Die berufliche und soziale Situation von Frauen ist noch immer schlechter als die von Männern, auch wenn die Unterschiede in den vergangenen Jahren etwas kleiner geworden sind. Das jedenfalls geht aus einem Report hervor, den das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung anhand von 29 Indikatoren und aktueller Daten erstellt hat.
Der Analyse zufolge haben Frauen bei schulischer und beruflicher Qualifikation weitgehend mit den Männern gleichgezogen. Auch die Erwerbsbeteiligung von Frauen ist nur noch um knapp acht Prozentpunkte niedriger als die von Männern; vor knapp 30 Jahren war die Differenz fast dreimal so groß. Andererseits gibt es nach wie vor große Unterschiede.So ist vor allem die sogenannte unbezahlte Sorgearbeit ungleich verteilt, etwa familiäre Kinderbetreuung, Pflege oder Haushalt (Gender Care Gap). Demnach macht der Anteil dieser unbezahlten Arbeit bei Frauen 45 Prozent ihrer Gesamtarbeitszeit aus. Bei Männern sind es hingegen nur 28 Prozent, auch wenn Männer zum Beispiel bei der Pflege inzwischen mehr Aufgaben übernehmen.
Hinzu kommt: Frauen arbeiten gut vier Mal so oft in Teilzeit wie Männer, um Familie und Erwerbsarbeit zu vereinbaren. Im Jahr 2018 waren es 46 Prozent der Frauen und nur 11 Prozent der Männer. Aus Sicht der Forscher trägt dieses Ungleichgewicht wegen der geringeren Karrieremöglichkeiten dazu bei, dass der durchschnittliche Stundenlohn von Frauen knapp 21 Prozent unter dem von Männern liegt.
„Der Rückstand der Frauen wird in wichtigen Bereichen kleiner. Aber Fortschritte bei der Gleichstellung vollziehen sich meist sehr langsam“, sagte Studien-Autorin Dr. Karin Schulze Buschoff vom WSI. Schneller voran gehe es, wenn die Politik mit Investitionen oder verbindlichen Regulierungen für Dynamik sorge. Das gelte etwa für die Ganztagsbetreuung von Kindern. Auch stärkere Anreize für Männer, Sorgearbeit zu übernehmen, seien hilfreich, etwa ein schrittweises Erweitern der Partnermonate im Elterngeld auf sechs Monate.
Dtsch Arztebl 2020; 117(17): [4]