
Alle reden vom Klima und von der Notwendigkeit, mehr Nachhaltigkeit in unser Leben zu bringen. Das Gesundheitswesen hat einen hohen Anteil an den weltweiten Emissionen und muss sich daher auch Gedanken machen, seinen Beitrag zu leisten. In vielen Krankenhäuser gibt es inzwischen Arbeitsgruppen und Initiativen, die das Thema weiter voranbringen sollen, denn wenn wir das Ruder noch herumreißen wollen, muss an wirklich jeder Stellschraube gedreht werden – und dazu gehört auch das Recruiting.
Green Recruiting ist das Konzept, mit dem sich die Verantwortlichen befassen sollten. Der Begriff umfasst alle nachhaltigen Praktiken in den Einstellungsprozessen. Dabei geht es nicht nur darum, Umweltbewusstsein bei der Rekrutierung zu fördern, sondern auch ein ganzheitlich nachhaltiges Arbeitgeberimage aufzubauen. Von der Reduktion von Papierverbrauch über den Einsatz energieeffizienter Technologien bis hin zu ökologisch nachhaltigen Benefits für Mitarbeitende umfasst Green Recruiting verschiedene Ansätze, um sowohl ökologische als auch soziale Verantwortung zu übernehmen.
Für Krankenhäuser, die oft einen hohen Energie- und Ressourcenverbrauch haben, ist Green Recruiting besonders relevant. Es unterstützt nicht nur die Umweltziele der Einrichtung, sondern spricht auch gezielt Bewerberinnen und Bewerber an, denen Nachhaltigkeit am Herzen liegt. Immer mehr Fachkräfte, insbesondere jüngere Generationen, erwarten von ihren Arbeitgebern nachhaltiges Handeln und eine werteorientierte Unternehmenskultur.
Der Gesundheitssektor steht vor erheblichen Herausforderungen, wenn es um den Fachkräftemangel geht. Kliniken kämpfen zunehmend um qualifiziertes Personal, das betrifft besonders Pflegekräfte und Ärztinnen und Ärzte. In diesem Wettbewerb spielt das Employer Branding eine entscheidende Rolle – und genau hier kann Green Recruiting einen deutlichen Vorteil bieten.
Green Recruiting im Krankenhaus umsetzen
Nachhaltigkeit ist längst kein Randthema mehr. Es hat sich zu einem wichtigen Entscheidungskriterium für Bewerberinnen und Bewerber entwickelt, insbesondere für Millennials und die Generation Z. Ein Krankenhaus, das sich durch Green Recruiting als umweltbewusster und zukunftsorientierter Arbeitgeber positioniert, kann sich darüber von der Konkurrenz abheben und Fachkräfte anziehen. Zusätzlich stärkt Green Recruiting die Reputation eines Krankenhauses in der Öffentlichkeit. Patientinnen, Patienten, Angehörige und das medizinische Personal legen immer mehr Wert auf Umweltschutz und soziale Verantwortung. Krankenhäuser, die diesen Trend aufgreifen und konsequent umsetzen, können nicht nur ihr Image verbessern, sondern auch das Vertrauen der Patientinnen und Patienten gewinnen.
Die Implementierung von Green Recruiting funktioniert nicht ohne vorherige strategische Planung. Doch die gute Nachricht: Sie kann jedoch mit relativ einfachen Schritten begonnen werden. Wichtig ist es, dass die Maßnahmen authentisch und durchdacht sind, denn Nachhaltigkeit sollte sich durch den gesamten Rekrutierungsprozess ziehen und nicht nur als PR-Maßnahme verstanden werden.
Praxisnahe Ansätze für die Umsetzung von Green Recruiting:
- Digitalisierung der Bewerbungsprozesse: Der wohl offensichtlichste Schritt ist die Umstellung auf digitale Bewerbungsprozesse. Statt gedruckter Bewerbungsunterlagen und massenweise Papierverbrauch können Krankenhäuser vollständig auf Online-Bewerbungen umstellen. Ein Beispiel hierfür ist das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf: Hier wird ein Recruiting-Tool verwendet, das einen vollkommen digital gestalteten Bewerbungsprozess ermöglicht. Bewerbende können jederzeit eine Online- oder Emailbewerbung senden. Durch die Möglichkeit, rund um die Uhr digital auf die Bewerbungsunterlagen zuzugreifen, ist kein Ausdruck auf Papier mehr notwendig. Solche Maßnahmen schonen nicht nur Ressourcen, sondern vermeiden auch die Produktion von Müll. In der Folge spart die Klinik nicht nur Papier und Druckkosten, sondern auch den Energieverbrauch für Transport und Lagerung der Dokumente.
- Nachhaltige Kommunikation mit Bewerbenden: Nachhaltigkeit kann sich auch in der Kommunikation selbst zeigen. Die gesamte Korrespondenz – von der Einladung zum Vorstellungsgespräch bis hin zu Absagen – sollte papierlos per E-Mail oder über digitale Plattformen erfolgen. Auch Vorstellungsgespräche können teilweise oder vollständig digital durchgeführt werden, um Reiseemissionen zu reduzieren. Die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie haben gezeigt, dass Video-Interviews effizient und ressourcenschonend funktionieren.
- Nachhaltige Benefits und Arbeitsbedingungen: Ein weiterer Baustein des Green Recruitings ist das Angebot nachhaltiger Benefits. Krankenhäuser können Anreize wie Fahrrad-Leasing, Zuschüsse zu öffentlichen Verkehrsmitteln oder die Bereitstellung von Ladestationen für E-Fahrzeuge anbieten. Auch eine betriebliche Gesundheitsförderung, die auf Nachhaltigkeit setzt, wie die Förderung von pflanzenbasierter Ernährung in der Krankenhauskantine oder Sportangebote, die den ökologischen Fußabdruck reduzieren, können Teil eines Nachhaltigkeitskonzepts im Recruiting sein.
- Attraktives Employer Branding durch Nachhaltigkeit: Nach dem Motto „Trommeln gehört zum Handwerk“ sollten Krankenhäuser ihre nachhaltigen Praktiken einerseits klar, andererseits aber auch laut und sichtbar kommunizieren, um potenzielle Bewerberinnen und Bewerber gezielt anzusprechen. Dazu gehört etwa die transparente Darstellung der Umweltziele des Krankenhauses, die Einbindung von Nachhaltigkeit in die Unternehmenskultur und die Offenheit, mit der nachhaltige Initiativen umgesetzt werden. Hierbei helfen gezielte Marketingmaßnahmen wie Beiträge auf der Website, in sozialen Netzwerken oder Beiträge in speziellen Karriereseiten, die das Krankenhaus als umweltbewussten Arbeitgeber positionieren.
- Nachhaltige Recruiting-Events: Auch Veranstaltungen wie Karrieremessen können nachhaltig gestaltet werden. Damit können sie sich als umweltbewusste Arbeitgeber präsentieren, beispielsweise indem sie auf Einwegprodukte verzichten, umweltfreundliche Werbematerialien verwenden oder die Veranstaltung klimaneutral ausrichten. Auch digitale Karrieremessen oder Webinare bieten sich als ressourcenschonende Alternative zu traditionellen Präsenzveranstaltungen an.
Ist Green Recruiting leicht umsetzbar?
Die Umsetzung von Green Recruiting in Krankenhäusern ist grundsätzlich machbar und erfordert nicht unbedingt erhebliche finanzielle oder technische Investitionen. Ein großer Teil der Maßnahmen, wie die Digitalisierung von Prozessen oder die papierlose Kommunikation, kann relativ einfach und kostengünstig umgesetzt werden. Wichtiger ist, dass die Maßnahmen glaubwürdig und langfristig angelegt sind. Green Recruiting ist kein kurzfristiger Trend, sondern sollte Teil einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie sein, die das gesamte Krankenhaus umfasst.
Einige Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf die kulturelle Veränderung innerhalb des Krankenhauses, können jedoch bestehen. Nachhaltige Arbeitsweisen müssen von der gesamten Belegschaft getragen werden, und dies erfordert eine offene Kommunikation und das Engagement der Führungsebene. Schulungen und Workshops zu Themen wie nachhaltigem Personalmanagement oder der Nutzung umweltfreundlicher Technologien können helfen, das Personal auf diese Reise mitzunehmen.
Fazit: Green Recruiting als Zukunftsstrategie im Gesundheitswesen
In einer Zeit, in der der Fachkräftemangel im Gesundheitssektor immer drängender wird, bietet Green Recruiting eine vielversprechende Möglichkeit für Krankenhäuser, sich als attraktive Arbeitgeber zu positionieren. Nachhaltigkeit spielt eine immer größere Rolle in der Berufswahl vieler Menschen, insbesondere bei den jüngeren Generationen. Durch die Integration von umweltbewussten und sozialverantwortlichen Praktiken in den Einstellungsprozess können Krankenhäuser nicht nur ihr Employer Branding stärken, sondern auch einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz leisten.
