
Um Digitalisierungsprojekte umsetzen zu können, sind vielfältige Veränderungen nötig. Dazu bedarf es der Unterstützung aller, die an diesen Prozessen beteiligt sind.
Mitten in der Coronapandemie hat die Bundesregierung das Krankenhauszukunftsgesetz beschlossen. Damit unterstützt sie zusammen mit den Ländern die Krankenhäuser auf dem Weg zum dringend erforderlichen weiteren Ausbau der Digitalisierung. Allein für das Klinikum Leverkusen bedeutet das, dass Digitalisierungsprojekte bis 4,3 Millionen Euro gefördert werden. Doch diese müssen auch in den kommenden beiden Jahren umgesetzt sein. Allein die Förderhöhe zeigt, dass das Thema New Work in Krankenhäusern an Bedeutung gewinnen wird.
Förderungsfähige Digitalisierungsprojekte
Nimmt man die förderungsfähigen Projekte in den Blick, kommen die Kliniken an folgenden Themen nicht mehr vorbei:
- Etablierung eines Patientenportals mit einem digitalen Aufnahme-, Behandlungs- sowie Entlass- und Überleitungsmanagement
- Einführung einer digitalen Pflege- und Behandlungsdokumentation, inklusive automatisierter und sprachbasierter Dokumentation
- Einrichtung von teil- oder vollautomatisierten klinischen Entscheidungsunterstützungssystemen
- Digitales Medikationsmanagement
- Digitale Leistungsanforderung
- Digitales Versorgungsnachweissystem für Betten zwischen Krankenhäusern und anderen Einrichtungen
- Einführung informations- und kommunikationstechnischer robotikbasierter Systeme zur Umsetzung telemedizinischer Netzwerke
Auf dem Weg zur weiteren Digitalisierung bedeutet das für die Verantwortlichen in Medizin, Pflege, Funktion und Administration: Sie sind gefordert, mit ihren Abteilungen bewährte Arbeitsabläufe infrage zu stellen und mit einem Change-Management über Abteilungsegoismen hinaus betroffene Arbeitsabläufe mit einem maximalen Digitalisierungseinsatz zu novellieren.
Schon jetzt hat die Coronapandemie den Klinikalltag erheblich verändert. So werden derzeit viele der üblichen Besprechungen und Fortbildungen online durchgeführt. Die Arbeit im Klinikalltag lebt normalerweise auch von den vielen sozialen berufsgruppenübergreifenden Aufgaben in der Patientenbetreuung und entwickelt sich häufig zu einem vertrauensvollen Miteinander. Diese Kultur wird durch die erforderlichen Coronaschutzmaßnahmen wie Masken, Schutzkleidung und Ausfall der gemeinsamen Pausen auf den Kopf gestellt. Diese Situation führt zu einer Offenheit der Mitarbeitenden gegenüber Veränderungen, um sich von der jetzigen, ungeliebten Situation hin zu einer neuen Normalität zu entwickeln.
Entwicklung flexiblerer Arbeitsformen
Sobald Arbeitsprozesse digitalisiert werden, ergeben sich weitere Möglichkeiten, administrative Aufgaben ortsungebunden zu erledigen. Damit werden bei einer flächendeckenden Digitalisierung ärztliche und pflegerische Tätigkeiten nicht grundsätzlich außerhalb des Krankenhauses erbracht werden können. Aber es werden sich in Abhängigkeit von der Aufgabe und den Zeitzielen künftig weitere Teilsegmente ergeben, die ortsungebunden erfolgen können. Daraus entwickeln sich flexiblere Arbeitsformen.
Der Trend zur Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung schreitet auch in den Krankenhäusern immer weiter voran. Das ist an der seit einigen Jahren weiter steigenden Zahl an nicht mehr Vollzeitbeschäftigten, sondern Vollzeitnahen- und Teilzeitbeschäftigten zu erkennen. Auch der Trend zu ergänzenden Weiterbildungen nimmt weiter zu. Nun sind die Führungskräfte gefordert, Veränderungsprozesse zu entwickeln und die Digitalisierung zusammen mit den Beschäftigten voranzubringen. In diesem Prozess werden die Beschäftigten die Erfordernisse eines Krankenhausbetriebs und die Belange der Patienten mit Sicherheit nicht aus dem Blick verlieren.
Momentan wird das Digitalisierungsprojekt Patientenportal mit digitalem Aufnahme-, Behandlungs- sowie Entlass- und Überleitungsmanagement intensiver betrachtet. Aus den unterschiedlichen Perspektiven ergeben sich heterogene Anforderungen.
Perspektive Krankenhausbetrieb
- Patienten werden zur richtigen Zeit aufgenommen und sind entsprechend vorbereitet, das heißt, sie sind über Diagnostik und Behandlung informiert und aufgeklärt und haben in die Behandlung eingewilligt.
- Da die Patienten gut informiert im Krankenhaus erscheinen, können die Bedienzeiten in der Patientenaufnahme reduziert und Anmeldespitzen über den Tag hinweg besser geglättet werden.
- Insgesamt werden weniger Mitarbeiterkapazitäten im Krankenhaus gebunden.
- Informationen für die medizinische und administrative Aufnahme sind einsehbar.
- Terminierungen für Sprechstunden, Vorgespräche oder ambulante Standardbehandlungen werden strukturiert.
- Medizinische Parameter werden anhand von Einweisungsscheinen, Befunden oder Arztbriefen geprüft.
- Smarte Erfassungs- und Abfrageschritte mit zusätzlichen Informationen verbessern die digitalen Prozesse und die interne Planung.
Perspektive Patient und Angehörige
- Einfacher Online-Check-in ins Krankenhaus
- Daten und Dokumente werden für die digitale Patientenaufnahme online bereitgestellt.
- Das digitale Onboarding ist in der Regel primär auf elektive Patienten, auch mit Wiederkehrfunktion, ausgelegt.
- Das Patientenmanagement stimmt Untersuchungstermine, OP-Termine und Aufklärungsgespräche auch online ab und bestätigt diese ebenfalls online.
- Spezielle Masken und Workflows sind optional auch für Teilsegmente der Notaufnahme verwendbar.
- Niedergelasse Ärzte können den digitalen Aufnahmeprozess für ihre Patienten ebenfalls starten. Sie können die Einweisung oder Überweisung direkt online an das Krankenhaus senden und Termine online anfragen und reservieren.
- Ein Online-Check-in in die Klinik ist auch in Kombination mit einem Kiosk-System möglich.
- Der Patient und seine legitimierten Angehörigen erhalten online Informationen vor, während und nach dem stationären Aufenthalt.
Darüber hinaus sind die Perspektiven einer möglichst umfassenden sektorübergreifenden Zusammenarbeit und eines integrativen Datenaustauschs zu berücksichtigen. Zudem müssen die Datenschutzgrundverordnung und die spezifischen IT-Themen mit Anbindung an das Krankenhausinformationssystem beachtet werden.
Dtsch Arztebl 2021; 118(14): [2]
Der Autor:
Detlef Odendahl
Prokurist
Geschäftsbereichsleiter Recht & Personal, Klinische Funktionen
Klinikum Leverkusen gGmbH
51375 Leverkusen
Mitglied im Initiativkreis neue Personalarbeit in Krankenhäusern
(InPaK)