Bürokratiebelastung bei Oberärztinnen und -ärzten: Täglich knapp sechs Stunden

23 Oktober, 2024 - 08:15
Stefanie Hanke
Arzt am Computer

Nur 2,5 Stunden: So wenig Zeit bleibt Oberärztinnen und -ärzten an deutschen Krankenhäusern für die Patientenversorgung. Das hat eine Umfrage des Marburger Bundes Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz ergeben. Fast sechs Stunden gehen demnach im Schnitt täglich für bürokratische Tätigkeiten verloren.

Die Befragung zeigt in Bezug auf die Bürokratiebelastung eine beunruhigende Entwicklung, erklärt Dr. med. Hans-Albert Gehle, Vorsitzender des Marburger Bundes NRW/RLP: „Gegenüber unserer Oberarzt-Umfrage im Jahr 2019 haben sich die bürokratischen Aufgaben nochmals deutlich erhöht. Seinerzeit gaben 77 Prozent eine Bürokratiebelastung von bis vier Stunden am Tag an“.

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Zu wenig Zeit für die Ausbildung des ärztlichen Nachwuchses

Durch die hohe Bürokratiebelastung fehle den Oberärztinnen und -ärzten wertvolle Zeit zur Behandlung von Patientinnen und Patienten, aber auch für die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung, betont Gehle weiter. Diese Sorge wird durch die Ergebnisse der Umfrage gestützt: 58 Prozent der Befragten gaben an, selten oder nie ausreichende Zeit für die Ausbildung des ärztlichen Nachwuchses zu haben. Nur zwei Prozent haben sie immer und 37 Prozent meistens.

Und auch für die eigene berufliche Weiterentwicklung finden die Befragten nur selten Zeit: Drei Viertel gaben an, ihnen fehle die Zeit für Fortbildungen im Rahmen der Arbeitszeit, nur 25 Prozent haben dafür genug Zeit. Finanziell wird eine Mehrheit immer (13,5 Prozent) oder meistens (43,1 Prozent) vom Arbeitgeber bei Fortbildungen unterstützt. Allerdings können sich auch viele Ärztinnen und Ärzte nur selten (30,0 Prozent) oder sogar nie (13,3 Prozent) über Geld für Fortbildungen freuen.

Ärztemangel auch bei Oberärztinnen und -ärzten

Der weitverbreitete Ärztemangel macht auch vor der Oberarzt-Ebene nicht halt: 28 Prozent der Befragten gaben an, dass es in ihrer Abteilung unbesetzte Oberarztstellen gebe – im Schnitt konnten 1,3 Oberarztstellen nicht besetzt werden. „Wenn offene Stellen nicht besetzt werden, fällt bei den vorhandenen Mitarbeitern naturgemäß mehr Arbeit an. Der Arbeitgeber spart so viel Geld auf dem Rücken seiner Beschäftigten", kommentierte Gehle dieses Ergebnis.

Das zeigt sich auch an den Antworten der Befragten: 57 Prozent können die erforderlichen Tätigkeiten selten oder nie innerhalb der tariflichen Wochenarbeitszeit erledigen, drei Prozent immer und 39 Prozent meistens. Dabei arbeiten knapp zwei Drittel (64 Prozent) Vollzeit, ein Drittel der Befragten bevorzugt eine Teilzeitstelle. Dabei arbeitet jede/r Fünfte (20 Prozent) auf einer Stelle im Umfang von 80-99 Prozent. Bei elf Prozent der Befragten beträgt der Stellenumfang 60-79 Prozent. Weniger als 60 Prozent arbeiten nur rund fünf Prozent der Befragten.

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Kleinere Abteilungen, mehr Spezialisierung

Im Vergleich zur vergangenen Umfrage im Jahr 2019 haben sich die Abteilungen der Befragten deutlich verkleinert. Besteht eine Abteilung aktuell aus durchschnittlich 48 Betten, waren es vor fünf Jahren noch 78 Betten. „Das ist der geplante Weg in die Spezialisierung", ordnete Gehle das Ergebnis ein.

Insgesamt steigt der Anteil von Ärztinnen auf Oberarzt-Positionen: Aktuell sind 40 Prozent der Befragten weiblich. Vor fünf Jahren waren es noch 34 Prozent.

An der aktuellen Befragung vom September 2024 nahmen mehr als 2.100 Oberärztinnen und Oberärzte teil.

Quelle: Oberarzt-Umfrage des Marburger Bundes NRW/RLP September 2024

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