Change-Management: Wie Kliniken den Wandel erfolgreich vorantreiben

26 Februar, 2020 - 14:03
Karin Burtscher
Ein Kompass, die Spitze zeigt auf "Change Managment" darum viele Symbole

Spezialisierung in der Medizin, Digitalisierung oder auch Fachkräftemangel und die demografische Entwicklung sind Herausforderungen, die von Kliniken eine Innovations- und Veränderungskultur erfordern.

Veränderungen bringen meist einen kulturellen Wandel mit sich. Neue Formen der Zusammenarbeit und der Führung entstehen. Mitarbeitende und Führungskräfte benötigen Kompetenzen, die sie oft erst noch erwerben müssen.

Zunächst muss das Klinikmanagement die Ziele der Veränderungsmaßnahme klar und verständlich formulieren und die Kommunikation als zentralen Erfolgsfaktor mehrschichtig und zielgruppengerecht auf allen Unternehmensebenen einsetzen. Mitarbeitende wollen als Beteiligte und nicht als Objekte im Veränderungsprozess wahrgenommen werden.

Meist stehen Ärzte organisatorischen Veränderungen, die das Klinikmanagement vorantreibt, skeptisch gegenüber. Die Veränderung scheitert zumeist, wenn innerhalb der Führungsriege Uneinigkeit herrscht. Durch die frühzeitige Einbindung der ärztlichen Expertise, umfassende Informationen und konstruktive Kommunikation kann das Klinikmanagement die Ärzte zum Mitwirken am Veränderungsprozess bewegen.

Partizipation und Sinngebung kommen zu kurz

Um den angestrebten Wandel einzuleiten, positiv zu begleiten und erfolgreich abzuschließen, müssen Klinikmanagement und Chefärzte ein grundlegendes Commitment über das Veränderungsvorhaben haben. Führungskräfte können dem System und seinen Beteiligten Impulse geben, doch bewegen kann sich das System nur aus sich selbst heraus, im Rahmen seiner natürlichen Möglichkeiten und Grenzen. Die klare Willensbekundung der Führungsebene „Wir wollen diese Veränderung“ ist ein wichtiges Signal an alle Mitarbeitenden. Mitarbeitende, die ihrer Führungskraft vertrauen, sind generell eher bereit, eine Veränderung zu durchlaufen, auch wenn sie ihnen Angst oder Sorge bereitet. Wenn das tägliche Handeln in Führung und Management dagegen nicht in Übereinstimmung zu den erklärten Veränderungswünschen steht, also Gesagtes und Gelebtes nicht zusammenpassen, werden Veränderungen eher abgelehnt.

Aus kultureller Perspektive hat das Denken und Handeln der Mitarbeitenden einen beachtlichen Einfluss auf den Veränderungsprozess. Einerseits basieren die Ziele der Mitarbeitenden auf ihren individuellen Bedürfnissen, Interessen, Sorgen, Ängsten, Werten, Ideologien. Andererseits sind sie auf die Persönlichkeit, die Berufserfahrung und die Generationszugehörigkeit zurückzuführen. Sachargumente werden in Kliniken mitunter überschätzt. Oft greifen Maßnahmen wie Information, Partizipation und Sinngebung zu kurz, um die Bedenken und Unsicherheiten der Mitarbeitenden zu beseitigen. Deshalb ist Vorsicht geboten, die Notwendigkeit der Veränderung allein argumentativ anzugehen. Dies hat häufig den Nachteil, dass der Widerstand schwelt, weil Argumente die Mitarbeitenden emotional nicht erreichen.

Mitarbeitende halten gern an Routinen fest

Ursachen für den Widerstand können rational oder auch emotional sein. Rationale Gründe lassen sich meist durch faktenbasierte und logische Erklärungen reduzieren und beseitigen. Das Klinikmanagement und die Führungskräfte sind gut beraten, den Sinn des Veränderungsvorhabens transparent zu machen, den Unmut aufzugreifen, um langfristige Schäden auf der Beziehungsebene zwischen Management, Führungskräften und Mitarbeitenden zu vermeiden.

