Kommunikationsprobleme im Gesundheitswesen: Ein Risiko für die Patientensicherheit

19 Mai, 2025 - 07:14
Stefanie Hanke
Ärzte und Pflegekräfte im Gespräch auf einem Krankenhausflur, während sie Dokumente überprüfen.

Schlechte Kommunikation ist eine Hauptursache von Vorfällen, die die Patientensicherheit gefährden. Das zeigt eine systematische Übersichtsarbeit der britischen Universität Leicester. Dabei wurden sowohl Kommunikationsprobleme innerhalb der Teams als auch zwischen medizinischen Personal und Patientinnen und Patienten ausgewertet.

Schlechte Kommunikation als Ursache für Sicherheitsvorfälle

In die Analyse wurden 46 Studien mit insgesamt 67.639 Patientinnen Patienten einbezogen. Das Ergebnis: Schlechte Kommunikation ist direkt oder indirekt für einen wesentlichen Teil aller Sicherheitsvorfälle verantwortlich. Vier der Studien untersuchten, ob schlechte Kommunikation die alleinige Ursache für Sicherheitsvorfälle war. Das traf in 13,2 Prozent der Fälle zu. In 42 Studien wurde untersucht, ob schlechte Kommunikation als einer von mehreren Faktoren zu Zwischenfällen in der Patientensicherheit beitrug – das war in 24 Prozent der Vorfälle der Fall.

Untersucht wurden verschiedene Formen von Kommunikationsproblemen, die im medizinischen Alltag immer wieder auftreten: Dazu zählen Missverständnisse, Kommunikationsfehler und unzureichende Abstimmung im Team oder mit den Patientinnen und Patienten.

Auswirkungen auf die Patientensicherheit 

Die Analyse zeigt, dass Kommunikationsprobleme zu unterschiedlichen Arten von Sicherheitsvorfällen führen können. Dazu gehören unerwünschte Ereignisse, Medikationsfehler, Beinahe-Unfälle und medizinische Fehler.

Besonders häufig sind unerwünschte Ereignisse: Hier spielte schlechte Kommunikation in 40,5 Prozent der Fälle eine Rolle. Allerdings definiert die Studie nicht näher, was darunter zu verstehen ist. Aber auch bei Beinahe-Unfällen und medizinischen Fehlern spielt Kommunikation häufig eine Rolle: Beinahe-Unfälle, bei denen ein Fehler gerade noch rechtzeitig erkannt und korrigiert wird, traten in 25,7 Prozent der Fälle auf, wenn Kommunikationsprobleme eine Rolle spielten. Medizinische Fehler, die direkt die Behandlung oder Diagnose betreffen, wurden in 37,3 Prozent der Fälle durch unzureichende Kommunikation verursacht oder begünstigt. Mit 13,3 Prozent sind auch Medikationsfehler ein häufiges Ergebnis von Kommunikationsproblemen. Dazu zählen beispielsweise Fehler bei der intravenösen Medikamentenverabreichung oder Dosierungsfehler bei Patientinnen und Patienten, die ihre Medikamente selbstständig einnehmen.

Kommunikation zwischen Teams und mit Patientinnen / Patienten

Die Studie unterscheidet zwischen verschiedenen Kommunikationsformen. In 22,4 Prozent der Fälle traten die untersuchten Probleme in der Kommunikation innerhalb der medizinischen Teams auf. Die Kommunikation zwischen medizinischem Personal und Patientinnen und Patienten war in 34 Prozent der Fälle ein Faktor.  

Besonders kritisch ist die Kommunikation bei Übergaben zwischen Abteilungen oder bei der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Berufsgruppen. Hier können unvollständige oder fehlerhafte Informationen zu Verzögerungen und Behandlungsfehlern führen.

Herausforderungen durch Studienqualität und Heterogenität

Das Autoren-Team der Übersichtsarbeit weist darauf hin, dass die Qualität der analysierten Studien oft niedrig war und eine hohe Heterogenität bestand. Dadurch ist es schwierig, die genauen Zusammenhänge zwischen Kommunikationsproblemen und Sicherheitsvorfällen zu quantifizieren.  

Ein weiteres Hindernis: Häufig werden Kommunikationsprobleme nicht genau dokumentiert. Viele Studien lieferten keine detaillierten Informationen über die Art der Kommunikationsfehler oder die betroffenen Patientengruppen. Dies macht es schwierig, gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Kommunikation zu entwickeln. 

Fazit der Studie: Interventionen sind dringend nötig

Die systematische Übersichtsarbeit zeigt, dass schlechte Kommunikation eine wesentliche Ursache für Patientensicherheitsvorfälle ist. Die Ergebnisse machen deutlich, wie wichtig es für die Sicherheit von Patientinnen und Patienten ist, die Kommunikationsprozesse im Gesundheitswesen zu verbessern.

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Die Autorinnen und Autoren der Studie regen daher an, gezielte Interventionen zur Verbesserung der Kommunikation im Gesundheitswesen zu entwickeln. Dazu gehören Schulungen für medizinisches Personal, die bereits in der Ausbildung beginnen und sich über die gesamte berufliche Laufbahn erstrecken sollten. Darüber hinaus empfehlen sie strukturelle Reformen, um die Kommunikationsprozesse zu standardisieren. Dies umfasst klare Richtlinien für Übergaben, die Nutzung digitaler Tools und die Förderung interdisziplinärer Zusammenarbeit.  

Um die Mechanismen hinter den Kommunikationsproblemen genauer zu verstehen und effektive Maßnahmen zu entwickeln, empfiehlt das Studien-Team daher auch weitere Forschung zum Thema.

Quelle: Keshtkar L, Bennett-Weston A, Khan AS, Mohan S, Jones M, Nockels K, Gunn S, Armstrong N, Bostock J, Howick J. Impacts of Communication Type and Quality on Patient Safety Incidents : A Systematic Review. Ann Intern Med. 2025 Apr 15. doi: 10.7326/ANNALS-24-02904.

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