
Jährlich kommt es zu vielen Todesfällen in Krankenhäusern. Aber macht es einen Unterschied, ob Personen von Ärztinnen oder von Ärzten behandelt werden? Laut einer aktuellen Studie lautet die Antwort ja – die Sterblichkeitsrate ist geringer, wenn eine Ärztin Patientinnen behandelt hat.
Im Jahr 2022 kam es allein in deutschen Krankenhäusern bei mehr als 17 Millionen behandelten Patientinnen und Patienten zu insgesamt 457.743 Todesfällen (statistisches Bundesamt). Laut einer japanischen Studie, veröffentlich im Annals of Internal Medicine, macht es einen Unterschied, ob ältere Patientinnen von einer Ärztin oder einem Arzt behandelt wurden. Denn das habe bei manchen Erkrankungen Auswirkungen auf die Sterblichkeitsrate.
Niedrigere Sterblichkeitsrate
Für die Studie untersuchten die Forscher Daten von mehr als 700.000 Patientinnen und Patienten, die 65 Jahre oder älter und im Zeitraum von 2016 bis 2019 im Krankenhaus waren. Insgesamt waren es 458.000 Patientinnen und 319.000 Patienten. Etwa 31 Prozent der Frauen und 30 Prozent der Männer wurden von Ärztinnen behandelt.
Die spannenden Ergebnisse: Frauen, die von Ärztinnen behandelt wurden, hatten 30 Tage nach der Einlieferung ins Krankenhaus eine etwas geringere Sterblichkeitsrate (8,15 Prozent) als diejenigen, die von Männern behandelt wurden (8,38 Prozent). Darüber hinaus mussten sie seltener für eine weitere Behandlung erneut ins Krankenhaus. Bei Männern gab es kaum einen Unterschied, ob sie von Ärztinnen oder von Ärzten behandelt wurden (10,15 Prozent vs. 10,23 Prozent). Die Wiederaufnahmeraten ähneln bei Patienten denen der Patientinnen.
Bessere Ergebnisse bei Ärztinnen: 3 Gründe
Die Geschlechterunterschiede machen sich eher auf der Ebene der Erkrankungen bemerkbar. Denn Patientinnen mit Nervensystemerkrankungen oder Nieren- und Harnwegserkrankungen profitieren signifikant von der Behandlung durch eine Ärztin.
In der Studie werden drei mögliche Gründe für den beobachteten, geschlechterspezifischen Unterschied genannt:
- Unterschätzter Schweregrad der Erkrankung
Ärzte könnten laut Studie bei Patientinnen eher unterschätzen, wie schwer deren Erkrankung wirklich sei. Das hätten bereits frühere Forschungen zu gastrointestinalen und kardiovaskulären Symptomen sowie zum Schlaganfallrisiko von Patientinnen gezeigt. Diese Einschätzungen könnten zu einer verzögerten oder unvollständigen Versorgung führen. Außerdem sei es ein generelles Problem, dass Frauen in Krankheitsstudien oft unterrepräsentiert seien und dadurch geschlechterspezifische Unterschiede der Symptome wie beispielsweise bei einem Herzinfarkt weniger bekannt seien.
- Ärztinnen kommunizieren effektiver
Eine weitere Vermutung der Forscher ist, dass Ärztinnen in ihrer Kommunikation mit Patientinnen und Patienten effektiver seien und sich stärker auf sie fokussieren als ihre männlichen Kollegen. Die Ergebnisse einer Leipziger Studie von 2014 unterstützt diese These. Denn sie fand heraus, dass krebskranke Menschen zufriedener sind, wenn die Kommunikation gut ist. Dies war bei Ärztinnen häufiger der Fall.
- Patientinnen vertrauen sich eher Ärztinnen an
Erkrankungen wie Demenz und Inkontinenz sind immer noch schambehaftete Themen, über die Betroffene ungern sprechen möchten. Die letzte These der Studie ist, dass Ärztinnen bei solchen Themen sensibler und feinfühliger sein könnten und sich Patientinnen ihnen gegenüber eher öffnen, als es bei Ärzten der Fall ist.
Mehr geschlechtersensible Forschung nötig
Auch wenn die Unterschiede auf den ersten Blick nicht besonders groß erscheinen, unterstreichen sie jedoch einen wichtigen Punkt: Geschlechtersensible Medizin ist ein Gebiet, in dem mehr Forschungsarbeit nötig ist. Auch die Geschlechtervielfalt in der Ärzteschaft sollte laut der Studie weiter verbessert werden.
Quelle: Atsushi Miyawaki, MD, PhD et.al.: Comparison of Hospital Mortality and Readmission Rates by Physician and Patient Sex (DOI: 10.7326/M23-3163)