Die Umstellung auf Green Recruiting erfordert keine tiefgreifenden strukturellen Veränderungen, sondern kann schrittweise und mit relativ geringem Aufwand umgesetzt werden. Krankenhäuser, die diese Chance nutzen, positionieren sich nicht nur als Vorreiter im Bereich der Nachhaltigkeit, sondern tragen auch dazu bei, dass die Gesundheitsversorgung umweltfreundlicher und zukunftsfähiger gestaltet wird.
Das Universitätsklinikum Leipzig (UKL) tut viel für den Klimaschutz und für mehr Nachhaltigkeit. Wie das Klinikum dieses Engagement im Green Recruiting umsetzt und nutzt, um sich für Bewerbende als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren, berichtet Dr. Thomas Hurlebaus, Personalchef, Universitätsklinikum Leipzig, im Interview.
Sie engagieren sich sehr für Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Haben Sie das auch in Ihre Bewerbungsprozesse integriert?
Dr. Thomas Hurlebaus: Ja, am UKL engagieren wir uns stark für Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Wir haben verschiedene Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass unsere Rekrutierung nicht nur umweltbewusst ist, sondern auch unsere Werte widerspiegelt. Dazu gehört beispielsweise der Verzicht auf papierbasierte Bewerbungen und die Förderung weitere Digitalisierungsmaßnahmen im gesamten Recruiting-Prozess z.B. virtuelle Erstgespräche mit Bewerberinnen und Bewerbern, die den CO2-Ausstoß reduzieren und gleichzeitig den Bewerbungsprozess erleichtern.
Sie fördern umweltschonendes Mobilitätsverhalten, eine gesündere und nachhaltigere Ernährung u.v.m. in Bezug auf ihre Mitarbeitenden. Merken Sie auch, dass das Bewerberinnen und Bewerbern gut ankommt?
Dr. Thomas Hurlebaus: Wir haben festgestellt, dass unsere nachhaltigen Mobilitätsansätze (JobTicket und Dienstradleasing) bei Bewerberinnen und Bewerbern sehr gut ankommen. Insbesondere jüngere Generationen legen großen Wert auf die Umweltfreundlichkeit ihres potenziellen Arbeitgebers, was uns motiviert, weiterhin innovative Lösungen zu entwickeln, die sowohl ökologisch als auch attraktiv für Talente sind.
Wie kommunizieren Sie Ihr Engagement nach außen, um Ihr Employer Branding zu stärken?
Dr. Thomas Hurlebaus: Um unser Engagement nach außen zu kommunizieren und unser Employer Branding zu stärken, betonen wir unsere vielfältigen Vorteile in unseren Stellenausschreibungen und berichten wir umfangreich auf unserer Homepage, durch Pressearbeit, in unserer Zeitschrift oder auf Social Media über unsere Aktivitäten mit dem Ziel eines „grünen Krankenhauses“, um unsere Initiativen sichtbar zu machen.
Welche Herausforderungen gibt es bei der Umsetzung von Green Recruiting in einem Krankenhaus?
Dr. Thomas Hurlebaus: Als Universitätsklinikum verfügen wir über begrenzte Mittel, was die Beschaffung und Implementierung nachhaltiger Maßnahmen erschwert. Zudem sind strenge Richtlinien oft mit hohem Aufwand verbunden, und die Balance zwischen ökologischen und ökonomischen Faktoren macht die Suche nach geeigneten Lieferanten für nachhaltige Produkte herausfordernd. Trotz dieser Hürden bietet Green Recruiting die Möglichkeit, umweltbewusste Talente zu gewinnen, die sich mit den Werten unseres Hauses identifizieren.
Wie sehen Sie die Zukunft von Green Recruiting im Krankenhaus, und was sind Ihre nächsten Schritte?
Dr. Thomas Hurlebaus: Insgesamt sehen wir die Integration von Nachhaltigkeit in den Rekrutierungsprozess als einen wichtigen Schritt in die Zukunft. Wir sind überzeugt, dass Green Recruiting nicht nur zur Reduzierung unseres ökologischen Fußabdrucks beiträgt, sondern auch unsere Position als attraktiver Arbeitgeber stärkt.