Gleichstellung: Deutschland nur auf Rang zehn in Europa

8 September, 2020 - 07:04
Dr. Sabine Glöser
Europaflagge, davor menschliche Schemen in Regenbogenfarben

Gesetzlich bindende Regeln, die für mehr Geschlechtergleichstellung an der Spitze von Unternehmen sorgen sollen, gibt es in zehn europäischen Ländern. Die wirksamste Regelung hat Norwegen. Deutschland hingegen ist Schlusslicht. Das zumindest ergab eine Analyse des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) der Hans-Böckler-Stiftung.

Für ihre Studie hat das Team um Marion Weckes für alle EU-Länder sowie Großbritannien, Norwegen, Island und die Türkei untersucht, ob es verbindliche Regeln für mehr Geschlechterdiversität in der Führung von Unternehmen gibt und wie stark diese ausgestaltet sind. Für jedes Land haben die Wissenschaftler einen Index-Wert zwischen 0,5 und 5 ermittelt, der sich daran bemisst, wie hoch die Quote ist, in welchem Teil der nationalen Unternehmen und für welche Gremien sie gilt und wie stark die Konsequenzen sind, wenn ein Unternehmen diese missachtet.

Ergebnis: Rechtlich bindende Quoten haben zehn Länder, von denen Norwegen das Ranking mit einem Indexwert von 4,1 anführt. Es folgen Italien auf Rang zwei, dann Portugal, Spanien, Belgien, Frankreich, Island, Österreich und die Niederlande.

Deutschland liegt mit einem Indexwert von 1,85 auf dem zehnten und damit letzten Platz. Zehn weitere Staaten, acht osteuropäische EU-Mitglieder sowie Zypern und Malta, verfolgen dieses Ziel auf politischer Ebene hingegen überhaupt nicht. Elf weitere Staaten belassen es bei rechtlich unverbindlichen Empfehlungen. Darunter sind die Türkei, Rumänien, Polen, Großbritannien, Griechenland, Schweden, Irland oder Dänemark.

Zwar sehe die deutsche Quote, anders als die isländische oder die spanische, Sanktionen bei Missachtung vor, erläutern die Autoren. Doch diese seien „relativ milde“. Abstriche gebe es, weil die deutsche Quote mit 30 Prozent niedriger sei als in anderen Ländern (33 bis 40 Prozent), weil sie nicht für Vorstandsposten gelte und weil sie nur Unternehmen einbeziehe, die zugleich börsennotiert sind und einen paritätisch besetzten Aufsichtsrat haben.

Dtsch Arztebl 2020; 117(37): [4]

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