Personalmanagement: Bessere Zusammenarbeit von Medizin und Pflege

26 März, 2020 - 15:23
Torsten Hinz
Gruppe junger Ärztinnen und Ärzte in einem Krankenhaus

Der medizinische Fortschritt führt zu Komplexität und Spezialisierung in der Versorgung. In Zukunft wird es immer mehr darauf ankommen, wie gut Ärzte und Pflegefachkräfte interprofessionell kommunizieren.

Noch immer, wenngleich heutzutage seltener, wählen Abiturienten mit herausragenden Gesamtnoten unter anderem das Studienfach Medizin aus. Exzellente Ärztinnen und Ärzte treffen dann im Krankenhaus im Praktischen Jahr und der sich anschließenden Facharztausbildung auf Patientinnen und Patienten, Angehörige sowie Kolleginnen und Kollegen, auch aus anderen Berufsgruppen. Jetzt werden die Kommunikation und die Sozialkompetenzen zu zusätzlichen wichtigen Handlungsfeldern.

Einige der großen betrieblichen Ausbildungsträger in Deutschland finden sich im Gesundheitswesen. Mit Blick auf die Folgen des demografischen Wandels und der Konkurrenz zu Ausbildungsgängen in anderen Branchen steigen die Herausforderungen permanent, genügend angehende Ärzte und Pflegefachkräfte rekrutieren zu können.

Viele Ausbildungsberufe in der Gesundheitsbranche bieten neben vielfältigen Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten auch die Perspektive eines additiven Studiums. Die Akademisierung umfasst dabei nicht nur die Pflege-, sondern zum Beispiel auch die Therapieberufe im Krankenhaus.

Wichtig: Zusammenspiel von Medizin und Pflege

Für angehende Ärzte und Pflegefachkräfte läuft die praktische Ausbildung samt Vorbereitung auf die Prüfungen bislang weitgehend getrennt voneinander ab. Dabei wird es in Zukunft immer mehr darauf ankommen, wie gut Ärzte und Pflegefachkräfte und alle, die die Patienten mitbehandeln, interprofessionell kommunizieren können. Dieses Zusammenspiel ist enorm wichtig. Denn nur so erreicht man, dass die Medizin und die Pflege besser zusammenarbeiten.

Daneben befindet sich die medizinische Ausbildung in Deutschland immer noch im Umbruch. Ausgehend von der zumeist umfassenden wissenschaftlichen Ausbildung muss das Studium vor allem mehr Praxisnähe umfassen.

Immer mehr Krankenhäuser tragen dem geänderten Ausbildungswunsch der jüngeren Generation dahingehend Rechnung, dass sie mehr praxisorientierte Ausbildungsinhalte anbieten. Zum Beispiel werden sogenannte Schulstationen für den Examenskurs in der Pflegeausbildung in den Krankenhäusern eingerichtet. Schülerinnen und Schüler aus dem Abschlusskurs betreuen mit der fachkundigen Unterstützung des Stationspersonals die Patientinnen und Patienten. Dabei hat das Stammpersonal der Station die zusätzliche Herausforderung, den Aufgaben nachzukommen, die sie von den Pflegeschülerinnen und Pflegeschülern bekommen, wobei Patientensicherheit und Patientenwohl selbstverständlich nicht außer Acht gelassen werden.

Interprofessionelle Ausbildungsstation

In Bremen gehen die Verantwortlichen nunmehr noch einen Schritt weiter. Sie betreiben einen Teil der Station als interprofessionelle Ausbildungsstation (Bremer Interprofessionelle Ausbildungsstation, BIPSTA). Medizinstudierende im letzten Jahr (Praktisches Jahr, PJ) und Pflegeschüler im Examenskurs versorgen die Patienten unter Anleitung und Aufsicht von Oberärzten undexaminierten Praxisanleitern.