Allerdings neigen Mitarbeitende gern dazu, an Routinen und Gewohnheiten festzuhalten. Widerstand kann sich aktiv und passiv als auch verbal oder nonverbal äußern. Aktiver Widerstand ermöglicht es, sich frühzeitig mit ihm auseinanderzusetzen. Spürbar wird er in Gestalt von Widersprüchen, Gegenargumenten, Vorwürfen und Drohungen. Hingegen kommt der passive Widerstand eher aus der Motivation, vor Veränderungen zu flüchten und die Auseinandersetzung vermeiden zu wollen. Nonverbaler aktiver Widerstand äußert sich in Form von Streitereien und Gerüchten und führt oft zu negativer Stimmung am Arbeitsplatz. Der nonverbale passive Widerstand äußert sich im Dienst nach Vorschrift, Lustlosigkeit über Rückzug bis hin zu Absentismus und Fluktuation.

Mit Widerständen arbeiten, nicht gegen sie

Sobald Klinikmanagement und Führungskräfte mit dem Widerstand und nicht gegen ihn arbeiten, kann konstruktive Kritik Verbesserungspotenziale sichtbar machen und den Veränderungsprozess voranbringen. Widerstand basiert oft auf negativen Emotionen, wie Verlustängste bei Strukturänderungen, die zu einem Arbeitsplatz-, Status- und Kontrollverlust führen können. Weitere emotionale Ausdrucksformen sind die Angst, der neuen Herausforderung nicht gewachsen zu sein oder die Unsicherheit den künftigen Anforderungen nicht gerecht werden zu können. Doch Emotionen im Veränderungsprozess müssen nicht zwangsläufig negativ sein. Neugierige Mitarbeitende sind Veränderungen gegenüber positiver eingestellt. Hilfreich ist es, sich aus den Reihen der Mitarbeitenden einen Fürsprecher heranzuziehen.

Veränderungsprozesse sind per se von Ungewissheit geprägt, meist komplex, kraft- und zeitaufwendig. Störungen, Rückfälle und Irritationen sind ein untrügliches Zeichen dafür, dass sich tatsächlich etwas im Unternehmen verändert. Um Mitarbeitende für Veränderungen zu gewinnen, sollte das Management deren unterschiedliche Rollen und Sichtweisen ernst nehmen und deren Beitrag wertschätzen. Ebenso sind Optimierungsvorschläge im Laufe des Veränderungsprozesses aufzugreifen und in einem interaktiven Diskurs zu integrieren. Das Gefühl der Wertschätzung und Anerkennung kann nachhaltig beeinträchtigt werden durch fehlende Informationen und fehlende Integration in den Veränderungsprozess, Vernachlässigung der Individualität der Mitarbeitenden sowie in Konfliktsituationen zwischen Führungskraft und Beschäftigten.

Klar definierte Rollen und Verantwortlichkeiten

Ein nachhaltiges Veränderungsmanagement sorgt dafür, dass Widerstände bereits im Vorfeld durch eine Auseinandersetzung der Ursachen antizipiert werden. Klar definierte Rollen und Verantwortlichkeiten der Führungskräfte und eine transparente Kommunikation stärken unweigerlich die Bereitschaft der Führungskräfte, die Veränderung gemeinsam mit dem Klinikmanagement voranzutreiben und umzusetzen. Auf nachgeordnete Mitarbeitende wirkt das motivierend – es bewirkt das Loslassen vom Bisherigen und ebnet den Weg, die Veränderung einzuschlagen.

Dtsch Arztebl 2019; 116(50): [2]
 


Die Autorin:

Karin Burtscher
Leiterin Personalwesen
Klinikum Ingolstadt GmbH
85049 Ingolstadt
Mitglied des Initiativkreises neue Personalarbeit in Krankenhäusern (InPaK)

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