Marburger Bund fordert „Ende des Bürokratie-Irrsinns“

5 August, 2022 - 07:24
Dr. Sabine Glöser
Arzt trägt Akten herum

Der Marburger Bund (MB) hat die Misstrauenskultur der Krankenkassen kritisiert. Trotz jahrelanger Bekenntnisse zum Bürokratieabbau wachse der Dokumentationsaufwand in den Krankenhäusern weiter. So dürfe es nicht weitergehen, sagte die erste Vorsitzende des MB, Dr. med. Susanne Johna, und forderte ein „Ende des Bürokratie-Irrsinns“.

In einer Zeit, in der Stationen wegen fehlenden Personals verkleinert und Patienten abbestellt werden müssten, könne es nicht sein, dass Ärztinnen und Ärzte täglich drei Stunden mit Dokumentation und Datenerfassung von ihrer Arbeit abgehalten würden. Für dringend notwendig hält die MB-Vorsitzende, dass sich Politiker einem „Realitäts-Check“ unterziehen, indem sie sich vor Ort in den Krankenhäusern anschauen, welcher Aufwand durch die bürokratischen Vorgaben wirklich entstehe.

01.09.2024, MVZ Rhein-Main-Zentrum für Diagnostik
Weiterstadt
01.09.2024, Mühlenkreis Minden-Lübbecke
Lübbecke

„Allein für die Dokumentationssicherung erfassen wir mehr als 2,3 Millionen Datensätze jedes Jahr, jeder Satz besteht aus bis zu 50 Einzeleingaben“, schilderte die MB-Vorsitzende. Für viele dieser vermeintlichen Qualitätssicherungsinstrumente fehle der Beleg, dass die Patienten davon profitierten. Vieles sei schlicht überflüssig und gehe auf Kosten der Zeit für Patienten. Ein großer Teil der Bürokratie habe nichts mit Qualitätssicherung zu tun, sondern diene nur dem Absichern von Abrechnungen, weil dafür zahllose Zu- oder Abschläge dokumentiert werden müssten. Jede zusätzliche kleine Nebendiagnose müsse festgehalten werden. „Etliche Ärztinnen und Ärzte und Pflegekräfte sind komplett aus der Versorgung raus und machen nichts anderes als codieren und abrechnen“, kritisierte Johna.

Die Misstrauenskultur der Kassen führt der MB-Vorsitzenden zufolge inzwischen dazu, „dass ein großer Anteil der Finanzmittel von der Aufrechterhaltung des völlig übertriebenen Abrechnungsapparates aufgefressen wird“. Dieses Misstrauen stehe in keinem Verhältnis zur Wirklichkeit. So gebe es klare Regeln und Leitlinien für Behandlungen, die die Ärztinnen und Ärzte befolgten.

Dtsch Arztebl 2022; 119(31-32): [4]

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