Berufseinstieg im ländlichen Bereich: Arbeiten, wo andere Urlaub machen

13 April, 2021 - 12:49
Miriam Mirza
Andreas Hundhausen und Nicki Billig, DRK-Krankenhaus Kirchen
Stadtbürgermeister Andreas Hundhausen (links) und der Kaufmännische Direktor am DRK Krankenhaus Kirchen, Nicki Billig

Viele Krankenhäuser haben Probleme, ärztliches Personal zu finden. Das gilt besonders für solche in ländlichen Regionen. Um an Fachkräfte zu kommen, müssen sich die Häuser darum etwas einfallen lassen und kreativ werden. Das DRK Krankenhaus Kirchen im Westerwald geht eigene Wege und wirbt mit einem „Famulaturlaub“ um Medizinstudierende.

Famulaturen sind Teil des Medizinstudiums und sollen über einen Zeitraum von vier Monaten praktische Einblicke in den Arztberuf bieten. Absolvieren müssen die Studierenden diese am Ende des Studiums. „Die Anzahl der ärztlichen Bewerber stagniert insbesondere auf dem Land, in kleineren Häusern wie dem unseren, für die Grund- und Regelversorgung“, erklärt der Kaufmännische Direktor am DRK Krankenhaus Kirchen, Nicki Billig die Hintergründe der Aktion „Famulaturlaub“. In einer Umgebung, in der andere Urlaub machen, sollen die angehenden Ärztinnen und Ärzte einen erholsamen Aufenthalt haben und gleichzeitig praktische Erfahrung sammeln. Die Hoffnung der Verantwortlichen ist, dass sie sich später für das Krankenhaus als Arbeitgeber entscheiden.

Verschiedene Anreize schaffen

Überzeugen soll die Studierenden die Arbeit in einer der schönsten Regionen Deutschlands, zahlreiche Sehenswürdigkeiten in der Umgebung, interessante Freizeit- und Sportangebote und die Nähe zu den Großstädten Köln, Bonn und Koblenz. Zusätzliche Anreize bieten 300 Euro Taschengeld, die Kostenübernahme für die Verpflegung, sowie tatkräftige Unterstützung bei der Suche nach einer Unterkunft.

Für das Krankenhaus spricht außerdem, dass in einem kleineren Haus die Betreuung der Famulanten in engem Kontakt und in familiärer Atmosphäre stattfinden kann. Die Studierenden können Ärztinnen und Ärzten aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen über die Schulter schauen und viel für ihre berufliche Zukunft mitnehmen, etwa wenn es um die Entscheidung geht, welche Fachrichtung sie später einschlagen wollen.

Nachwuchs auch für Niedergelassene

Die Aktion soll jedoch nicht nur Fachkräfte für das Krankenhaus bringen, berichtet Nicki Billig: „Zum einen dient der Famulaturlaub der Nachwuchsgewinnung im eigenen Krankenhaus, in der Folge aber auch für die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen. Im regionalen Umfeld haben die meisten niedergelassenen Hausärzte früher im Krankenhaus gearbeitet – viele davon in unserem Haus, dem DRK Krankenhaus Kirchen. Die aktuelle Altersstruktur dieser Hausärzte ist ein Problem, da in den nächsten Jahren viele von ihnen in den Ruhestand gehen werden und eine Praxisnachfolge nicht gesichert ist. Das zeigt die aktuelle Entwicklung. Vor diesem Hintergrund haben wir, Kommune und Krankenhaus, natürlich ein beiderseitiges Interesse, ärztliches Personal in die Region zu gewinnen.“ Vonseiten der Kommune erhält die Aktion Unterstützung von Stadtbürgermeister Andreas Hundhausen: „Die Stadt Kirchen unterstützt das DRK Krankenhaus Kirchen gerne bei der Rekrutierung von medizinischem Personal. Für uns als Kommune ist das wichtig, daher finden wir das Engagement genau richtig.“

Bei Studierenden kommt die Idee gut an, berichtet Nicki Billig. Kurz nachdem die ersten Flyer verteilt waren, gab es die ersten Bewerbungen. Doch dann kam Corona und alles stand erst einmal still. Der Kaufmännische Direktor bleibt jedoch bei seinem Plan, die Flyer jährlich an die umliegenden Universitäten zu übermitteln.

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