Indikationsstellung und Befundinterpretation von urinzytologischen Untersuchungen

Therapeutische Verfahren:

  • Erste Assistenz bei Eingriffen höherer Schwierigkeitsgrade, insbesondere radikale Prostatektomie, radikale Zystektomie mit Harnableitung, Nierentumoreingriffe, retroperitoneale Lymphadenektomie (Richtzahl: 50)
  • Einleitung funktioneller Rehabilitationsmaßnahmen nach Radikaloperationen
  • Versorgung bei Harnableitungsverfahren einschließlich Stomaversorgung und -pflege
  • Anleitung zu Selbst-/Fremdkatheterismus
  • Anleitung zur Inkontinenztherapie, insbesondere Toilettentraining, Urotherapie und Beckenbodentraining

Prävention:

  • Genese und Bedingungen von Gesundheit und Gesundheitsrisiken von Jungen und Männern
  • Durchführung von urologischen Früherkennungsuntersuchungen

Infektionen:

  • Urinmikroskopische Untersuchungen (Richtzahl: 50), davon
  1. nativ
  2. Färbeverfahren
  • Diagnostik und Therapie von urogenitalen Infektionen einschließlich sexuell übertragbarer Erkrankungen
  • Urinmikrobiologische Kulturverfahren einschließlich Qualitätskontrolle (Richtzahl: 200)

Medikamentöse Tumortherapie und Supportivtherapie:

  • Interdisziplinäre Indikationsstellung zu chirurgischen, strahlentherapeutischen, interventionellen und nuklearmedizinischen Behandlungsverfahren
  • Regelmäßige Teilnahme an interdisziplinären Tumorkonferenzen, davon Falldarstellungen (Richtzahl: 20)
  • Pharmakologie und Wirkungsweise von medikamentösen Tumortherapien
  • Indikationsstellung zur medikamentösen Tumortherapie unter Berücksichtigung von Komorbiditäten
  • Planung und Überwachung der medikamentösen Therapie bei Tumorerkrankungen des Fachgebietes einschließlich der Prävention, Erkennung und Behandlung spezifischer Nebenwirkungen von Tumortherapeutika
  • Medikamentöse Therapie bei Patienten mit Tumoren des Fachgebietes in Behandlungsfällen (Richtzahl: 100), davon
  1. zytostatisch
  2. zielgerichtet
  3. immunmodulatorisch
  4. antihormonell
  • Aspekte der Nachsorge bei medikamentöser Tumortherapie
  • Grundlagen der Supportivtherapie und Rehabilitation bei Tumorerkrankungen des Fachgebietes
  • Prophylaktische und interventionelle Supportivtherapie, insbesondere Antiemese, Ernährungsberatung und Diätetik einschließlich enteraler und parenteraler Ernährung, Infektionsprophylaxe und Therapie von Infektionen, Antikoagulation

Strahlenschutz:

  • Grundlagen der Strahlenbiologie und Strahlenphysik bei der Anwendung ionisierender Strahlen am Menschen
  • Grundlagen des Strahlenschutzes beim Patienten und Personal einschließlich der Personalüberwachung und des baulichen und apparativen Strahlenschutzes
  • Voraussetzungen zur Erlangung der erforderlichen Fachkunden im gesetzlich geregelten Strahlenschutz

Quelle Facharztweiterbildung: Musterweiterbildungsordnung 2018 der Bundesärztekammer, Ärztestatitik der Bundesärztekammer 2023; Quelle Karte: Versorgungsgrad nach Planungsregionen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (Stand 2020).
 


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