Wohin sollte ich mich eher bewerben? Auf eine Stelle in einem kommunalen Haus, einer Uniklinik oder einem Krankenhauskonzern? Und worin unterscheiden sich öffentlich-rechtliche und private Träger als Arbeitgeber eigentlich? Tarifexperte Christian Twardy vom Marburger Bund gibt Auskunft.
Zwar werden immer mehr Krankenhäuser privatisiert, dennoch befindet sich die Mehrzahl nach wie vor in öffentlicher Hand. Und so arbeiten bis heute auch die meisten deutschen Ärztinnen und Ärzte im Dienst von Ländern, Bund & Co. Rund 54.000 sind es an kommunalen Kliniken, mehr als 20.000 an den Uniklinken. Doch gelten hier auch die „üblichen“ Pluspunkte des öffentlichen Dienstes, wie sicherer Job und transparentes, sich automatisch erhöhendes Gehalt? „Das sind alles Vorteile, die Sie angesichts der starken Nachfrage inzwischen ebenfalls bei privaten Trägern finden“, sagt Christian Twardy, Referatsleiter Tarifpolitik des Marburger Bundes (MB).
Denn ob eine Klinik – egal in welcher Trägerschaft – geschlossen werden darf oder nicht, richtet sich nach den Vorgaben des Krankenhausplans, der die Versorgung der Bevölkerung sichert. Auch 30 Tage Urlaub sind größtenteils üblich. Und in puncto Gehalt gilt: Inzwischen bezahlt das Gros der privaten Träger ebenfalls nach den arztspezifischen Tarifverträgen des MB. Daher sind die Verträge, auch was die Gehälter betrifft, im Wesentlichen vergleichbar. Im Detail existieren aber schon einige Unterschiede.
Was gehört zum öffentlichen Dienst?
Zum öffentlichen Dienst gehören
- kommunale Krankenhäuser
- Unikliniken
- Gesundheitsämter
- Bundeswehr-Krankenhäuser
- Reha-Kliniken
- die berufsgenossenschaftlichen Krankenhäuser
- teilweise der Rettungsdienst
- einige Medizinische Versorgungszentren.
Ein weiteres wichtiges Betätigungsfeld für Ärzte bieten die medizinischen Dienste der Krankenversicherungen, deren Arbeits- und Entgeltbedingungen sehr attraktiv sind.
Interessant wird es insbesondere in der Tiefe der Tariftabelle. Die vier Entgeltgruppen – Arzt in Weiterbildung, Facharzt, Oberarzt und leitender Oberarzt – sind festgezurrt. Aber innerhalb dieser kann es etwas Spielraum geben und zwar bei den einzelnen Stufen, die die Berufserfahrung berücksichtigen. Zum einen kann deren Anzahl variieren, zum anderen sollte geschaut werden, ob und was hier angerechnet wird. Twardy erklärt dazu: „Wer sich beispielsweise als Facharzt von einer Uniklinik zu einer Oberarztstelle bei einem anderen Träger wegbewirbt, sollte darauf achten, ob etwaige anrechenbare Vorbeschäftigungszeiten für die Stufenlaufzeit oder -zuordnung in die neue Entgeltgruppe 3 einfließen oder nicht.“ Gerade angesichts der starken Nachfrage könnten Ärzte hier eine höhere Einstufung erreichen, die nach dem Tarifwortlaut nicht unbedingt gegeben wäre, führt der Experte aus. Daher kann sich bei der Vertragsverhandlung durchaus der genaue Blick lohnen, wo genau man in der Tabelle denn landen würde. Darüber hinaus gilt: Zwar hat der öffentliche Dienst klare Vorgaben, die willkürliche Eingruppierungen verhindern, dennoch gibt es auch hier unter Umständen die Möglichkeit Zulagen zu verhandeln.
Familie, Chancengleichheit, Sabbatjahr?
Und was ist bei der Vereinbarkeit von Familie und Job, der Frauenförderung und den Möglichkeiten ein Sabbatjahr zu machen? Schließlich gelten Arbeitgeber der allgemeinen Daseinsvorsorge in diesen Punkten als vorbildlich. Doch auf Ärzte trifft dies leider nicht zu. „Öffentliche wie private Träger versuchen vielfach, eine Kinderbetreuung sicherzustellen, aber das passt eben nicht zu den realen Arbeitszeiten“, so Twardy und ergänzt: „Wie gut das klappt, hängt weniger von der Trägerschaft ab, sondern wieviel Kreativität und Problembewusstsein bei der Geschäftsführung vorhanden ist.“
Auch was die Frauenförderung anbelangt, kennt er kaum Best-Practice-Beispiele: „Wenn man sich das Geschlechterverhältnis bei den Chefärzten anschaut, ist das doch relativ eindeutig“, betont der Tarifexperte.
