Management: Was Ärzte im Umgang mit Medizinprodukten wissen sollten

8 Juni, 2021 - 08:15
Philipp Hovorak
Medizintechnischer Monitor wird von einer Hand mit Handschuh bedient

Rund um das Thema Medizinprodukte ranken sich viele Mythen. Zugleich gibt es wichtige Details, die Ärztinnen und Ärzte beachten müssen, wenn sie diese Produkte anwenden.

Das Anwenden medizintechnischer Systeme birgt jede Menge Risiken. Auch wenn viele Ärzte in erster Linie daran denken, einem Patienten zu schaden, können auch Mitarbeitende betroffen sein. Die Palette reicht von rechtlichen Vergehen bis hin zu körperlichen Schäden durch defekte Medizinprodukte. Der Gesetzgeber versucht, diese Risiken durch gesetzliche und arbeitsschutzrechtliche Vorschriften in der täglichen Anwendung zu minimieren. Für Anwender und Betreiber von Medizinprodukten gilt es daher, einiges zu beachten.

Ohne Einweisung drohen Konsequenzen

Ein Medizinstudium oder eine pflegerische Ausbildung berechtigen nicht automatisch, alle Medizinprodukte ohne Weiteres anzuwenden. Auch nicht, wenn sich jemand dazu in der Lage fühlt. Spätestens bei einem schwerwiegenden Patientenschaden wird man nach einem Nachweis fragen, der zur Nutzung des beteiligten Medizinproduktes befähigt hat. Sollte der Anwender keine entsprechende Einweisung vorweisen können, drohen ihm rechtliche Konsequenzen.

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Verankert ist die Notwendigkeit zur Einweisung in medizintechnische Systeme in der Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV). Grundsatz ist, dass der Betreiber, also der Klinikträger oder Praxisinhaber, nur Mitarbeitende mit der Anwendung betrauen darf, die die notwendige Ausbildung und Erfahrung besitzen sowie eine Einweisung in das jeweilige Produkt erhalten haben. Dies gilt für alle aktiven, also durch eine Energiequelle betriebenen Medizinprodukte. Eine Ausnahme sind selbsterklärende Produkte, wie manuelle Blutdruckmessgeräte oder baugleiche Systeme, für die es bereits eine Einweisung gab.

Hilfreich: Elektronisches Managementtool

Dies stellt Kliniken und Praxen gleichermaßen vor eine Herausforderung. So stehen den verschiedenen medizinischen Abteilungen mittlerweile unzählige hoch technisierte Systeme zur Verfügung. Entsprechend beauftragte Mitarbeiter einer Abteilung sollten im Blick behalten, wer mit welchen Produkten arbeitet. Um den Überblick zu behalten, ist es ratsam, ein elektronisches Managementtool als Unterstützung einzusetzen. Grundsätzlich gilt jedoch: Es gibt eine Hol- und Bringschuld. So ist jeder Anwender auch für sich selbst verantwortlich.

Generell darf der Hersteller in das jeweilige Produkt einweisen. Die Klinik sollte beachten, dass jene Mitarbeitenden, die an einer Ersteinweisung des Herstellers teilgenommen haben, nachfolgend selbst einweisen dürfen. Deshalb empfiehlt es sich, dass immer möglichst viele Mitarbeitende an den Herstellereinweisungen teilnehmen, sodass die Abteilung später weitere Mitarbeitende auch ohne den Hersteller des Medizinproduktes einweisen kann. Ein Schneeballprinzip ist jedoch untersagt, das heißt, nur Mitarbeitende mit Herstellereinweisung dürfen einweisen. Und diese Einweisungen müssen adäquat dokumentiert werden.

