Ausgeliehen: Arbeit als Leihärztin oder Leiharzt

13 Juli, 2023 - 07:14
Miriam Mirza
Junger Arzt

Viele Krankenhäuser müssten Abteilungen schließen ohne sie: Leihärztinnen und Leihärzte, oder auch Honorarärztinnen und Honorarärzte genannt, erhalten oft den Betrieb aufrecht. Das Arbeitsmodell hat jedoch Vor- und Nachteile.

Die Oberschwabenklinik meldete im April, dass sie die Abteilung Frauenheilkunde ohne das Leihärztemodell schließen müsste. Grund war, dass zuvor mehrere Ärztinnen gleichzeitig ausgefallen waren. Die Lösung: Leiharbeitskräfte in Ärzteschaft und Pflege übernehmen zeitweise die Arbeit. In der Regel werden diese von Agenturen vermittelt, die sich auf die Leiharbeit spezialisiert haben.

Bessere Work-Life-Balance und mehr Verdienst

Ärztinnen und Ärzte arbeiten als Leihärztinnen und Leihärzte, um ihre Erfahrungen und Fähigkeiten in verschiedenen medizinischen Einrichtungen zu erweitern und zu vertiefen. Außerdem kann es für sie eine Möglichkeit sein, flexibler zu arbeiten und ihre Arbeitszeiten besser zu planen. In der heutigen Zeit ist vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine ausgewogenen Work-Life-Balance sehr wichtig. Das gilt auch für Medizinerinnen und Mediziner. Besonders die junge Generation legt großen Wert darauf. Das beweist nicht zuletzt eine Umfrage unter Medizinstudierenden. Die ergab, dass 92,5 Prozent der Befragten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie besonders wichtig finden. Direkt gefolgt wird dies von geregelten Arbeitszeiten (83,1 Prozent) und flexiblen Arbeitszeiten (81,2 Prozent).

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Ein weiterer Punkt, der für Ärztinnen und Ärzten die Leiharbeit attraktiv macht, ist finanzieller Natur. Leihärztinnen und Leihärzte erhalten häufig ein höhere Gehälter als festangestellte Ärztinnen und Ärzte. Schätzungen zufolge sind in Deutschland um die 5.000 Ärzte und Ärztinnen in dieser Arbeitsform tätig, Tendenz steigend. Bis zum Jahr 2019 konnten Honorarärztinnen und -ärzte auf freiberuflicher Basis in Kliniken tätig sein. Nach einem Beschluss des Bundessozialgerichts war dies nicht mehr erlaubt. Seither sind Leihärztinnen und -ärzte regulär fest angestellt, und zwar entweder temporär im Krankenhaus oder in Arbeitnehmerüberlassung durch eine Agentur.

Engpässe und Personalmangel überbrücken

Krankenhäuser greifen auf Leihärztinnen und -ärzte zurück, um den Mangel an qualifizierten Fachkräften zu kompensieren oder um kurzfristige Engpässe zu überbrücken. Manches Haus setzt sie ein, um die Kosten für die Einstellung von festangestellten Ärztinnen und Ärzten zu reduzieren oder um schnell auf unvorhergesehene Ereignisse wie eine plötzliche Zunahme von Patientinnen und Patienten zu reagieren. In solche Situationen sind die Honorarkräfte hilfreich. Doch deren Einsatz stößt auch auf Kritik, denn die Praxis, der Vermittlung der Ärztinnen und Ärzte durch Personaldienstleister oder Zeitarbeitsfirmen ist in vielen Ländern umstritten und wird oft als eine Form der Ausbeutung von Arbeitskräften und als eine Bedrohung für die Qualität der Patientenversorgung angesehen.

Einer der Hauptgründe, warum Krankenhäuser trotzdem auf diese zurückgreifen, ist der Mangel an qualifizierten medizinischen Fachkräften. In vielen Ländern gibt es einen Ärztemangel, insbesondere in ländlichen Gebieten oder in bestimmten Fachgebieten wie der Notfallmedizin oder der Intensivmedizin. Leihärztinnen und Leihärzte bieten eine schnelle Lösung für dieses Problem, da sie oft innerhalb von Tagen oder Wochen verfügbar sind und keine langwierigen Einstellungsprozesse durchlaufen müssen.

Weniger Motivation und keine langfristige Bindung

Dennoch müssen die Kliniken auch die Nachteile abwägen. Zum einen sind Leihkräfte oft teurer als festangestellte Ärztinnen und Ärzte, weil sie höhere Stundensätze bekommen. Zudem verlangen die Personaldienstleister eine Gebühr für ihre Vermittlung. Zum anderen haben die geliehenen Arbeitskräfte oft keine langfristige Bindung an das Krankenhaus oder die Einrichtung, in der sie arbeiten, was zu einer geringeren Motivation und einem geringeren Engagement führen kann. Darüber hinaus können die Medizinerinnen und Mediziner aufgrund ihrer begrenzten Erfahrung in der Einrichtung oder in der Region, in der sie arbeiten, Schwierigkeiten haben, sich schnell an die Arbeitsbedingungen und die Patientenversorgung anzupassen.

Ein weiteres Problem bei der Beschäftigung von Honorarkräften ist die Qualität der Patientenversorgung. Weil Leihärztinnen und Leihärzte oft nur für kurze Zeit in einer Einrichtung arbeiten, haben sie möglicherweise nicht genügend Zeit, um sich mit den Patienten und ihren Bedürfnissen vertraut zu machen. Dies kann zu Fehlern bei der Diagnose und Behandlung führen, die die Gesundheit der Patientinnen und Patienten gefährden können.

Fazit

Insgesamt gibt es viele Bedenken und Kritikpunkte gegenüber der Praxis der Beschäftigung von Leihärztinnen und Leihärzten. Während sie eine schnelle Lösung für den Ärztemangel darstellen, können sie auch zu höheren Kosten, geringerer Motivation und einer schlechteren Qualität in der Patientenversorgung führen. Wichtig ist, dass Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen sorgfältig abwägen, ob die Einstellung von Leihärztinnen und -ärzten die beste Lösung für ihre Bedürfnisse ist und wie sie sicherstellen können, dass die Qualität der Patientenversorgung nicht darunter leidet.

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