Zusatz-Weiterbildung Immunologie: Dauer, Inhalte, Voraussetzungen

10 Mai, 2024 - 08:30
Stefanie Hanke
Immunsystem Symbolbild

Im Alltag sind Menschen quasi ununterbrochen einer Vielzahl von Viren, Bakterien und Pilzen ausgesetzt. Um uns trotzdem zumindest meistens gesund zu erhalten, arbeitet das Immunsystem ununterbrochen an komplexen Schutzmechanismen. Störungen dieses Systems sind das Fachgebiet von Fachärztinnen und Ärzten mit der Zusatz-Weiterbildung Immunologie. Wie diese Weiterbildung abläuft und welche Voraussetzungen es gibt, erfahren Sie im Beitrag.

Auf einen Blick: Zusatz-Weiterbildung Immunologie

  • Definition: Die Immunologie befasst sich mit der körperlichen Abwehr gegen Krankheitserreger wie Viren, Bakterien oder Pilze. Fachärztinnen und Fachärzte mit dieser Zusatzqualifikation diagnostizieren und behandeln Immundefekte und Immundysregulations-Syndrome.
  • Voraussetzungen: Facharztanerkennung
  • Dauer: 12 Monate Immunologie, davon müssen 6 Monate in einem immunologischen Labor abgeleistet werden
  • Anzahl der Ärzte: In Deutschland sind 150 Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatzbezeichnung "Immunologie" bei den Kammern registriert. Davon sind 149 berufstätig.

Damit das menschliche Immunsystem arbeiten kann, wirken viele verschiedene Organe zusammen. Dazu zählen beispielsweise das Knochenmark, die Schleimhäute, die Milz und die Lymphknoten, aber auch spezielle Blutzellen. Im Wesentlichen unterscheidet man zwischen dem unspezifischen und dem spezifischen Immunsystem.

Das unspezifische und das spezifische Immunsystem

Das unspezifische Immunsystem ist schon bei der Geburt aktiv und wird daher auch als angeborenes Immunsystem bezeichnet. Es reagiert auf alle Krankheitserreger gleich und kann sehr schnell aktiv werden. Zum angeborenen Immunsystem gehören:

  • physische Barrieren wie Haut und Schleimhäute
  • chemische Stoffe wie Säuren oder Enzyme
  • Abwehrzellen und Eiweiße

Wenn beispielsweise durch eine Wunde Bakterien in den Körper eindringen, kann das unspezifische Immunsystem sie mit einer Entzündungsreaktion schnell unschädlich machen: Vereinfacht gesagt wandern Abwehrzellen zur betroffenen Körperregion und töten die Erreger ab. Beteiligt sind auch verschiedene Enzyme, die beispielsweise die Erreger für die Fresszellen (Phagozyten) markieren oder die Zellwand von Bakterien auflösen können.

Neben dem unspezifischen Immunsystem gibt es ein spezifisches Immunsystem, das im Laufe des Lebens erworben und trainiert wird. Dazu gehören:

  • T-Lymphozyten
  • B-Lymphozyten
  • Antikörper

Das erworbene Immunsystem richtet sich gezielt gegen die Erreger, die vom unspezifischen Immunsystem nicht ausgeschaltet werden konnten. Dazu muss es diese Erreger aber erstmal erkennen. Während es beim ersten Kontakt mit einer Krankheit einige Tage dauern kann, bis die Immunantwort aktiv wird, reagiert das spezifische Immunsystem bei späteren Kontakten sofort. Trainiert werden kann es nicht nur durch eine Infektion, sondern auch durch eine Impfung.

Störungen des Immunsystems

Wenn das Immunsystem gut funktioniert, nehmen wir das in der Regel gar nicht wahr. Störungen allerdings können ganz unterschiedliche Folgen haben: von Infektionen wie einer einfachen Erkältung bis hin zu Tumorerkrankungen. Aber auch Allergien und Autoimmunerkrankungen wie Rheuma, Multiple Sklerose oder Morbus Crohn zählen zu den Störungen des Immunsystems. Die Krankheitsbilder, die mit dem Immunsystem zu tun haben, sind sehr unterschiedlich – häufig sind ganze Organsysteme betroffen. Daher kann die Zusatz-Weiterbildung Immunologie für Fachärztinnen und Fachärzte verschiedener Fachrichtungen interessant sein – egal, ob Allgemeinmedizin, Innere Medizin oder Dermatologie.

Immunologie: Eine der neuesten Zusatz-Weiterbildungen

Die Immunologie gehört zu den neuesten Zusatz-Weiterbildungen. Sie wurde erst 2018 in die (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer aufgenommen.

Fachärztinnen und Fachärzte mit der Zusatz-Bezeichnung Immunologie arbeiten in vielen verschiedenen Bereichen. Sie können in Krankenhäusern, Forschungslabors oder in der Biotechnologie tätig sein. Viele Immunologen arbeiten jedoch auch in der Industrie oder im Gesundheitswesen.

In der Wissenschaft tragen forschende Immunologen und Immunologinnen massiv zur Entwicklung neuer Therapien gegen verschiedene Erkrankungen bei. Ein wichtiges Forschungsfeld ist beispielsweise die Entwicklung von Immuntherapien gegen Krebs: Die Therapie soll das Immunsystem eines Patienten oder einer Patientin so weit stärken, dass es Tumorzellen aus eigener Kraft zerstören kann.
 


Immunologe werden: Die Zusatz-Weiterbildung im Überblick

Dauer der Zusatz-Weiterbildung Immunologie

  • 12 Monate Immunologie unter Befugnis an Weiterbildungsstätten, davon
    • müssen 6 Monate im immunologischen Labor abgeleistet werden

Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Immunologie

Übergreifende Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Immunologie

  • Wesentliche Gesetze und Richtlinien, z. B. Medizinproduktegesetz, Infektionsschutzgesetz, Transfusionsgesetz, STIKO-Richtlinien
  • Grundlagen des adaptiven und angeborenen Immunsystems
  • Angeborene und erworbene Immundefekt- und Immundysregulations-Syndrome
  • Immunologische Folgen von Frühgeburtlichkeit und Seneszenz
  • Auswirkungen immunologischer Störungen auf Impfantworten
  • Über-, Unter- und Fehlreaktionen des Immunsystems, z. B. Autoimmunität, Allergie, Autoinflammation
  • Grundlagen der allogenen und autologen Organ- und Stammzelltransplantation, akuten und chronischen Abstoßung, Graft versus Host-Disease

Diagnostische Verfahren

  • Zielstrukturen für diagnostische Methoden, z. B. Immunglobuline
  • Differentialdiagnose von Allergien
  • Durchführung von serologischen, zellulären, genetischen, funktionellen diagnostischen Verfahren zur Abklärung von pathologischen Entzündungsreaktionen, Immundefekten und Immundysregulations-Syndromen, z. B. Hämophagozytose-Syndrom, Autoimmunproliferatives Syndrom, Late-onset kombinierte Immundefekte, autoinflammatorische Syndrome (Richtzahl: 100)
  • Durchführung der Diagnostik von Autoimmunopathien (Richtzahl: 100)

Therapeutische Verfahren

  • Beratung zum Erkrankungsrisiko sowie Indikationsstellung zur Behandlung von pathologischen Entzündungsreaktionen, Immundefekten und Immundysregulations-Syndromen
  • Prophylaktische und therapeutische Interventionen, z. B. Impfstoffe, Antikörper, Zellpopulationen, Zytokine, Signaltransduktionsmoleküle, Gene
  • Durchführung von prophylaktischen und immuntherapeutischen Verfahren, z. B. Impfungen, Einsatz von Immunsuppressiva und Immunstimulanzien, Biologika, Immunglobulin-Therapie zum Antikörperersatz und zur Immunmodulation, Plasmapherese und Leukapherese, Stammzelltransplantation, spezifische Zell- und Gentherapie (Richtzahl: 50)
  • Erhebung des Impfstatus nach immunsuppressiver Therapie

Quellen: Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer 2018, Ärztestatistik der Bundesärztekammer 2023, Deutsche Gesellschaft für Immunologie e.V.

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