Die Corona-Pandemie hat die Arbeitsbelastung von vielen Ärztinnen und Ärzten drastisch erhöht. Dabei haben sie schon vor der Krise zu viele Arbeitsstunden angehäuft. Das hat Folgen: Belastung und Unzufriedenheit steigen und immer mehr Ärztinnen und Ärzte denken über eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit nach.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) arbeitete bereits im Jahr 2018 jeder dritte Arzt in Deutschland mehr als 48 Stunden pro Woche. Damit führen sie bei den Gesundheitsberufen die Statistik an. Die Angehören anderer Berufsgruppen der Pflege- und Gesundheitsberufe kommen bei weitem nicht auf diese Menge an Arbeitsstunden.
Dass die Pandemie die hohe Arbeitsbelastung weiter verstärken würde, war abzusehen. Eine Umfrage des Marburger Bundes Baden-Württemberg aus dem Oktober 2020 unter mehr als 2.300 Ärztinnen ergab, dass eine Mehrheit der in Vollzeit Beschäftigten 51 Stunden und mehr pro Woche arbeiten. Immer wieder kommt es durch die Überschreitung der erlaubten Arbeitszeiten zu Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz und Tarifverträge.
Patientensicherheit gefährdet
Zu ähnlichen Ergebnissen kam eine jüngst veröffentlichte Untersuchung der Sächsische Landesärztekammer unter 987 Ärzten. Die Studie legt unter anderem den Fokus auf die Entwicklung der Arbeitszeit in den letzten Jahren. Ein Ergebnis: Die tatsächliche und vertraglich vereinbarte Arbeitszeit der sächsischen Ärzteschaft (Ø 34,6 Stunden /Woche) liegen weit auseinander. Im Durchschnitt arbeiten Ärzte 10,3 Stunden als vorgesehen, wobei es eine hohe Diskrepanz zwischen dem ambulantem und stationären Bereich gibt. Während in der Ambulanz durchschnittlich drei Stunden mehr als vereinbart gearbeitet wird, sind es stationär ganze 13 Stunden mehr. Auch die in Teilzeit beschäftigten Angestellten arbeiten in der Regel nicht wie vereinbart. Nur 24,8 Prozent sind tatsächlich weniger als 40 Stunden am Arbeitsplatz.
Die vielen Arbeitsstunden bleiben nicht ohne Folgen: Die Umfrage des Marburger Bund Baden-Württemberg ergab, dass ein Großteil der Umfrageteilnehmer (65,3 Prozent) an ihrem Arbeitsplatz mehrmals pro Monat Situationen beobachtet, in denen die Patientensicherheit durch überlastete Ärzte gefährdet ist. Fast die Hälfte (46 Prozent) bemerkt solche Momente mindestens einmal pro Woche. 11,4 Prozent sehen sogar eine tägliche Gefährdung der Patientensicherheit.
Ärzte wollen weniger arbeiten
Hinzu kommt, dass immer mehr Ärzte unzufrieden mit ihrer Arbeitssituation sind. Ihr Privatleben gerät in Konflikt mit dem Arbeitsleben. In der Folge sinkt das Arbeitsengagement, die Zahl der von Burnout betroffenen Ärzte steigt und der Wunsch nach einem frühzeitigen Renteneintritt wird stärker.
Mehr als ein Drittel der Umfrageteilnehmer der sächsischen Erhebung plant daher eine Reduzierung der eigenen Arbeitszeit. Ein Drittel hat das bereits getan. Als Hauptgründe für den Entschluss, weniger zu arbeiten, wurde der Wunsch nach einer besseren Work-Life-Balance und einer Arbeitsentlastung sowie mehr Zeit für die Kinderbetreuung genannt.