Technische Anwendungsbedingungen

Neben der Einweisungspflicht gibt es auch technische Rahmenbedingungen, die Ärzte beachten müssen. Zum Beispiel dürfen sie ein energetisch betriebenes Medizinprodukt nicht ohne eine entsprechende technische Prüfung verwenden. Auch eine Kombination verschiedener Medizinprodukte wird vom Gesetzgeber reguliert. Für energetisch betriebene Medizinprodukte gibt es drei fachübergreifende Prüfungsarten. Sie geben dem Anwender bereits einen Hinweis darauf, dass zumindest turnusmäßig überprüft wird, ob das Medizinprodukt frei von Mängeln ist:

  • Sicherheitstechnische Kontrolle (STK): Die Bedingungen für diese Prüfart sind in der Medizinproduktebetreiberverordnung verankert. Durchzuführen ist eine solche Kontrolle an bestimmten Medizinprodukten, die in einer Anlage der MPBetreibV beschrieben sind. Bis zur Novellierung der MPBetreibV im Jahr 2017 konnten die Medizinproduktehersteller selbst entscheiden, ob ihre Produkte eine STK durchlaufen sollten, auch wenn diese nicht in der MPBetreibV aufgeführt waren. Das ist mittlerweile nicht mehr möglich. Eine STK ist nur an Produkten möglich, die in der MPBetreibV beschrieben sind. Für die Kontrollen gelten wiederkehrende Fristen bis zu zwei Jahren. Der Betreiber muss diese Fristen festlegen. In der Regel orientiert er sich dabei an den Herstellerempfehlungen.
  • Messtechnische Kontrolle (MTK): Die MTK sind ebenfalls in der MPBetreibV verankert und werden in einer weiteren Anlage beschrieben. Dort sind auch die entsprechenden Nachprüffristen angegeben. Meist sind dies zwei Jahre. Sowohl STK als auch MTK prüfen sicherheitsrelevante Aspekte technischer, aber auch funktioneller Art. Mit solchen Prüfungen darf nur speziell ausgebildetes Personal beauftragt werden.
  • Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV): An elektrisch betriebenen Medizinprodukten müssen Prüfungen nach DGUV V3 durchgeführt werden. Der Medizinprodukteanwender ist per Gesetz dazu aufgefordert, die Produkte nur anzuwenden, wenn diese in ihrer Funktionsfähigkeit oder in ihrem ordnungsgemäßen Zustand nicht beeinträchtigt sind.

Umgang mit einem Patientenschaden

Kommt es in Zusammenhang mit einem Medizinprodukt zu einem Personenschaden, ist das ein meldepflichtiger Vorfall. Anwender müssen den Fall auf einem speziellen Vordruck dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) melden. Diese Meldepflicht ist ebenfalls gesetzlich verankert und gilt nicht nur für den Betreiber von Medizinprodukten, sondern auch für den Hersteller des Geräts. Das bedeutet, auch der Hersteller muss parallel eine Meldung an das zuständige Amt abgeben. Aus diesem Grund ist es ratsam, die Umstände genau zu prüfen, damit nicht der Hersteller allein den Fall nur aus seiner Sicht meldet.

28.03.2025, Deutsche Personal- und Praxisvermittlungsagentur DEPVA GmbH
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Oft ist Anwendern nicht genau klar, was sie melden und wann sie es melden müssen. So müssen sie Funktionsstörungen oder unsachgemäße Kennzeichnungen melden, die zu einem Personenschaden geführt haben, geführt haben könnten oder führen könnten. Wichtig ist, dass Anwender selbst die potenzielle Gefährdung oder den Verdacht darauf melden müssen. Sollte es zu einer Gefährdung kommen, sollte der Anwender unverzüglich das Medizinprodukt selbst, aber auch alle damit zusammenhängenden Zubehörteile, zum Beispiel Infusionsbestecke, aus dem Verkehr ziehen und vor einem erneuten Einsatz schützen. Daraufhin sollte er eine entsprechende Meldung mit allen Beteiligten abstimmen und absetzen.

Dtsch Arztebl 2021; 118(23): [2]

Der Autor:

Philipp Hovorak
Leitung Medizintechnik
consus clinicmanagement GmbH
79106 Freiburg im Breisgau

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