Ein Sabbatjahr wiederum ist in der Praxis für Ärzte bislang eine eher teure Angelegenheit. „Wer früh in seiner Karriere Arbeitsstunden auf einem Zeitkonto sammelt, gibt seinem Arbeitgeber damit zum einen, überspitzt gesagt, ein zinsloses Darlehen. Zum anderen verdienen Ärzte beim Durchlaufen der normalen Karriere relativ schnell mehr und bekommen im Sabbatjahr durch diese ‚alten‘ Stunden irgendwann nur fast das halbe Gehalt“, führt er aus. Auch dafür braucht es also neue Regelungen. Denn vor allem der Nachwuchs wünscht sich verstärkt diese Auszeit, unter anderem in Kombination mit Elternzeit.
Bessere Rente?
Ebenso en detail kann sich der Blick auf weitere „Goodies“ lohnen. Beispiel: eine zusätzliche Altersversorgung. Diese gibt es grundsätzlich bei öffentlichen Trägern. Und bei entsprechend langfristiger Teilhabe ermöglicht sie angestellten Medizinern auch eine wirklich interessante Zusatzversorgung. Die privaten können ebenfalls weitere Modelle anbieten, die über gesetzliche Vorgaben hinausgehen, müssen dies aber nicht. Hat ein privater Träger ein kommunales Krankenhaus übernommen, ist er allerdings in aller Regel verpflichtet, die „alte“ zusätzliche Altersversorgung weiterzuführen. Ob das ebenfalls für neue Beschäftigte gilt, richtet sich nach den konkreten Umständen. Allerdings gibt es hier auch bei den öffentlichen Einrichtungen kleine feine Unterschiede. Meist müssen die Arbeitnehmer einen eigenen Anteil dazu leisten, manchmal jedoch nicht. So werben einige Arbeitgeber damit, dass diese zu 100 Prozent finanziert wird.
Und was den Rest betrifft, so empfiehlt es sich ebenfalls, die Vorteile der jeweiligen Adressen zu vergleichen, egal ob sie in privater oder öffentlicher Hand sind. Denn die einzelnen Häuser preisen sich häufig mit weiteren Pluspunkten an, wie diversen Mitarbeiterrabatten – von günstiger Klinikapotheke bis zum Zuschuss fürs Fitnessstudio – oder gleich einem ganzen Bündel an Vorteilen. So lockt das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) mit überdurchschnittlichen Leistungen: "Unsere Tarifverträge liegen über dem, was im öffentlichen Dienst und für große Klinikverbände vereinbart ist. So beinhalten unsere Tarifverträge nicht nur Entgelte, sondern auch zusätzliche Leistungen wie beispielsweise eine betriebliche Altersvorsorge ohne Eigenanteil, Zusatzentgelte bei Springer-Tätigkeiten oder Zusatzqualifikationen. Für Ärztinnen und Ärzte gibt es flexible Arbeitszeitmodelle ohne Bereitschaftsdienste", erklärt Joachim Prölß, Personalvorstand und Direktor für Patienten- und Pflegemanagement.
Breites Spektrum oder Spitzenmedizin
Einige ganz klare Vorteile sieht der Verbandsvertreter für „öffentliche Dienstler“ aber doch: „Die sprichwörtliche Klinik auf dem Dorf bietet, wenn sie nicht zu klein ist, einen sehr vielseitigen Arbeitsplatz. Je grundständiger das Krankenhaus, umso wahrscheinlicher ist, dass Sie ein breites Spektrum an Behandlungs- und Eingriffsmöglichkeiten kennenlernen“, erläutert Twardy. Bei den Unikliniken bekommt man wiederum die Möglichkeit zu forschen und sich auf internationalem Niveau zu spezialisieren, gerade was die Behandlung seltener Krankheiten oder das Erlernen ganz neuartiger Operationstechniken anbelangt. Zudem werden in bestimmten universitären Nischen, in denen Innovationskraft gefragt ist, besonders über dem Durchschnitt liegende Leistungen extra gefördert und honoriert. Auf der anderen Seite gibt es aber gerade dort auch relativ viele befristete Stellen.
Eine große Nachfrage, auch aufgrund Corona, besteht derzeit übrigens auf den Gesundheitsämtern. Dort sollen wegen der Pandemie bis Ende 2021 mindestens 1.500 neue Stellen für Ärzte geschaffen werden – und bis Ende 2022 noch mehr. Allerdings hinkt die Bezahlung mit teilweise bis zu monatlich 1.500 Euro noch deutlich hinter dem her, was an den Krankenhäusern gezahlt wird. Dies soll angeglichen werden, ist aber derzeit noch in der Schwebe.