Ärztinnen und Ärzte benötigen eine Vielzahl von Soft Skills, um effektiv mit ihren Patientinnen und Patienten, Kolleginnen und Kollegen und anderen Angehörigen des Gesundheitswesens zu interagieren. Das Problem: Viele dieser Kompetenzen wird im Medizinstudium nicht unterrichtet. Dennoch sind sie für den späteren Arbeitsalltag notwendig – wenn nicht sogar ausschlaggebend – für eine gute Behandlung von Patientinnen und Patienten sowie wie die täglichen Arbeitsabläufe.
Hier sind einige wichtige Soft Skills, die für Medizinerinnen und Mediziner von großer Bedeutung sind. Sie ergänzen das medizinische Fachwissen und ermöglichen Ärztinnen und Ärzten, eine ganzheitliche und mitfühlende Betreuung ihrer Patientinnen und Patienten zu gewährleisten.
- Kommunikation: Eine klare und einfühlsame Kommunikation mit Patientinnen und Patienten und auch deren Angehörige ist entscheidend, um deren medizinische Bedürfnisse zu verstehen und ihnen Informationen verständlich zu vermitteln. Die Fähigkeit, komplexe medizinische Konzepte in einfache Sprache zu übersetzen, ist essenziell.
- Empathie: Ärztinnen und Ärzte sollten einfühlsam und verständnisvoll auf die Bedürfnisse und Sorgen ihrer Patientinnen und Patienten sowie den Angehörigen eingehen. Empathie zeigt den Patientinnen und Patienten, dass sie gehört und ernst genommen werden.
- Teamfähigkeit: Die Arbeit im Gesundheitswesen erfordert oft Teamarbeit. Ärztinnen und Ärzte müssen gut mit anderen Fachkräften (wie Pflegekräfte, Therapeutinnen und Therapeuten und anderen Ärztinnen und Ärzten) zusammenarbeiten, um die bestmögliche Versorgung der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten.
- Kritisches Denken: Ärztinnen und Ärzte müssen komplexe medizinische Informationen analysieren, um genaue Diagnosen zu stellen und geeignete Behandlungspläne zu entwickeln. Kritisches Denken ermöglicht es, sorgfältige Entscheidungen auf der Grundlage von Beweisen und Erfahrungen zu treffen.
- Zeitmanagement: Der Alltag einer Ärztin oder eines Arztes kann hektisch sein. Die Fähigkeit, effizient zu arbeiten und Prioritäten zu setzen, ist wichtig, um die Betreuung der Patientinnen und Patienten optimal zu gestalten und auch, um möglichst sorgfältig mit den eigenen Ressourcen umzugehen.
- Stressresistenz: Der Arztberuf kann mit hohen Belastungen und emotionalen Herausforderungen einhergehen. Ärztinnen und Ärzte müssen lernen, mit Stress umzugehen und sich selbst gut zu versorgen, um ein gesundes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben zu finden.
- Selbstreflexion: Die Fähigkeit, das eigene Handeln und Verhalten zu reflektieren, ermöglicht Ärztinnen und Ärzten, sich kontinuierlich zu verbessern und aus Erfahrungen zu lernen.
- Sensibilität für kulturelle, sexuelle und soziale Vielfalt: Im Gesundheitswesen begegnen Ärztinnen und Ärzte Menschen aus verschiedenen kulturellen, sexuellen und sozialen Hintergründen. Ein respektvoller Umgang und das Verständnis für diese Unterschiede sind wichtig, um die Gesundheitsversorgung für alle Patientinnen und Patienten angemessen zu gestalten.
- Ethisches Bewusstsein: Ärztinnen und Ärzte müssen sich ethischen Herausforderungen stellen und Entscheidungen treffen, die im besten Interesse ihrer Patientinnen und Patienten liegen und die unter Umständen mit ihren eigenen ethischen Grundsätzen in Konflikt geraten. Ethik spielt eine zentrale Rolle in der ärztlichen Praxis und erfordert die Bereitschaft, sich immer wieder mit schwierigen Fragestellungen zu befassen.
Soft Skills kann man lernen
Es lohnt sich, sich mit dem Thema zu befassen, auch im Hinblick auf die eigenen Karrierechancen: Denn Soft Skills werden auf dem Arbeitsmarkt immer wichtiger. Eine Studie der Wirtschaftshochschule ESCP Europe hatte das bereits im Jahr 2017 gezeigt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Hochschule an den Standorten in Berlin und Turin hatten deren Relevanz im Arbeitsleben untersucht und dazu 169 Studierende sowie 131 Personalerinnen und Personaler befragt. Ergebnis: 95 Prozent der Studierenden gaben an, Soft Skills seien in ihrem letzten Praktikum wichtig bis sehr wichtig gewesen. Ganze 95 Prozent der Personalerinnen und Personaler schätzen diese als wichtig oder sehr wichtig ein.
Medizinerinnen und Mediziner, die das Gefühl haben, in Sachen Soft Skills Defizite zu haben, müssen sich nicht sorgen. Sicher gibt es Menschen, die mit gewissen Kompetenzen auf die Welt gekommen sind, doch grundsätzlich lassen sich Soft Skills auch erlernen. Darum ist es sinnvoll, sie in die Ausbildung zur Medizinerin bzw. zum Mediziner einzubinden. Das ist mittlerweile auch bei immer mehr Lehreinrichtungen angekommen, weshalb diese versuchen, Studierenden die notwendigen Kompetenzen zu vermitteln. Auch auf Kongressen wird das Thema regelmäßig auf die Vortragsliste genommen. So konnten beispielsweise im Jahr 2019 Interessierte beim Forum Junge Internisten auf dem DGIM-Kongress in Wiesbaden an einem Vortrag zu dem Thema teilnehmen. Inzwischen gibt es zudem verschiedene Fortbildungsangebote, bei denen Medizinerinnen und Mediziner etwa eine bessere Kommunikation oder andere Soft Skills trainieren können.