Krankenhäuser sind mehr denn je gefordert, sich im Rahmen strukturierter Veränderungsprozesse auf neue Anforderungen einzustellen. Ob dies gelingt, hängt entscheidend von den Führungskräften ab.
Alljährlich wächst der wirtschaftliche Druck im operativen Alltagsgeschäft der Leistungserbringer mit immer neuen krankenhauspolitischen Herausforderungen. Qualität ist der neue Maßstab. Anders als früher wird sie als bestimmender Faktor aus einer Kombination von ausreichender Menge, Struktur- und Personalvorhaltung verstanden. So treibt sie den Trend struktureller Veränderung voran.
Im Fokus der Krankenhäuser steht nun die Sortierung und Konzentration der medizinischen Angebote, um sie letztlich am eigentlichen Versorgungsbedarf sowie den quantitativen und qualitativen Strukturanforderungen auszurichten. Allerdings verbessert nicht jeder Veränderungsprozess automatisch die Situation nachhaltig. Dies kann gerade für klinische Arbeitsbereiche hohes Konfliktpotenzial mit sich bringen.
Krankenhäuser sind mehr denn je gefordert
Change Management bedeutet, ein gegenwärtiges System in einen angestrebten, konkreten, künftigen Zustand zu überführen. Zahlreiche regulative Einwirkungen aufseiten der Leistungserbringer machen Change Management vor allem in Krankenhäusern zu einem aktuellen und relevanten Thema.
Krankenhäuser sind mehr denn je gefordert, sich auf neue Anforderungen einzustellen. Dabei gilt es, Veränderungsprozesse äußerst sensibel zu gestalten und alle Beteiligten mitzunehmen. Untersuchungen, wonach etwa 70 Prozent der Reorganisationsprozesse nicht oder nur teilweise erfolgreich sind, bestätigen dies. Meist liegen die Ursachen in einer unzureichenden Planung und Durchführung der Projekte und in Ermangelung eines zielgerichteten gemeinsamen Gestaltens. Change Management definiert sich insofern als das Moment für kontrollierte, laufende Anpassungen von Unternehmensstrategien und -strukturen an veränderte Rahmenbedingungen.
Proaktive und zielorientierte Führung
Einer der wichtigsten Aspekte ist eine proaktive und zielorientierte Führung. Wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Rollenklarheit von Führungskräften mit Blick auf Verantwortung, Aufgabe und Kompetenz. Das oft unscharfe, herkömmliche Verständnis von Führungsarbeit wird in vielen Krankenhäusern nicht mehr genügen, um eine nachhaltige und zukunftsfähige Restrukturierung herbeizuführen. Ziele und Erfolgsfaktoren von Führung müssen deshalb neu definiert werden. Erfolgreich ist Führung, wenn sie mit planvollem und sicherem Vorgehen Projekte zur Gestaltung des Wandels ganzheitlich abschließt und alle Beteiligten dabei mitzunehmen versteht.
Das Aufgabenspektrum von Führungskräften hat sich in den letzten Jahren rasant verändert. Denn der eigentliche Veränderungsbedarf und damit die Zahl der Veränderungsprojekte sind enorm gestiegen. Der Impuls der Veränderung muss in erster Linie von den wichtigsten Verantwortlichen ausgehen. Sie müssen Ziele setzen und die Veränderungsprozesse organisieren. Die Projektleitung ist dabei, nicht an Stabsstellen der Geschäftsführung zu delegieren, sondern die maßgeblich verantwortliche Führungskraft muss die Leitung unmittelbar übernehmen. Sie übernimmt auch die Rolle des Ansprechpartners, der fortlaufend kommuniziert, strukturiert und motiviert. Aufkommende Fragen müssen beantwortet, Informationen weitergeleitet und der Prozess gemeinsam Stück für Stück abgearbeitet werden.
Führungskräfte müssen sich bewusst vor Augen führen, dass die meisten Mitarbeitenden Neues erreichen und lernen wollen. Also müssen sie ihnen dazu auch die Chance geben und ihnen helfen, sich zu entfalten. Bei Unsicherheiten hilft es oft, gemeinsame Zukunftsszenarien zu entwerfen und die Perspektiven zu verändern.
Raus aus der Komfortzone
Ohne aktive Unterstützung gelingt es oftmals vielen Mitarbeitenden nicht, sich die eigentlichen Ziele des Veränderungsprozesses durchgängig vor Augen zu halten. Sie bleiben an bestimmten Stellen des Prozesses „stecken“ und zeigen Rückfälle in alte Verhaltensmuster. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich Organisationen im Tagesgeschäft überwiegend in der „Komfortzone“ aufhalten. Gemeint ist, dass sie bevorzugt das tun, was sie gut können und worin sie Routine haben. Es bedarf immer wieder Impulsen von außen, um sich von Gewohnheiten zu lösen und diese durch Neues abzulösen. In Situationen, in denen die eigene Initiative entweder gar nicht oder nur unzureichend vorhanden ist, müssen Führungskräfte ihre Mitarbeitenden engmaschig begleiten und sie immer wieder neu ansprechen und motivieren. Zudem müssen Mitarbeitende insbesondere dann unterstützt werden, wenn sie in der Vergangenheit bereits schlechte Erfahrungen in unzureichend geführten Change-Management-Projekten gesammelt haben.
Ohne die Zusammenarbeit aller Beteiligten ist es nicht möglich, neue Prozesse in neuen Strukturen umzusetzen. Alle, die von dem Ziel der Veränderung direkt und indirekt betroffen sind, müssen innerhalb ihres Aufgabenzuschnitts eigenverantwortlich und mit hoher fachlicher und vor allem methodischer Kompetenz die eingeleiteten Veränderungen steuern. Je komplexer die Veränderungen innerhalb des Unternehmens sind, desto größer sind die Anforderungen an ihre methodischen Projekt- und Prozessorganisation. Entsprechende Kompetenzen haben vor allem Ärzte während ihrer Ausbildung leider nicht regelhaft erlernt. Vor diesem Hintergrund kann es von größter Bedeutung sein, größeren Change-Management-Projekten eine grundlegende Schulung voranzustellen.
Wertvolle strategische Kernaufgabe
Immer wieder ist festzustellen, dass auch Führungskräfte in Krankenhäusern ihre Kompetenzen bei Veränderungsprozessen erweitern müssen. Im Gegensatz zu Managern in anderen Branchen sind Führungskräfte im Krankenhaus, nicht zuletzt wegen des Gebots der persönlichen Leistungserbringung im ärztlichen Bereich, rund um die Uhr stark in die eigentliche Wertschöpfung eingebunden. Dies schränkt ihre zur Verfügung stehende Zeit für Projektmanagementaufgaben deutlich ein. Dies wiederum erhöht die Notwendigkeit einer effizienten und funktionierenden Projektleitung.
Mit Blick auf die Vielzahl an aktuellen und künftigen regulativen Einwirkungen auf den Krankenhausbetrieb und die damit verbundene Notwendigkeit von Change-Management-Prozessen bedürfen Führungskräfte umfassender Unterstützung. Erst dann sind Projekte keine belastende Nebensache mehr, sondern wertvolle strategische Kernaufgabe.
Dtsch Arztebl 2019; 116(23-24): [2]
Der Autor:
Dr. med. Jan Schlenker
Partner und Geschäftsfeldleiter
CURACON GmbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
40878 Ratingen