
Die Stelle zu wechseln, gehört zum Berufsleben dazu. Für Ärztinnen und Ärzte ist beispielsweise die bestandene Facharztprüfung ein Einschnitt, der motiviert, den Job zu wechseln. Wichtig ist, sich zunächst mit den eigenen Motiven und Werten auseinanderzusetzen.
Wer darüber nachdenkt, den Job zu wechseln, sollte zunächst konkretisieren, welche Interessen er oder sie hat und was genau hinter der Wechselmotivation steht. So könnte ein Grund sein, Kenntnisse in einem fachlichen Interessensgebiet auszubauen. Wer beispielsweise im letzten Abschnitt der Facharztweiterbildung die Möglichkeit hatte, erste Führungserfahrungen zu sammeln, und Freude an der fachlichen und persönlichen Entwicklung junger Ärzte oder organisatorischen Fragen hatte, für den könnte der nächste Karriereschritt sein, sich auf eine Oberarztstelle zu bewerben. Weitere Gründe können in der privaten Situation liegen: Zusammenziehen mit dem Partner, zurück zur Familie oder andere familiäre Gründe.
Was gibt Kraft, was nimmt Kraft?
Hat sich beim bisherigen Arbeitgeber Unzufriedenheit aufgebaut, ist es wichtig, sich mit den Arbeitsbedingungen auseinanderzusetzen, die sich Suchende künftig erhoffen. Wenn es schwerfällt, die Gründe für Unzufriedenheit in Worte fassen, ist es hilfreich, sich Unterstützung zu suchen. Ein Freund oder Mentor, der einen gut kennt, oder ein neutraler Coach können helfen, eigene Ziele zu identifizieren. Nicht selten haben Gründe für eine empfundene Unzufriedenheit im Job nichts mit dem Job zu tun. So lässt sich beispielsweise die Work-Life-Balance auch eigeninitiativ abseits vom Job optimieren. Hilfreich ist, für eine gewisse Zeit ein Tagebuch zu führen, um für sich selbst zu klären, was Kraft nimmt und vor allem Kraft gibt.
Ärztinnen und Ärzte, die sich für einen Jobwechsel entschieden haben, sollten darüber nachdenken, welcher Arbeitgeber zu ihnen passt oder welche Tätigkeit für ihre fachliche und persönliche Entwicklung förderlich ist. Denn der Erfolg einer Bewerbung wird nicht zuletzt davon abhängen, ob Bewerbende die Frage beantworten können, warum sie glauben, dass sie die ihnen wichtigen Entwicklungsmöglichkeiten oder Arbeitsbedingungen genau bei diesem Arbeitgeber realisieren können. Sie sollten sich auch mit ihren wichtigsten Werten und deren Bedeutung für ihr Arbeitsumfeld befassen.
Hilfreich ist, schriftlich festzuhalten, was in welcher Reihenfolge unverzichtbar ist, was auf gar keinen Fall geht und was schön wäre, aber verzichtbar. Wer dies klar formuliert hat, wird bei der Jobsuche und in Gesprächen durch Beobachten und Fragen gezielt darauf achten können – und nicht den Verführungskünsten eines künftigen Arbeitgebers erliegen.
Geld wirkt nur kurzfristig als Motivator
Es gibt es auch Situationen, in denen Geld übergeordnete Bedeutung hat. Doch dies ist nur ein kurzfristig wirksamer Motivator und nicht wirklich geeignet, den Job zu wechseln. Mittlerweile sind die Tarifbedingungen für Ärztinnen und Ärzte zunehmend vereinheitlicht. Entscheidend ist, was konkret an oberster Stelle der Prioritätenliste steht. Beispiele dafür sind: Unternehmenswerte, die eine interprofessionelle Kultur der Zusammenarbeit erkennbar prägen, die Sicherstellung einer professionellen Weiterbildung, die Möglichkeit zur fachlichen Spezialisierung oder rein monetäre Anreize.
Wer sich bei potenziellen Arbeitgebern bewerben will und ortsunabhängig ist, für den sind die einschlägigen Jobbörsen in der Regel voll mit Stellenangeboten. Aber auch Initiativbewerbungen sind heutzutage längst nicht mehr so frustran wie noch vor 10 oder 15 Jahren. Wer in eher attraktiven Lagen ein neues Arbeitsumfeld sucht, sollte langfristig Kontakt zu den ärztlichen Leitern aufbauen.
Jobsuchende sollten sich über potenzielle Arbeitgeber, ihren fachlichen Ruf und ihre Bewertungen von Patienten und Mitarbeitenden informieren. Auch Zertifizierungen geben Aufschluss über das Engagement des Arbeitgebers, zufriedene Patienten und Mitarbeitende haben zu wollen. Die Teilnahme an Arbeitgeber-Rankings oder Auszeichnungen wie „Beste Arbeitgeber im Gesundheitswesen“ lässt erwarten, dass sich eine Klinik intensiv mit den Interessen ihrer Mitarbeitenden befasst. Doch nach wie vor sind Recherchen im persönlichen Netzwerk unverzichtbar, da diese Informationen am verlässlichsten sind.
Hospitationen können hilfreich sein
Im Kennenlerngespräch sollten Ärztinnen und Ärzte ihre Ziele klar formulieren und so viel wie möglich über ihre priorisierten Arbeitsbedingungen herausfinden. Wem die Zusammenarbeit im Team abteilungs- und berufsgruppenübergreifend wichtig ist, für den kann eine Hospitation hilfreich sein. Während einer Hospitation erfährt man mehr als im Bewerbungsgespräch, auf das sich beide Seiten in der Regel gut vorbereitet haben. Mindestens aber sollte man sich die Abteilung und das neue Arbeitsumfeld zeigen lassen. Das unterstreicht Interesse und man selbst erkennt beispielsweise das Investitionsverhalten und den Digitalisierungsstand. Auch lernt man das künftige Team kennen.
Wer das Bewerbungsverfahren erfolgreich durchlaufen und einen neuen Vertrag unterzeichnet hat, sollte sein Ausscheiden aus dem alten Unternehmen zuerst dem Chef mitteilen, dann dem Team. Wichtig ist, die vertragliche Kündigungsfrist im Auge zu behalten und diese möglichst einzuhalten. Der letzte Eindruck ist der, der bleibt. Ärztinnen und Ärzte sollten sich bis zum Schluss engagiert zeigen und zum Beispiel aktiv dafür sorgen, dass Aufgabengebiete nicht verwaisen. Über das Gute in der gemeinsamen Zeit zu reflektieren, gehört ebenso dazu, wie sich zu bedanken und sich persönlich zu verabschieden. Nützlich ist, Kontakt zu Förderern und zu Kolleginnen und Kollegen zu halten.
Aktives Nachfragen schafft Klarheit
Beim Neustart sollten die neuen Mitarbeitenden idealerweise unternehmensbezogene Informationen erhalten. Gut ist es, aktiv nachzufragen, das unterstreicht Interesse. Manche Arbeitgeber stellen neue Mitarbeitende in einem Mitarbeiterblatt vor. Darauf kann man sich vorbereiten. Auch sollte man nach dem Mentor oder einem Kollegen fragen, der einem bei der organisatorischen Einarbeitung zur Seite steht. Letztlich hilft immer, viel zu fragen. Das beseitigt Unklarheiten und beugt Missverständnissen vor.
Dtsch Arztebl 2022; 119(4): [2]
Die Autorin
Christiane Reuter-Herkner
Geschäftsführerin
indialogia GmbH
10407 Berlin