Frobese: „Lebenslängliche Wissbegierde ist für mich Teil des Arztberufs“

10 November, 2022 - 06:17
Dr. Sabine Glöser
Köpfe und Karriere: Detlef Frobese
Detlef Frobese ist seit 1. Juli 2022 neuer Ärztlicher Direktor der Paracelsus Klinik Bremen.

Über wichtige Erfahrungen, gewonnene Einsichten und ausgefallene Wünsche spricht aerztestellen.de mit erfolgreichen Ärztinnen und Ärzten. Dieses Mal stellt sich Detlef Frobese unseren Fragen. Er ist seit 1. Juli 2022 neuer Ärztlicher Direktor der Paracelsus Klinik Bremen.

Herr Frobese, warum eigentlich sind Sie Orthopäde geworden?

Detlef Frobese: Es hat mich schon immer gereizt, eine Lösung zu finden, etwas zum Laufen zu bringen oder Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Sicherlich macht mich das als Persönlichkeit aus. Perfekt ist für mich, dass ich dieses Faible als Orthopäde mit menschlicher Begegnung verbinden kann. Die Kombination aus Handwerk und menschlichem Umgang hat meine Facharztwahl geprägt. Als Orthopäde kann ich häufig Schlimmeres verhüten, wenn ich rechtzeitig im Boot bin. Dann kann ich sogar vorbeugend agieren und Patienten dauerhaft ihre Mobilität erhalten oder wieder ermöglichen.

Was ist für Sie unabdingbar, damit Sie gut arbeiten können?

Detlef Frobese: Ohne ein gutes Team geht kaum etwas. Und mit gut meine ich, dass Mitarbeitende aktiv an ihre Aufgaben herangehen, dass sie mitdenken, dass gegenseitige Unterstützung und Offenheit den gemeinsamen Arbeitsalltag prägen. Wichtig ist mir, dass bei mir in der Praxis und im OP ein freundlicher Grundton herrscht, untereinander und gegenüber den Patienten.

Wie lautet der beste Rat, den Sie auf Ihrem Karriereweg bekommen haben?

Detlef Frobese: Immer demütig bleiben und mit Respekt jedem Patienten begegnen – das habe ich früh von meinen Ausbildern gelernt. Der Teufel ist ein Eichhörnchen, das mache ich mir immer klar. Es kann immer sein, dass ein vermeintlich einfacher Fall plötzlich komplex wird, man ein Detail übersieht oder eine Entscheidung revidieren muss. Man darf sich trotz großer Erfahrung niemals in Sicherheit wiegen. Deshalb ist für mich kein Patient ein 0815-Fall, ich bin mir meiner großen Verantwortung immer sehr bewusst.

Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?

Detlef Frobese: Ehrlichkeit, damit kann ich am besten umgehen. Ich muss wissen, wo der Schuh drückt, dann kann ich nach Lösungen suchen. Das gilt für Mitarbeitende und Kollegen ebenso wie für Patienten. Auch Leidenschaft für den Beruf finde ich sehr wichtig. Man sollte für das, was man alltäglich tut, auch brennen.

Was treibt Sie an?

Detlef Frobese: Mal etwas pointiert formuliert: Ich will die Wahrheit wissen, also exakt und möglichst erfolgreich den Grund für Beschwerden finden und einen vernünftigen Therapieplan entwickeln. Da bin ich akribisch. Das hat auch schon oft dazu geführt, dass ich eine Patienten-Odyssee von Arzt zu Arzt beenden konnte. Auch ist es eine tolle Motivation, wenn ein Patient, bei dem mein Therapievorschlag angeschlagen hat, an Tag drei nach der OP spürbar erleichtert und zufrieden über den Gang läuft. Helfen wollen ist also auch eine ganz starke Triebfeder.

Mit wem würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?

Detlef Frobese: Mit allen Kolleginnen und Kollegen, die mich beruflich begleitet und geprägt haben. Als Arzt verbringe ich ja in der Regel mehr Zeit mit ihnen als mit der eigenen Familie oder Freunden. Während gemeinsamer OPs, Nachtwachen und Wochenenddiensten entwickeln sich schon intensive Beziehungen. Aber wenn jemand den Ort oder das Haus wechselt, verläuft sich das meist. Insofern wäre es sicherlich interessant, mit all diesen Wegbegleitern mal wieder zusammenzusitzen und sich auszutauschen.

Was raten Sie jungen Ärztinnen und Ärzten?

Detlef Frobese: Nehmt die Dinge selbst in die Hand, sucht euch aktiv Vorbilder, bleibt auch mal nach Dienstschluss im OP, wenn eine besonders interessante oder seltene Operation auf dem Plan steht. Denn nur so wird man ein guter Arzt. Medizin ist kein Beruf, der Dienst nach Vorschrift erlaubt. Lebenslängliche Wissbegierde ist für mich Teil des Arztberufs.

Wie gelingt Ihnen eine gesunde Work-Life-Balance?

Detlef Frobese: Es hat lange gedauert, bis ich das gut eingerichtet habe. Besser wurde es, als die Kinder aus dem Haus waren. Dann war wenigstens das ewig schlechte Gewissen weg, als Vater zu wenig präsent zu sein. Vor einigen Jahren war meine Richtschnur: Die Schlagzahl im beruflichen Alltag darf nur so hoch sein, dass ich das über die Langstrecke halten kann. Und so habe ich meinen beruflichen Alltag organisiert. Hilfreich für mich ist außerdem, dass mein Leben außerhalb von Praxis und Krankenhaus sehr schön ist. Sport, Partnerschaft, Freunde – dafür will ich Zeit haben und das klappt mittlerweile auch gut.

Woran mangelt es dem deutschen Gesundheitssystem?

Detlef Frobese: Grundsätzlich finde ich unser Gesundheitssystem im europäischen Vergleich immer noch großartig. Aber das wird natürlich nicht so bleiben. Der größte Mangel: Es fehlt an Nachwuchs. Ein Baustein, um das zu kompensieren, ist die Digitalisierung. Und da müssen meine Jahrgänge, also die älteren Kolleginnen und Kollegen, einfach schneller dazu lernen, um wenigstens in den nächsten Jahren den Fachkräftemangel ein wenig zu kompensieren.

Wann sind Sie glücklich?

Detlef Frobese: Wenn an einem Tag alles gut gelaufen ist, der Schreibtisch einigermaßen leer ist und die To-dos abgearbeitet sind, bedeutet das für mich tatsächlich Glück. Wenn ich eines gelernt habe: Glück liegt in den kleinen Dingen und das findet eigentlich jeden Tag statt. Man muss es nur merken.

Das könnte Sie auch interessieren: