
Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten – all diese Erreger können schwere Krankheiten verursachen. Gerade durch die Corona-Pandemie sind Infektionskrankheiten wieder stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. Wie die Zusatz-Weiterbildung abläuft und welche Voraussetzungen es dafür gibt, erfahren Sie im Beitrag.
Auf einen Blick: Zusatz-Weiterbildung Infektiologie
- Definition: Die Zusatz-Weiterbildung Infektiologie umfasst die Vorbeugung, Erkennung und Behandlung erregerbedingter Erkrankungen sowie die interdisziplinäre Beratung bei Fragen, die Infektionskrankheiten oder deren Ausschluss betreffen.
- Voraussetzungen: Facharztanerkennung in einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung oder in Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie oder in Hygiene und Umweltmedizin
- Dauer: 12 Monate
- Anzahl der Ärzte: In Deutschland sind 1.009 Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatzbezeichnung „Infektiologie" bei den Kammern registriert. Davon sind 930 berufstätig. 256 arbeiten ambulant in einer Praxis, 602 sind stationär in einer Klinik tätig.
Manchmal sind Infektionskrankheiten harmlos, manchmal aber auch lebensbedrohlich. Das ist abhängig vom Errger und der individuellen Immunabwehr. Die meisten Infektionskrankheiten werden von Viren und Bakterien übertragen. Dabei breiten sich multiresistente Erreger weiter aus, was die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Bedrohung der internationalen Gesundheit einstuft. Durch veränderte Umwelteinflüssen kommen Infektionskrankheiten auch wieder in Gebieten vor, in denen sie eigentlich besiegt waren.
Aus diesem Grund ist die Infektiologie als Teilbereich der Inneren Medizin ein besonders vielfältiger und herausfordernder Teil der Medizin. Sie beschäftigt sich mit der Erforschung und Behandlung von Infektionskrankheiten und arbeitet mit nahezu allen Fachdisziplinen zusammen. Denn die große Menge unterschiedlichster Infektionskrankheiten bedeutet ein breites Betätigungsfeld, beispielsweise in der interdisziplinären Patientenbetreuung im stationären Bereich oder Tätigkeiten im ambulanten Sektor.
Breites Tätigkeitsfeld
Alle Errger passen sich außerdem der Umwelt an, sodass Vorkommen und Häufigkeit varrieren. Darüber hinaus können bereits als besiegt geltende Infektionskrankheiten wieder an Relevanz gewinnen, neue Erreger oder neue Therapiemöglichkeiten können entdeckt werden, was die Arbeit eines Infektiologen nicht langweilig werden lässt.
Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatz-Weiterbildung Infektiologie können auch reisemedizinische Beratung vor Auslandsreisen, Impfsprechstunden oder Impfungen bei Immunsuppressionen anbieten. Des Weiteren können sie neben der Tätigkeit in einer Klinik auch als Tropenmediziner und -medizinerinnen oder in der Forschung arbeiten
Klinisch bedeutsame Infektionskrankheiten
Zu den klinisch bedeutsamen Infektionskrankheiten gehören beispielsweise:
- Lungenentzündung
- HIV
- Durchfallerkrankungen
- Tuberkulose
- Hirnhautentzündung
- Hepatitis
- Malaria
- Borreliose
- Covid-19
- Affenpocken
- Dengue
- Typhus und andere Tropenkrankheiten
Infektiologe werden: Die Zusatz-Weiterbildung im Überblick
Dauer der Weiterbildung
12 Monate Infektiologie unter Befugnis an Weiterbildungsstätten
Inhalte der Weiterbildung
Infektionsprävention und Infektionsschutz
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Individuelle und öffentliche Infektionsprävention, Prävention der Übertragung infektiöser Erreger
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Meldung und Dokumentation von Infektionen/Infektionsketten, Mitwirkung bei infektionsepidemiologischen Erhebungen und bei Präventionsplanungen
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Impfprophylaxe einschließlich Impf-Empfehlungen und Impfpläne, aktive und passive Immunisierung
Nosokomiale Infektionen
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Screening und Dekolonisation von Infektionserregern einschließlich multiresistenter Erreger
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Behandlung nosokomialer Infektionen
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Behandlung von Patienten mit Infektionen durch multiresistente Erreger, Meldung und Maßnahmen zur Übertragungsprävention, Dokumentation von
Übertragungen und Management von Ausbrüchen
Infektionsdiagnostik
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Pathomechanismen und Epidemiologie von Bakterien, Pilzen, Parasiten, Viren und anderen infektiösen Agenzien einschließlich ihres lokalisations- und krankheitsspezifischen Erregerspektrums
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Unterscheidung zwischen Kolonisation und Infektion
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Erregerspezifische Prä- und Postanalytik
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Indikationsstellung zu diagnostischen und differentialdiagnostischen Verfahren sowie Auswahl geeigneter Untersuchungsmaterialien
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Verfahren der mikrobiologischen und virologischen Diagnostik, insbesondere zur Identifizierung und Empfindlichkeitstestung
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Interpretation von Untersuchungsergebnissen
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Indikationsstellung und Befundinterpretation bildgebender Verfahren bei Infektionskrankheiten
Antiinfektive Prophylaxe/Therapie
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Pharmakologie, Pharmakokinetik und Pharmakodynamik, Wirkungsspektrum, Resistenzentwicklung, Nebenwirkungen und
Interaktionen von Antiinfektiva -
Therapieempfehlung, Indikationsstellung sowie Auswahl, Dosierung, Therapiedauer und Applikation von Antiinfektiva
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Bewertung von Konzentrationsmessungen von Antiinfektiva in Körperflüssigkeiten
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Interpretation von Resistenzstatistiken
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Bewertung von Resistenztests im klinischen Kontext
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Perioperative antibiotische Prophylaxe
Antibiotic Stewardship (ABS)
- Prinzipien und Methoden von Antibiotic-Stewardship, Nebeneffekte der antiinfektiven Therapie und deren Prävention
- Bewertung des Antiinfektiva-Verbrauchs
- Anwendung der Empfehlungen zur Verordnung von Antiinfektiva
- Teilnahme am fachübergreifenden Antibiotic-Stewardship-Team
Infektiologische Notfälle
- Akute lebensbedrohliche Infektionen und infektiologische Notfälle
- Beurteilung des Schweregrads von Infektionen
- Erkennung von Infektionen mit hoher Kontagiosität
- Therapie der Sepsis, auch in interdisziplinärer Zusammenarbeit
Systemische und Organ-Infektionen
- Epidemiologie, Vorbeugung, Pathophysiologie, Symptomatik, Erregerspektrum, operative und antimikrobielle Strategien, Wundbehandlung, operative und interventionelle Fokuskontrolle von Infektionskrankheiten
- Interdisziplinäre infektiologische Beratung zu Differentialdiagnostik und Therapieoptionen systemischer und Organ-Infektionen einschließlich der Mitwirkung bei der Erstellung von Behandlungsplänen (infektiologischer Konsiliarservice) in Fällen
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Stufendiagnostik, Differentialdiagnose und Therapieoptionen bei
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Blutstrominfektionen
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Infektionen der Lunge, der Pleura und der oberen Atemwege
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kardiovaskulären Infektionen
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Harnwegs- und Niereninfektionen
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abdominellen und gastrointestinalen Infektionen
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Hepatitis
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Infektionen und Infektionsprophylaxe bei Immundefekten und bei erworbener Immundefizienz
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HIV-Infektionen und ihren Komplikationen
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Infektionen des Nervensystems, parainfektiöse neurologische Manifestationen
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Infektionen der Knochen und Gelenke
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Haut- und Weichgewebeinfektionen
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postoperative Wundinfektionen
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Fremdkörper-assoziierte Infektionen
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Fieber unklarer Genese
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Infektiologische Behandlung
- Behandlung von schweren und/oder komplikativen infektiologischen, fachspezifischen Erkrankungen
- Behandlung opportunistischer Infektionen einschließlich Beherrschen der Infektionskomplikationen im Rahmen einer Immundefizienz
- Mykobakteriosen und parasitäre Erkrankungen
- Behandlung von Pilzinfektionen
- Behandlung ambulant erworbener und nosokomialer System- und Organinfektionen bei schweren Verläufen
- Behandlung fremdkörper-assoziierter Infektionen
- Mitbehandlung von intensivpflichtigen Patienten mit schweren Infektionskrankheiten einschließlich Sepsis und septischem Schock
- Langzeitbehandlung von Patienten mit chronischen Infektionen
Infektionen bei besonderen Patientengruppen
- Infektionen bei pädiatrischen und geriatrischen Patienten sowie während der Schwangerschaft
- Infektionen bei Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Nieren-, Leberinsuffizienz
- Infektionen bei Reisenden und Tropenrückkehrern
- Sexuell übertragbare Infektionen
Quellen: Musterweiterbildungsordnung 2018 der Bundesärztekammer, Ärztestatistik der Bundesärztekammer 2022, Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e.V.