Prof. Dr. Renkawitz: „Machen Sie die Medizin zu Ihrer Passion“

28 Januar, 2021 - 07:19
Dr. Sabine Glöser
Köpfe und Karriere: Prof. Dr. Tobias Renkawitz
Prof. Dr. Tobias Renkawitz ist seit 15. September 2020 Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Heidelberg.

Über wichtige Erfahrungen, gewonnene Einsichten und ausgefallene Wünsche spricht aerztestellen.de mit erfolgreichen Ärztinnen und Ärzten. Dieses Mal stellt sich Prof. Dr. Tobias Renkawitz unseren Fragen. Er ist seit 15. September 2020 Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Heidelberg.

Herr Professor Renkawitz, warum eigentlich sind Sie Orthopäde geworden?

Prof. Dr. Tobias Renkawitz: Orthopädie ist Bewegung, Dynamik. Die muskuloskelettale Medizin bietet eine unglaublich große Bandbreite. High-Tech-Operationsverfahren prägen mein Fachgebiet genauso wie die konservative Orthopädie, Präventionsmedizin und Rehabilitation – und das Ganze vom Säuglingsalter bis zum lebenserfahrenen Patienten. Darüber hinaus habe ich eine besondere Passion für die Sportmedizin und die Betreuung von Spitzensportlern. Auch das hat meinen Kompass früh auf die Orthopädie ausgerichtet.

Was ist für Sie unabdingbar, damit Sie gut arbeiten können?

Prof. Dr. Tobias Renkawitz: Ein Team, mit dem ich in einem professionellen Umfeld arbeiten kann und die Möglichkeit, ohne Restriktionen meinen Patientinnen und Patienten die besten orthopädischen Versorgungskonzepte anbieten zu können.

Wie lautet der beste Rat, den Sie auf Ihrem Karriereweg bekommen haben?

Prof. Dr. Tobias Renkawitz: In der Chirurgie muss man häufig intraoperativ Situationen neu bewerten. Darauf bereitet man sich vor und bespricht vor der OP im Team auch Alternativen. Ich habe in der Allgemein- und Unfallchirurgie begonnen. Ein erfahrener chirurgischer Oberarzt schloss diese Besprechung immer mit dem Satz „Scheitern ist keine Option!“ Später hat er mir ein Buch mit dem gleichnamigen englischen Titel „Failure is not an option“ von Eugene Francis „Gene“ Kranz, geschenkt. Die Philosophie und der Rat, auch unter schwierigen Bedingungen im Team lösungsorientiert und konzentriert weiterzuarbeiten, leitet mich seitdem. Mir ist es ein großes Anliegen, dies an junge Ärztinnen und Ärzte weiterzugeben.

Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?

Prof. Dr. Tobias Renkawitz: Verbindlichkeit im Umgang und Verlässlichkeit beim Umsetzen gemeinsamer Ziele. Unabhängig davon mag ich Menschen mit einem feinen Humor. Das erleichtert die Zusammenarbeit.

Was treibt Sie an?

Prof. Dr. Tobias Renkawitz: Seit mehr als einer Dekade beschäftige ich mich mit gelenkerhaltenden und gelenkersetzenden Verfahren am Knie- und am Hüftgelenk. Wenn ich daran denke, welche Fortschritte wir in den letzten fünf Jahren durch unsere neuen Operationstechniken allein in diesen beiden Schwerpunktbereichen für unsere Patientinnen und Patienten erreicht haben, empfinde ich das als außerordentlich motivierend. Mich interessiert aber die ganze Bandbreite unseres Fachs. Beispielsweise ist es inzwischen möglich, Kinder mit angeborenen Fehlbildungen oder Patienten nach hoher Querschnittslähmung mit Hilfe komplexer handchirurgischer Operationen wieder eine Greiffunktion zu ermöglichen. Das ist faszinierend. Darüber hinaus ist für mich persönlich die Zusammenarbeit unserer universitären Sportorthopädie mit dem Olympiastützpunkt Rhein-Neckar, der Fußballbundesliga und Nationalmannschaften eine große Freude und Quelle regenerativer Energie.

Mit wem würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?

Prof. Dr. Tobias Renkawitz: Angela Merkel, Jürgen Klopp und Barack Obama – allerdings nicht mit allen dreien gleichzeitig, sondern jeweils einzeln.

Was raten Sie jungen Ärztinnen und Ärzten?

Prof. Dr. Tobias Renkawitz: Drei Dinge. Erstens: Machen Sie die Medizin nicht nur zu Ihrem Beruf, sondern auch zu Ihrer Passion. Zweitens: Suchen Sie sich Lehrer, die nicht nur ihre fachliche Kompetenz, sondern auch ihre Persönlichkeit weiter entwickeln können. Drittens: Beschäftigen Sie sich mit der Evidenzbasierten Medizin. Die Methode ist zwar sicherlich nicht über jeden Zweifel erhaben, aber sie gibt einem ein gutes Gefühl. Denn sie bietet für den Alltag als Ärztin oder Arzt einen Werkzeugkoffer, mit dem es gelingt, den Patientennutzen von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu erkennen und zu quantifizieren.

Wie gelingt Ihnen eine gesunde Work-Life-Balance?

Prof. Dr. Tobias Renkawitz: Erholung finde ich immer beim Sport. Mich faszinieren Ballsportarten und ich bin als gebürtiger Bayer mit dem Mountainbike groß geworden.

Woran mangelt es dem deutschen Gesundheitssystem?

Prof. Dr. Tobias Renkawitz: Die Corona Pandemie hat uns Stärken aber auch Grenzen unseres Gesundheitssystems aufgezeigt. Trotz der sicherlich an vielen Stellen berechtigten Kritik bin ich nach wie vor der Überzeugung, dass wir eines der besten Gesundheitssysteme der Welt haben. Damit dies auch so bleibt, müssen wir den Fokus darauf richten, die menschliche Komponente im System zu fördern. In meinem Fachgebiet bieten die systemimmanenten Erlösmodelle noch immer zu viele Fehlanreize. Andererseits werden sinnvolle Therapiemaßnahmen mit einer fehlgeleiteten Nutzenbewertung falsch interpretiert und reglementiert. Es wäre wichtig, diese Entwicklung zu korrigieren.

Wann sind Sie glücklich?

Prof. Dr. Tobias Renkawitz: Auch wenn es vielleicht stereotypisch klingt: Das größte Glück für mich ist, wenn meine Familie gesund ist und ich meinen Patientinnen und Patienten helfen kann. Glücklich machen mich aber auch Freundschaften, sportliche Erfolge, neue Herausforderungen und ein aktiver Alltag mit Zeit in den Bergen und am Wasser.

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