Dr. Reinehr: „Im Team meistern wir Herausforderungen besser“

21 November, 2024 - 06:39
Dr. Sabine Glöser
Köpfe und Karriere: Dr. med. Michael Reinehr
Dr. med. Michael Reinehr ist seit dem 1. Juli 2024 Chefarzt des Instituts für Pathologie am Hegau-Bodensee-Klinikum in Singen.

Über wichtige Erfahrungen, gewonnene Einsichten und ausgefallene Wünsche spricht aerztestellen.de mit erfolgreichen Ärztinnen und Ärzten. Dieses Mal stellt sich Dr. med. Michael Reinehr unseren Fragen. Er ist seit dem 1. Juli 2024 Chefarzt des Instituts für Pathologie am Hegau-Bodensee-Klinikum in Singen.

Herr Dr. Reinehr, warum eigentlich haben Sie sich auf die Pathologie spezialisiert?

Dr. Michael Reinehr: Schon zu Beginn meines Studiums fand ich die Anatomie spannend. Während des Präparationskurses entdeckten wir einen Tumor in der Lunge, die Zusammenarbeit mit der universitären Pathologie faszinierte mich. Im dritten Studienjahr absolvierte ich ein Praktikum in der Pathologie – das hat mich endgültig gepackt. Dort kann man jeden Tag vielen Menschen helfen, ohne selbst im Mittelpunkt zu stehen. Um schwierige Läsionen zu beurteilen, muss man fast wie ein Detektiv denken. Das hält den Geist wach. Zwar haben Pathologen nur wenig direkten Kontakt zu den Patienten und ihrem Leiden, doch das erleichtert es, die oft schweren Krankheitsbilder und -verläufe zu verarbeiten und sich so auf die beste fachliche Hilfe zu konzentrieren.

Was ist für Sie unabdingbar, damit Sie gut arbeiten können?

Dr. Michael Reinehr: Ein kollegiales und freundliches Umfeld ist für mich das Wichtigste. Das fand ich am Universitätsspital Zürich, und das habe ich auch hier in Singen gefunden. Im Team meistern wir Herausforderungen besser. Außerdem brauche ich einen guten Kontakt zu den klinischen Kolleginnen und Kollegen, einen guten Informationsfluss zwischen den Abteilungen und natürlich die Ruhe, um alle Fälle gründlich zu durchdenken.

Wie lautet der beste Rat, den Sie auf Ihrem Karriereweg bekommen haben?

Dr. Michael Reinehr: Der beste Rat war, genau hinzuschauen, wenn mal alles im schlechten Licht erscheint. Mir hat schon oft geholfen, mir Zeit zu nehmen und innezuhalten. Häufig wird mir dann bewusst, wie viel Gutes ich selbst in vermeintlich schlechten Zeiten um mich habe. Erst dann sollte man entscheiden, ob man den eingeschlagenen Weg weitergehen will oder einen anderen einschlagen muss. Danke, Achim!

Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?

Dr. Michael Reinehr: Offenheit, Ehrlichkeit und gute Kommunikation.

Was treibt Sie an?

Dr. Michael Reinehr: Neugierde und die Chance, etwas positiv weiterzuentwickeln, sind mein Motor. Das gilt beim Erstellen einer Unterrichtsstunde, bei der Überarbeitung eines Pathologiekurses an der Universität, bei der Optimierung einzelner Prozesse im Labor und jetzt auch in der Leitung eines ganzen Instituts. Als Institut eines Akutversorgers im kommunalen Auftrag müssen wir uns so aufstellen, dass wir auch langfristig eine qualitative hochwertige und verlässliche Leistung erbringen.

Mit wem würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?

Dr. Michael Reinehr: Mit Sir Winston Churchill. Aber nur, um eine Zigarre zu rauchen und den spannenden Menschen hinter dem Politiker kennenzulernen.

Was raten Sie jungen Ärztinnen und Ärzten?

Dr. Michael Reinehr: Schaut nach links und rechts. Saugt alles auf, was Ihr zu sehen bekommt. Schnuppert während des Studiums oder kurz danach in verschiedene Fachrichtungen hinein und lernt auch diejenigen kennen, die Euch zunächst nicht ansprechen. Manchmal findet man genau dort einen Schatz und die Grundlage für den eigenen beruflichen Weg.

Wie gelingt Ihnen eine gesunde Work-Life-Balance?

Dr. Michael Reinehr: Ich nehme mir immer vor, es ruhiger angehen zu lassen – und schaffe es immer wieder nicht. Die Patienten kommen für mich immer zuerst. Sie warten oft auf pathologische Befunde, die ihr ganzes Leben verändern können. Wer würde dabei schon länger als notwendig im Ungewissen bleiben wollen? Diese Einstellung sorgt oft für lange Arbeitstage, aber ein schöner Abend mit Freunden regeneriert mich doch recht schnell.

Woran mangelt es dem deutschen Gesundheitssystem?

Dr. Michael Reinehr: Nach 14 Jahren in der Schweiz fallen mir in Deutschland viele gute Dinge auf, aber auch eine immense Regulierung und ein hoher Bürokratieaufwand. Diese kosten uns viel Arbeitszeit und Energie. Ein Beispiel dafür ist die schleppende Digitalisierung. Die Schweiz hat zwar auch den Ruf, recht bürokratisch zu sein, ich habe sie aber in vielem rationaler und freier erlebt.

Wann sind Sie glücklich?

Dr. Michael Reinehr: Beruflich bin ich glücklich, wenn ich abends nach Hause gehen kann und weiß, dass ich für die Patienten alles nach bestem Wissen und Gewissen getan habe, damit sie eine gute Grundlage für ihre Therapien erhalten. Privat bin ich glücklich, wenn ich bei meinen Lieben zuhause bin oder eine schöne Reise mit ihnen unternehmen darf.

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