
Zu viel Bürokratie: Für viele Ärztinnen und Ärzte zählt das zu den größten Belastungen im Arbeitsalltag. Aber wie viel Zeit verlieren sie täglich tatsächlich durch Dokumentation, Arztbriefe und Co.? Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) hervor.
Knapp drei Stunden täglich: So viel Zeit verbringen Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus durchschnittlich mit bürokratischen Aufgaben. Das ist das Ergebnis der Blitzbefragung, an der sich im Juli 2024 bundesweit 98 Psychiatrien und 225 Allgemeinkrankenhäuser ab 50 Betten beteiligten. Konkret lag der Zeitaufwand bei 2,9 Stunden. Pflegekräfte sind mit durchschnittlich 2,7 Stunden kaum weniger belastet.
Patientenversorgung: Ein Drittel der Fachkräfte fehlt
Rein rechnerisch bedeutet das: Etwa ein Drittel der gefragten Fachkräfte beschäftigt sich bei der Arbeit mit Dokumentationsaufgaben, statt sich um Patientinnen und Patienten zu kümmern. Umgerechnet auf Vollzeitstellen sind also 59.500 Ärztinnen und Ärzte (36 Prozent von 165.200 Vollzeitkräften) nur mit Schreibtischtätigkeiten befasst. Und auch bei der Pflege sieht die Lage ähnlich aus: Hier sind 116.600 Pflegekräfte (34 Prozent von knapp 343.000 Vollzeitkräften) mit bürokratischen Verpflichtungen ausgelastet und fehlen in der Patientenversorgung.
Dabei handelt es sich um ein flächendeckendes Problem: Während 99 Prozent der Beschäftigten in Allgemeinkrankenhäusern den Dokumentationsaufwand „sehr oft" (77 Prozent) oder „oft" (22 Prozent) kritisierten, wurde die Antwortalternative „nie" in keiner einzigen Klinik angekreuzt.
Wenn es gelänge, den bürokratischen Aufwand zu reduzieren, wäre das für das medizinische Personal und die angespannte Situation auf dem ärztlichen Stellenmarkt eine große Entlastung: Bei einer Stunde täglich weniger Zeit für Dokumentations- und Nachweispflichten stünden in allgemeinen Krankenhäusern rein rechnerisch etwa 20.650 Ärztinnen und Ärzte sowie etwa 42.870 Pflegekräfte für patientennahe Tätigkeiten zusätzlich zur Verfügung.
Großer Zeitaufwand ohne erkennbaren Nutzen
Die großen Zeitfresser im Klinikalltag sind der Befragung zufolge die Bearbeitung von Anfragen des Medizinischen Dienstes (MD) bzw. eine Dokumentation, die den Anforderungen und Prüfkriterien des MD genügt. Aber auch die interne und externe Qualitätskontrolle wird als sehr aufwändig beschrieben: Entsprechende Nachweise und Checklisten stehen ebenfalls ganz oben, wenn es um Tätigkeiten geht, die zwar viel Zeit kosten, aber dabei wenig erkennbaren Nutzen bringen.
Bemängelt wird auch die häufig unzureichende Digitalisierung in den Kliniken. So ergeben sich hohe Zeitaufwände dadurch, dass Daten häufig mehrfach eingegeben werden müssen, weil es an einer entsprechenden IT-Unterstützung und passenden Schnittstellen fehlt.
Bürokratiebelastung verschärft den Fachkräftemangel
Der Studie zufolge belastet die Bürokratie nicht nur die Fachkräfte, die in den Kliniken arbeiten. Die aktuelle Situation führt auch dazu, dass Arzt- und Pflegeberufe als weniger attraktiv wahrgenommen werden und sich weniger junge Menschen für eine entsprechende Laufbahn entscheiden.
Außerdem gehen die Befragten in jedem zweiten allgemeinen Krankenhaus (50 Prozent) davon aus, dass dringend benötigte Fachkräfte den Beruf wechseln und damit im Gesundheitssystem nicht mehr zur Verfügung stehen könnten. In etwa jedem vierten Krankenhaus (24 Prozent) wird darüber hinaus befürchtet, dass sich weniger Interessierte auf ausgeschriebene Stellen bewerben könnten.
Das Autorenteam der Studie sieht angesichts der Ergebnisse die Politik, Ärztekammern, Kostenträger und Medizinischen Dienst in der Pflicht: Durch einen nachhaltigen und gezielten Bürokratieabbau könnte das Klinikpersonal entlastet und die Patientenversorgung verbessert werden.
Quelle: Deutsches Krankenhausinstitut (DKI) 2024