
Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte sowie medizinisches Personal ist leider keine Seltenheit. Im Gegenteil: Es kommt in deutschen Krankenhäusern immer häufiger zu Gewaltdelikten. Eine Spiegel-Umfrage bei allen Landeskriminalämtern zeigt, welche Bundesländer besonders betroffen sind.
Nicht nur Beleidigungen, sondern auch Drohungen bis hin zu Gewalttaten und Raub sehen sich Ärztinnen und Ärzte in Krankenhäusern immer häufiger ausgesetzt. Das ergab eine vom Spiegel veröffentlichte Umfrage bei allen 16 Landeskriminalämtern in Deutschland.
Tendenz fast überall steigend
Diese sogenannten Rohheitsdelikte in Krankenhäusern haben seit 2019 deutlich zugenommen. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 6.894 Taten erfasst, 20 Prozent mehr als noch im Jahr 2019. Für Berlin gibt es bereits neue Zahlen aus dem Jahr 2023, die noch drastischer sind: Hier haben die Gewalttaten in Krankenhäusern um 51 Prozent zugenommen. Aufmerksamkeit erregte besonders ein Video aus der Silvesternacht, in dem zu sehen ist, wie im Sana Klinikum Lichtenberg in Berlin drei Männer einen Arzt und einen Pfleger schlagen. Der Arzt erlitt eine Kopfverletzung, der Pfleger wurde ebenfalls leicht am Kopf verletzt. Als Konsequenz hat das Klinikum seinen Wachschutz ausgeweitet. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verurteilte die Tat scharf. „Die Verrohung im Umgang mit Rettern, Pflegekräften und Ärzteinnen muss ein Ende haben. Die Erhöhung des Strafmaßes kommt auf die Tagesordnung. Von der Beleidigung bis zur Gewalt: alles muss saftig bestraft werden. Unser Gesundheitssystem braucht Sicherheit [sic!]“, schrieb der Minister auf dem Kurznachrichtendienst X.
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Doch nicht nur in Berlin ist die Anzahl der Gewalttaten gestiegen. Den höchsten Anstieg verzeichnet das Saarland, hier sind es 67 Prozent mehr als noch 2019. Bremen verzeichnete einen Zuwachs um 55 Prozent, Niedersachsen um 46 Prozent (559 Taten) und Sachsen-Anhalt um 31 Prozent (406 Taten). Auch im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen stiegen die Zahlen der Rohheitsdelikte um 29 Prozent auf 1.571 Taten. Das einzige Bundesland, das eine Abnahme verzeichnete, ist Bayern. Hier waren es elf Prozent weniger als noch 2019. Allerdings habe es laut Angaben im Jahr 2019 mit 1.190 Fällen viele Gewaltdelikte gegeben. Im Vergleich verzeichnete das Landeskriminalamt 2018 nur 771 Fälle. Seit 2019 sinken die Zahlen in Bayern wieder. Im bundesdeutschen Durchschnitt ergibt sich so ein Zuwachs um 20 Prozent.
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Gewalt gegen medizinisches Personal nimmt zu
Aber nicht alle Bundesländer erheben entsprechende Daten zu Gewaltdelikten im Krankenhaus bereits seit 2019. In Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern gibt es erst seit 2020 Daten. Laut Spiegel sei auch die Erfassung der Zahlen in den Bundesländern nicht einheitlich. Der Tatort werde nicht immer erfasst und auch die Opfer seien nicht immer klar benannt. Das eindeutige Bild zeigt jedoch: Besonders medizinisches Personal sieht sich immer wieder mit Gewalttaten konfrontiert.
Die Landesärztekammer Hessen hat im Frühjahr 2019 eine Online-Meldestelle mit dem Namen "Gewalt gegen Ärzteschaft und Team" eingerichtet. Hier können Ärztinnen und Ärzte anonym Gewaltdelikte der Ärztekämmer online melden. Neben dem Bundesland wird beispielsweise abegfragt, in welchem Bereich und Fachgebiet die meldende Person arbeitet, wann sich der gemeldete Vorfall ereignet hat, welche Form des aggressiven Verhaltens dabei vorlag und gegen wen diese sich gerichtet hat. Seit dem Frühjahr 2019 hat die Landesärztekammer Hessen 263 Meldebögen erfasst. Vorwiegend habe es sich um verbale Gewaltdelikte wie Beschimpfungen oder Rufschädigung gehandelt. Der Meldebogen ist bundesweit offen für alle Ärztinnen und Ärzte.
Quelle: Spiegel