Angehende Ärzte und Pflegekräfte trainieren das Zusammenarbeiten so, wie das sonst in der Ausbildung im Krankenhaus bisher selten der Fall ist. Die angehenden Ärzte und Pflegekräfte arbeiten auf einer echten Krankenhausstation dabei weitgehend eigenverantwortlich. Die Auszubildenden sollen durch die enge Zusammenarbeit voneinander profitieren und sich so besser in die Lage und Anforderungen des anderen hineinversetzen.

Dabei legen die Verantwortlichen des BIPSTA-Projektes großen Wert auf die interprofessionelle Kommunikation, die einen Schwerpunkt des Projektes bildet. Die Auszubildenden und Studierenden teilen sich beispielsweise das Dienstzimmer, machen gemeinsame Übergaben, auch die Visiten werden von Medizinstudierenden und Pflegeschülern gemeinsam gemacht. Letztendlich verbessert dies die Zusammenarbeit von Medizin und Pflege.

Was im Klinikverbund Bremen begonnen hat, soll mittelfristig die Ausbildung von Ärzten und Pflegekräften möglichst in ganz Bremen, vielleicht sogar bundesweit verändern. Das wünschen sich nicht nur die Projektverantwortlichen.

Komplexität und Spezialisierung der Versorgung

Der medizinische Fortschritt führt zu einer stark zunehmenden Komplexität und Spezialisierung in der Patientenversorgung. Das Wissen um diese intra- und interprofessionellen Schnittstellen und besonders deren Bedeutung muss ein wesentliches Lernziel in der Ausbildung der Medizinstudierenden und Pflegeschüler sein. Diese Schnittstellen müssen für eine optimale Patientenbetreuung koordiniert und im Idealfall synchronisiert werden. Voraussetzung dafür ist, für das Wissen über die eigenen Kompetenzen zu sensibilisieren und jene der kooperierenden Profession.

Der Übergang vom studentischen Dasein des PJlers zum Assistenzarzt und des Pflegeschülers zur examinierten Pflegefachkraft ist geprägt von einer drastischen Zunahme an Verantwortung. Die zuvor erworbenen Kompetenzen und Fähigkeiten müssen nun „plötzlich“ eigenständig am Patienten angewandt werden. Neben den berufsfeldspezifischen Kompetenzen müssen die Querschnittskompetenzen trainiert werden.

Die ersten Erfahrungen des BIPSTA-Projektes sind positiv. Einerseits gelingt es, die interprofessionelle Zusammenarbeit nachhaltig zu verbessern. Andererseits ist die Klinik heute schon gut aufgestellt für die einziehende Akademisierung der Pflegeberufe. Perspektivisch ist denkbar, den interprofessionellen Ansatz auch auf die Therapieberufe auszuweiten.

Ausreichend Personal für die Zukunft

Die Zeiten, in denen man aus einer großen Zahl Bewerbungen auswählen konnte oder musste, sind vorbei. Wir brauchen volle Ausbildungsgänge, um mit knappen Ressourcen ausreichend Personal für die Zukunft auszubilden. Dabei geht es nicht nur um Quantität, sondern wie bisher auch um die Qualität.

Die angehenden Ärzte und Pflegefachkräfte nehmen dabei eine Schlüsselposition ein. Sie bedienen mit ihrer Wahrnehmung diejenigen, die künftig an einer Ausbildung in Krankenhäusern interessiert sind. Gelingt es, mit Wertschätzung und hoher Akzeptanz auf den Stationen Botschafter für eine Berufswahl im Krankenhaus zu generieren, sind auch die kommenden Ausbildungsgänge voll. Aufstiegschancen, Studienmöglichkeiten, Weiterbildung, aber auch das Verhältnis zu anderen Berufsgruppen sind zentrale Einflussfaktoren.

Dtsch Arztebl 2020; 117(14): [2]
 


Der Autor:

Torsten Hintz
Geschäftsführer Personal & Recht
Gesundheit Nord gGmbH Klinikverbund Bremen
28211 Bremen
Mitglied des Initiativkreises neue Personalarbeit in Krankenhäusern (InPaK)

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