Recht: Patienten aus dem Ausland behandeln – wo Fallstricke lauern

19 März, 2020 - 09:28
Dr. Andreas Staufer
Weltkugel mit Stestoskop und ein Flugzeug fliegt darauf zu

Um Ausfall- und Haftungsrisiken zu reduzieren, sollten Krankenhausträger ihre Mitarbeitenden mit Vorgaben und Checklisten unterstützen, wenn es um die Behandlung ausländischer Patienten geht.

Menschen aus dem Ausland können in Deutschland aus den unterschiedlichsten Gründen zu Patienten werden: Entweder sie wohnen oder arbeiten hierzulande, sie sind zu Besuch oder Reisende oder sie sind als Medizintouristen ganz bewusst nach Deutschland gekommen. Damit gehen zahlreiche Fragen einher: Wie kommunizieren Ärzte mit ihnen? Wer bezahlt die Leistung? Nach welchem Recht ist abzurechnen?

Freie Arztwahl, freie Behandlung

Zunächst gelten ähnliche Grundsätze wie bei der Behandlung inländischer Patienten. Auch ausländische Patienten genießen die freie Arztwahl. Sie können sich also ihren Arzt selbst aussuchen. Das heißt aber nicht, dass sie auch Anspruch auf die Behandlung eines bestimmten Arztes haben. Ärzte sind in der Auswahl ihrer Patienten ebenso frei, solange sie nicht aufgrund gesetzlicher Vorgaben verpflichtet sind, einen Patienten zu behandeln, beispielsweise bei Notfällen oder aufgrund der Zulassung in einem gesetzlichen Versorgungssystem. Sie dürfen eine Behandlung letztlich nicht aus sachfremden oder diskriminierenden Gründen ablehnen.

Ausgleich von Sprachdefiziten

Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf eine muttersprachliche Behandlung, auch nicht in der Psychotherapie. Wegen der Vielzahl der gesprochenen Sprachen ist dies nicht möglich. Davon zu unterscheiden ist, dass die Aufklärung und Information der Patienten verständlich sein muss. Bei deutschsprachigen Ausländern gibt es zunächst keine Besonderheiten. Gleiches gilt, wenn der Arzt eine vom Patienten verstandene Sprache beherrscht.

Die Aufklärung richtet sich sprachlich wie inhaltlich nach dem Empfängerhorizont des Patienten. Ärzte sollten medizinische Fachbegriffe meiden, wenn die Patienten sie nicht verstehen. Der Arzt muss sich davon überzeugen, dass der Patient oder der in den Eingriff einwilligende Bevollmächtigte oder Betreuer Aufklärung und Information verstanden hat. Davon soll der Arzt zunächst ausgehen können, wenn der Patient im Gespräch verständliche Angaben zu seiner Erkrankung machen kann. Es ist zwar nicht erforderlich, die Sprachkenntnisse detailliert zu prüfen.

Doch je intensiver der Eingriff und je eher er aufzuschieben ist, desto höhere Anforderungen sind an das Verständnis des Patienten zu stellen. „Nix Baby mehr“ entspricht nach Auffassung des Oberlandesgerichts München jedenfalls keiner gründlichen Aufklärung einer Sterilisation. Die Beweislast der Aufklärung trägt der Arzt (§ 630 h Abs. 2 BGB). Zwar soll der Arzt es nicht zu verschulden haben, wenn er keine Anhaltspunkte für Verständnisschwierigkeiten hat, weil beispielsweise Patient und Angehörige nicht darauf hinweisen. Allerdings sollten dem Arzt spätestens bei einfachen Rückfragen zum Verständnis solche Sprachbarrieren auch nicht verborgen bleiben.

