Über wichtige Erfahrungen, gewonnene Einsichten und ausgefallene Wünsche spricht aerztestellen.de mit erfolgreichen Ärztinnen und Ärzten. Dieses Mal stellt sich Privatdozent Dr. med. Tobias Braun unseren Fragen. Er ist seit 1. Juni 2023 neuer Chefarzt der Neurologie am Klinikum Wetzlar.
Herr Dr. Braun, warum eigentlich sind Sie Facharzt für Neurologie geworden?
PD Dr. Tobias Braun: Bereits in der Vorklinik war ich fasziniert vom Fach Neuroanatomie. Für mich hatten beispielsweise die Bahnsysteme oder Kerngebiete sowie die Ausfallsmuster bei Läsionen immer eine hohe intrinsische Logik. Zudem hatte ich hervorragende Praktika und Vorlesungen im Fach Neurologie, sodass mein Interesse stetig wuchs und ich mich für die Neurologie entschied. Heute fasziniert mich weiterhin das Ritual der neurologischen Untersuchung, die einen hohen diagnostischen Stellenwert hat, sowie die zahlreichen technischen Zusatzuntersuchungen. Ich schätze besonders den interdisziplinären Austausch mit den Nachbardisziplinen und den Therapeuten, um für die Patienten das bestmögliche Behandlungsergebnis zu erreichen.
Was ist für Sie unabdingbar, damit Sie gut arbeiten können?
PD Dr. Tobias Braun: Ein Arbeitsumfeld, das insbesondere die Kolleginnen und Kollegen prägen. Ohne den Austausch und die Zusammenarbeit im Team ist es kaum möglich, den Arbeitsalltag zu bewältigen und nicht daran zu zerbrechen. Die Diskussion der Patientenfälle im Team ist unerlässlich, da man sonst Diagnosen übersehen kann.
Wie lautet der beste Rat, den Sie auf Ihrem Karriereweg bekommen haben?
PD Dr. Tobias Braun: An einen expliziten Ratschlag kann ich mich nicht erinnern. Aber ich hatte immer großes Glück, mit Kollegen und Vorbildern zusammenzuarbeiten, von denen ich medizinisch, aber auch menschlich viel lernen durfte. Zudem hatte ich das große Glück, immer zum richtigen Zeitpunkt Förderer zu treffen, die mich ermutigten, an meinen Zielen festzuhalten, und mir die Möglichkeit und das Umfeld gaben, beruflich und persönlich zu wachsen. Allen gilt meine große Dankbarkeit.
Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?
PD Dr. Tobias Braun: Humor, Ehrlichkeit, Engagement und auch Kritikfähigkeit in beide Richtungen.
Was treibt Sie an?
PD Dr. Tobias Braun: Der Wunsch, für unsere Patienten das Bestmögliche zu erreichen, und die Faszination über die Vielfalt der Patienten-Persönlichkeiten im Gespräch.
Mit wem würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?
PD Dr. Tobias Braun: Gerne würde ich mit meiner Frau mal wieder alleine ins Kino oder ins Restaurant gehen. Das kommt leider manchmal zu kurz, da wir zwei kleine Kinder haben. Ich bin dankbar, dass meine Frau mich sehr unterstützt.
Was raten Sie jungen Ärztinnen und Ärzten?
PD Dr. Tobias Braun: Verliert nie die Faszination für den Arztberuf und die Empathie für die Patienten. Pflegt Freundschaften und vernachlässigt nicht das Privatleben.
Wie gelingt Ihnen eine gesunde Work-Life-Balance?
PD Dr. Tobias Braun: Zum einen gelingt mir das durch positive Erlebnisse im Arbeitsalltag und zum anderen durch den Ausgleich im Privaten mit meiner Familie. Manchmal reicht aber auch die Couch und ein guter Film.
Woran mangelt es dem deutschen Gesundheitssystem?
PD Dr. Tobias Braun: Durch die hohe Arbeitsverdichtung mangelt es insbesondere an Zeit für die Patienten. Die benötigen wir aber, damit in der Anamnese keine wichtigen Informationen verloren gehen und wir patientengerecht Diagnosen und Therapien besprechen können. Auch fehlt häufig die Zeit, die nicht-somatischen Probleme des Patienten, wie Ängste oder existenzielle Krisen, zu erfassen und empathisch zu begleiten. Dennoch müssen wir die Zeit finden, um auf Patienten einzugehen, damit diese sich wertgeschätzt fühlen und die Patienten mit uns und auch wir selbst mit uns zufrieden sein können.
Wann sind Sie glücklich?
PD Dr. Tobias Braun: Wenn ich bei meiner Familie und Freunden bin, ohne Deadlines oder Termine.
