
Über wichtige Erfahrungen, gewonnene Einsichten und ausgefallene Wünsche spricht aerztestellen.de mit erfolgreichen Ärztinnen und Ärzten. Dieses Mal stellt sich Dr. med. Maike Manz unseren Fragen. Seit dem 1. April leitet sie die Geburtshilfe am Klinikum Darmstadt.
Warum eigentlich sind Sie Gynäkologin geworden?
Dr. Maike Manz: Etwa zwei Jahre vor dem Abitur wusste ich, dass ich in die Geburtshilfe will. Ich konnte mich zunächst nicht zwischen dem Beruf der Hebamme und dem der Ärztin entscheiden und habe mich daher auf beide Ausbildungswege beworben. Das Schicksal wollte es, dass ich zunächst einen Ausbildungsplatz zur Hebamme an der Universitäts-Frauenklinik Tübingen erhielt und zeitlich direkt an die Ausbildung anschließend einen Medizin-Studienplatz an der Universität in Frankfurt/Main. Ich habe das als Wink des Himmels und Aufforderung gesehen: Wenn es gelingt, aus dem Entweder-oder ein Sowohl-als-auch zu machen, dann soll es wohl so sein. Also habe ich parallel als angestellte und freiberufliche Hebamme gearbeitet und gleichzeitig Medizin studiert. Nach dem Studium ein anderes Fachgebiet als die Frauenheilkunde mit Schwerpunkt Spezieller Geburtshilfe zu wählen, kam natürlich nicht in Frage. Und ja, es hat geklappt: ich bin Hebamme und Ärztin. Wenn ich nach meinem Beruf gefragt werde, sage ich immer, dass ich Geburtshelferin bin.
Was ist für Sie unabdingbar, damit Sie gut arbeiten können?
Dr. Maike Manz: Unabdingbar ist für mich erstens ein höchstes und immer absolut ehrliches Maß an eigener Fachkompetenz, also zu wissen, was man kann und was man nicht kann. Zweitens eine aufrichtige Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen aller Fachbereiche und Professionen, man sollte sich also nie größer machen als man ist, aber auch nicht kleiner. Drittens muss medizinische Arbeit immer dem ärztlichen Gewissen verpflichtet bleiben. Schließlich ein freundliches Hallo von und für jeden Menschen in der Klinik und Demut vor dem Leben.
Wie lautet der beste Rat, den Sie auf Ihrem Karriereweg bekommen haben?
Dr. Maike Manz: Du kannst herausragende Ergebnisse erreichen, wenn Du Dich mehr kümmerst, als andere es für richtig halten, Du mehr riskierst, als andere für sicher halten, Du mehr erträumst, als andere für praktisch halten, Du mehr erwartest, als andere für möglich halten.
Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?
Dr. Maike Manz: Ich schätze Ehrlichkeit, Bescheidenheit, ohne sich dabei klein zu machen, und wenn jemand seinen Beruf mit Begeisterung ausübt.
Was treibt Sie an?
Dr. Maike Manz: Gute Geburtshilfe für alle Frauen, Kinder und Familien in Deutschland zu erreichen.
Mit wem würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?
Dr. Maike Manz: Teodor Currentzis – er ist als Dirigent, soweit ich das beurteilen kann, genau solch ein Qualitätsneurotiker wie ich als Geburtshelferin. Er geht dabei unübliche Wege. Wer verlangt zum Beispiel schon von seinen Orchester-Musikern, im Stehen zu spielen? Aber Kleineres als maximale Qualität wird der Sache nicht gerecht, hier der Verantwortung fürs Gebären und Geborenwerden, dort der Musik. Seine Fassung von Dies irae aus dem Mozartrequiem zum Beispiel ist fantastisch!
Was raten Sie jungen Ärztinnen und Ärzten?
Dr. Maike Manz: Lernen Sie Ihr Handwerk und bleiben Sie kritisch und unbestechlich. Lassen Sie sich nicht von dem ärztlichen Grundsatz „Nil nocere“ abbringen. Und sagen Sie nie: „Jetzt ist es 16.30 Uhr und damit Feierabend, ich gehe nach Hause“, wenn eine Patientin noch Ihre Hilfe braucht oder Arbeit liegen geblieben ist, für die die- oder derjenige, der Sie ablöst, auch keine Zeit hat.
Wie gelingt Ihnen eine gesunde Work-Life-Balance?
Dr. Maike Manz: Ich mag diesen Begriff nicht, weil er in den letzten Jahren manchmal zur weichgespülten Rechtfertigung dafür verkommen ist, nicht mehr gewissenhaft arbeiten zu müssen. Ich würde es eher so sagen: Ich vergegenwärtige mir schöne Augenblicke, egal ob in der Arbeit oder außerhalb. Eine schöne Geburt, ein freundliches Wort eines Kollegen, eine Joggingrunde an einem Sommermorgen oder ein Moment mit Sonnenstrahl auf der Nasenspitze, all dies sind kleine Schätze, die glücklich machen.
Woran mangelt es dem deutschen Gesundheitssystem?
Dr. Maike Manz: Die eigentlich sinnvoll gemeinte Einführung des DRG-Systems hat im Laufe der Zeit völlig verkehrte Anreize gesetzt, die korrigiert werden müssen. Mit Medizin sollte kein Geld gemacht werden. Auch Polizei oder Feuerwehr müssen sich nicht selbst finanzieren. Ich plädiere für einen völligen Neuanfang in der Krankenhausfinanzierung. Es gibt viel zu viele kleine Krankenhäuser. Die gleiche Menge Personal und Ausstattung auf weniger, dafür gut ausgerüstete Abteilungen zu verteilen, würde die Versorgung überall besser machen. Nur die Tatsache, dass es irgendwo ein wohnortnahes Krankenhaus gibt, heißt noch lange nicht, dass dort gute und sichere Medizin stattfindet. Gerade in meinem Fach Geburtshilfe sehe ich das leider sehr oft.
Wann sind Sie glücklich?
Dr. Maike Manz: Wenn ich in einzelnen Augenblicken spüre: Es ist gerade alles richtig.