Fehlt es an einem ausreichenden Sprachverständnis, so kann der Arzt die Behandlung ablehnen oder muss für eine Übersetzung sorgen. Sprachmittler können sprachliche Defizite ausgleichen, gegebenenfalls ist ein Dolmetscher hinzuzuziehen. Ferndolmetschen ist in Zeiten des Internets und der Videotelefonie eine zulässige Option, wenn datenschutzrechtliche Bestimmungen und die ärztliche Schweigepflicht beachtet werden. Soweit durch das Dolmetschen Kosten entstehen, zahlt diese grundsätzlich der Patient persönlich, der allerdings auf die Kosten hinzuweisen ist. Problematisch dürfte sein, wenn ein Patient unter zeitlichem oder wirtschaftlichem Druck auf die Aufklärung verzichtet. Der Arzt darf bei medizinisch aufschiebbaren Eingriffen nicht über die Sprachbarriere hinwegsehen.

Kliniken ist zu empfehlen, standardisierte Arbeitsabläufe, Handlungsleitlinien und Möglichkeiten der Übersetzung zu etablieren, um die Risiken bei Sprachbarrieren zu minimieren.

Kostenübernahme: viele Konstellationen

Bei der Frage der Kostenübernahme gibt es vielfältige Konstellationen. Ein Anspruch auf medizinische Behandlung steht gesetzlich Versicherten, ausländischen Patienten im Rahmen der sozialrechtlichen Vorschriften zu. Seit Inkrafttreten der Richtlinie 2011/24/EU kann sich jeder Bürger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union in anderen Mitgliedstaaten behandeln lassen. Einer vorherigen Genehmigung der Krankenkasse bedarf es allerdings vor allem, wenn sich dieser im Krankenhaus behandeln lassen will oder wenn es um eine Großgerätebehandlung geht.

Asylbewerbern kann ein Anspruch bei akuten Krankenhausbehandlungen zustehen, selbst wenn der Kostenträger diese unrechtmäßig verweigert. Der Krankenhausträger kann dann verpflichtet sein, diesen Anspruch gegenüber dem Sozialhilfeträger geltend zu machen, ohne dass dadurch gegenüber dem Patienten selbst ein Zahlungsanspruch entsteht. Um Ausfälle vor allem durch nicht von einer Versicherung gedeckte Behandlungen zu reduzieren, sollten Kliniken ihren Ärzten die vielen Fallkonstellationen als stets erweiterbare Checkliste zur Verfügung stellen.

Sind ausländische Patienten privat oder gar nicht versichert und steht ihnen keine gesetzliche Versicherung zur Seite, richten sich die Ansprüche nach der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) oder den allgemeinen Krankenhaustarifen.

Abweichen von gesetzlichen Bestimmungen Sind Krankenhäuser in den Krankenhausplan aufgenommen, sind sie in ihrer Preisgestaltung eingeschränkt. Auch gegenüber ausländischen Patienten gelten einheitliche Entgelte nach dem Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze sowie der Bundespflegesatzverordnung. Reisen ausländische Patienten mit dem Ziel einer Krankenhausbehandlung nach Deutschland ein, können Leistungen auf Verlangen des Krankenhauses auch außerhalb des Erlösbudgets vergütet werden. Nur reine Privatkliniken, die nicht im Krankenhausplan aufgenommen sind, sind bis zu den Grenzen von Wucher und Sittenwidrigkeit in der Preisgestaltung weitestgehend frei. Bei der wahlärztlichen Behandlung (Chefarztbehandlung) muss die Abrechnung nach der GOÄ erfolgen. Diese sieht Abweichungen vor, insbesondere beim Steigerungssatz. Pauschalen sind schwierig.

Auch ausländische Patienten sind darüber zu informieren, wenn die Kostenübernahme durch Dritte fehlen sollte (§ 630 c BGB). Bestenfalls verfügt das Krankenhaus über entsprechende Vordrucke.

Dtsch Arztebl 2020; 117(13): [2]
 


Der Autor:

Dr. Andreas Staufer
Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht und für Informationstechnologierecht
FASP Finck Sigl & Partner
80336 München

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