Onboarding neuer Ärzte: Was Kliniken beachten müssen

12 August, 2020 - 07:29
Denise Krell
Ärztegruppe beim Abklatschen, Ansicht von unten

Kliniken kämpfen um qualifizierte Ärzte und möchten diese langfristig binden. Nachvollziehbar, denn das spart Neubesetzungskosten und verhindert Unruhe im Team. Ein begeisterndes Onboarding ist daher ein entscheidendes Argument im War for Talents.

Das Onboarding neuer Ärzte fängt im Idealfall bereits nach der Vertragsunterschrift an. Dazu müssen sich Krankenhäuser zunächst einmal die „Onboarding-Stressoren“ der Neuankömmlinge bewusst machen. Darüber hinaus sollten sie nicht einfach starten, sondern die Einarbeitung von Anfang bis Ende denken (Health Relations berichtete). Automatisierte Prozesse können Personalabteilungen entlasten und dafür sorgen, dass nichts vergessen wird.

Ob ein Arzt bleibt oder das Krankenhaus schnell wieder verlässt, hängt dabei nicht nur mit seiner fachlichen Einarbeitung zusammen. Auch die soziale Integration spielt eine entscheidende Rolle. Denn Konflikte oder mangelndes Teamgefühl können die Arbeitsleistung einer ganzen Abteilung negativ beeinflussen. Ein gutes Onboarding arbeitet Ärzte nicht nur schnell in ihr Aufgabengebiet ein, sondern verschafft neuen Kollegen auch ein Wohlfühl-Gefühl. Dazu gehört es, die Krankenhauskultur und die Spielregeln vor Ort zu verinnerlichen und sich mit den Leitlinien identifizieren zu können. Je mehr Zeit Chefärzte und Kollegen also in die Einarbeitung investieren, desto höher die Chance, Ärzte langfristig zu binden. Auch die gewünschte Entlastung tritt schneller ein.

E-Learning für neue Ärzte früh ansetzen

Vor allem dann, wenn Krankenhäuser Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren, müssen sie einen noch stärkeren Fokus auf das Onboarding legen. Denn hier ist es noch erfolgskritischer, sagt Personalstratege Lars Holldorf. Die Neuankömmlinge kommen in eine andere Krankenhauskultur und müssen sich auch privat an ein neues Umfeld gewöhnen. Hinzu kommen sprachliche Barrieren, die die Einarbeitung erschweren. Frühzeitige Lernangebote wie digitale Sprachtrainings helfen dabei, dass sich die Kollegen aus dem Ausland schneller integrieren und produktiv werden. Ein solches Training kann bereits vor dem eigentlichen Jobstart beginnen. Auf diese Weise nimmt es den neuen Ärzten die Unsicherheit am ersten Arbeitstag.

Grundsätzlich ist es in vielen Fällen sinnvoll, Schulungen bereits im Vorfeld durchzuführen, wenn dies auch von den neuen Kollegen gewünscht ist. Hat ein Arzt auf der Intensivstation des Vorgänger-Krankenhauses mit einem anderen System gearbeitet, bietet sich eine technische Schulung an. Auch Seminare zur Unternehmenskultur oder Sicherheitstrainings können vor dem eigentlichen Jobbeginn erledigt werden.

Begrüßung durch Chefarzt und Willkommenspaten

„Einen großen Unterschied macht es, wenn der Chef den neuen Kollegen am ersten Tag persönlich begrüßt“, sagt Lars Holldorf. Ärzte fühlen sich damit direkt zu Beginn wertgeschätzt und gut aufgehoben. Darüber hinaus ist ein persönlicher Willkommenspate eine wichtige Anlaufstelle für Neuankömmlinge. Dieser stellt die Abteilung vor und beantwortet alle Fragen. Außerdem bespricht er den Einarbeitungsplan und sorgt dafür, dass der Neue Zugang zu allen Systemen hat.

Auch auf die soziale Komponente kommt es an. Der Willkommenspate kümmert sich darum, dass die neue Ärztin erfolgreich ins Team integriert wird. Gemeinsame Events oder auch nur das Essen mit den Kollegen in der Kantine sind gute Ansatzpunkte. Im Idealfall sollte das Krankenhaus auch seine Willkommenspaten schulen und sie auf ihre Aufgabe vorbereiten.

Regelmäßige Feedbackrunden einplanen

Wer kennt das nicht von sich selbst? Ein kleines Lob zwischendurch lässt Mitarbeiter zur Höchstform auflaufen. Umso mehr, wenn die Rückmeldung vom Chef kommt. Gerade für Neuankömmlinge zeigen regelmäßige Feedbackgespräche mit Willkommenspaten und Vorgesetzten, dass sie wertgeschätzt werden. Je positiver und handlungsbezogener die Rückmeldung ist, desto motivierter geht der neue Kollege in seine Aufgabenfelder hinein. Aber auch konstruktive Kritik macht einen guten Arbeitgeber aus. Denn, was bringt es, wenn man Lob bekommt und letztendlich doch nicht akzeptiert wird?

Wichtig ist es, direkt zu Beginn regelmäßige Termine festzuzurren. Hierin können auch die Erwartungen in beide Richtungen deutlich gemacht werden. Für einen umfassenden Eindruck nach einer gewissen Zeit bieten sich anonyme Umfragen im Sinne eines 360°-Feedbacks an. Diese geben ergänzend Aufschluss über Leistung und Integration des neuen Arztes.

Die Gespräche mit dem Chef sollten dabei gewissen Spielregeln folgen. Dazu zählen beispielsweise Leitlinien, wie jederzeit sachlich zu bleiben, wertfreie Formulierungen zu wählen und wertschätzend zu kommunizieren.  Pauschalisierungen sollten Vorgesetzte unbedingt vermeiden. Im Idealfall kann ein Chef seine Rückmeldung an konkreten Beispielen festmachen. Wenn Chefärzte ihren Mitarbeitern dabei das Gefühl vermitteln, dass Feedback keine Einbahnstraße ist, spricht das für eine offene Feedback-Kultur. Das kann die Arbeitgeberattraktivität eines Krankenhauses nachhaltig prägen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Health Relations, dem Online-Magazin des Deutschen Ärzteverlags für die Healthcare-Branche (27.07.2020).

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