Ziel des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) ist, Voraussetzungen dafür zu schaffen, Arbeit gesundheitsförderlich zu gestalten. Dipl.-Verw. Martin Michel, Referat Personal der St. Franziskus-Stiftung Münster, erläutert exklusiv auf aerztestellen.de, worauf Chef- und Oberärzte in der Praxis achten sollten, wenn sie ein BGM einführen wollen.
1. Finden Sie Mitstreiter
Am Anfang jeglichen Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) gilt es Mitstreiter zu finden, die das Thema in den Köpfen aller Beteiligten verankern. Die Klinikleitung muss voll und ganz zum BGM stehen und dieses auch einführen wollen. Mitarbeitende merken relativ schnell, dass der hingestellte Obstkorb kein BGM ist, sondern nur eine Alibifunktion hat.
Beim Betrieblichen Gesundheitsmanagement geht es um das Entwickeln und Lenken betrieblicher Strukturen und Prozesse, um Arbeit, Organisation und Verhalten am Arbeitsplatz gesundheitsförderlich zu gestalten. BGM soll den Beschäftigten und dem Unternehmen gleichermaßen zugutekommen. Es ist somit wesentlich umfassender und weitgehender als die Betriebliche Gesundheitsförderung. Vielfach bieten Kliniken Maßnahmen zu Betrieblichen Gesundheitsförderung an, wie Bewegungs-, Entspannungs- oder Ernährungskurse. Doch ist das noch längst kein Betriebliches Gesundheitsmanagement.
2. Schaffen Sie Strukturen
Betriebliches Gesundheitsmanagement nimmt den Mitarbeitenden als Ganzes in den Fokus sowie die Rahmenbedingungen, unter denen er arbeitet. Wer ein BGM aufbauen will, muss Strukturen schaffen, die das BGM wachsen lassen.
Ratsam ist, einen Gesundheitszirkel zu bilden, der besetzt ist mit dem Betriebsarzt, der Personalvertretung, der Personalabteilung und weiteren Akteuren, die dieses Thema betrifft. Teilweise übernehmen auch die Ausschüsse für Arbeitssicherheit diese Aufgabe.
3. Ermitteln Sie konkrete Handlungsfelder
Anschließend ermittelt der Gesundheitszirkel, beispielsweise in Befragungen und Workshops, die Probleme in der Klinik. Meist sind diese schon länger bekannt und kommen durch diese Maßnahmen deutlicher zur Geltung.
Darüber hinaus ist der Gesundheitszirkel beim Gestalten, Lenken und Entwickeln betrieblicher Strukturen und Prozesse zu beteiligen, gerade beim Planen betrieblicher Ablaufprozesse, beim Bau neuer Einrichtungsteile oder bei Reorganisationsprozessen. Dadurch wird der Handlungsdruck etwas zu tun immer stärker. Denn das Thema BGM ist oft nicht in den Köpfen der Verantwortlichen und wird in vielen Projekten somit auch nicht konsequent mitgedacht. Das wiederum verbessert nicht gerade die Rahmenbedingungen für die Mitarbeitenden.
4. Richten Sie Maßnahmen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen aus
Sind die Strukturen und Rahmenbedingungen verbessert, geht es darum, die Arbeitsfähigkeit des Mitarbeitenden zu erhalten und zu verbessern. Sinnvoll ist, Maßnahmen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen auszurichten, die dem Ganzen eine Struktur geben. Dazu bietet sich das Haus der Arbeitsfähigkeit nach Prof. Juhani Ilmarinen an, der dieses Haus in vier Stockwerke einteilt:
1. Stock: Gesundheit und Leistungsfähigkeit
2. Stock: Kompetenz (Kenntnisse und Fähigkeiten)
3. Stock: Werte (Einstellungen und Motive)
4. Stock: Führung/Management, soziales Arbeitsumfeld, Arbeitsorganisation
Vielfach verstehen die Verantwortlichen BGM als Verbesserung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit (1. Stock). Doch permanente Neuregelungen und Reorganisationsprozesse als auch wachsende Anforderungen im Qualitätsmanagement und teilweise skurrile Dokumentationspflichten machen es erforderlich, auch auf den anderen Ebenen oder Stockwerken Maßnahmen zu ergreifen. Betriebliches Gesundheitsmanagement ist ein Prozess, der niemals endet. BGM sollte bei allen Aktionen, die auch Mitarbeitende betreffen, mitgedacht und durch Maßnahmen positiv unterstützt werden.
Reorganisationsprozesse beispielsweise erfordern mitunter andere Kompetenzen (2. Stock). Werte verändern sich, sollen aber Halt und Sicherheit in der Klinik geben (3. Stock). Auch Anforderungen an Führung und Management verändern sich (4. Stock). Dabei denken nur wenige Verantwortliche daran, dass für diese Prozesse auch Maßnahmen des BGM nötig sind. Denn wenn ein Mitarbeitender nicht genügend auf neue Aufgaben vorbereitet wird, gerät er unter Stress. Dauerhaft kann das zu physischen als auch psychischen Erkrankungen führen.
5. Überprüfen Sie den Nutzen der Maßnahmen
Maßnahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements werden natürlich immer auch unter dem Blickwinkel von Kosten und Nutzen diskutiert. In der Regel lassen sich die Kosten einzelner Maßnahmen gut beziffern. Schwieriger wird es, den konkreten Nutzen zu bewerten. Verständlich ist, dass gerade die kaufmännische Geschäftsführung daran interessiert ist.
Der Nutzen von BGM-Maßnahmen zeigt sich oft erst zeitversetzt nach zwei bis drei Jahren. Verschiedene Untersuchungen haben bereits bestätigt, dass sich Investitionen in das BGM auch rechnen. Ein persönliches Messinstrument bietet darüber hinaus der sogenannte Work Ability Index (WAI) nach Ilmarinen. Dieser Index ermittelt sich aus einem Fragebogen, den man in zeitlichen Abständen erhebt und bewertet, um gesundheitliche Fortschritte oder Verbesserungen zu messen. Ausgehend vom WAI können die Verantwortlichen dann wieder konkrete Maßnahmen einleiten, um die Arbeitsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern.