Über wichtige Erfahrungen, gewonnene Einsichten und ausgefallene Wünsche spricht aerztestellen.de mit erfolgreichen Ärztinnen und Ärzten. Dieses Mal stellt sich Dr. med. Anna Heinrichs unseren Fragen. Sie hat am 1. September 2022 die Leitung der Klinik für Innere Medizin und der Klinik für Pneumologie am St. Raphael Krankenhaus in Ostercappeln übernommen.
Frau Dr. Heinrichs, warum eigentlich haben Sie sich auf die Pneumologie spezialisiert?
Dr. Anna Heinrichs: Ich fand das Organsystem schon vor dem Physikum spannend. Man kann die Lunge weder vom Herzen oder Kreislauf noch vom Gehirn und anderen Organsystemen getrennt betrachten. Das Symptom Luftnot ist für mich ein gravierendes Symptom. Da ich bereits vor dem Studium damit konfrontiert wurde, strebte ich bereits zu dem Zeitpunkt das Ziel an, Lungenfachärztin zu werden. Das Betreuen der Lungenpatienten ist häufig Detektivarbeit. Erfüllend ist, die richtige Diagnose fast allein aus der Anamnese und der körperlichen Untersuchung stellen zu können. Auch manuelles Geschick im Rahmen der endoskopischen Interventionen ist ergänzend gefragt. Das alles macht die Pneumologie für mich so interessant.
Was ist für Sie unabdingbar, damit Sie gut arbeiten können?
Dr. Anna Heinrichs: Das Wichtigste ist Zeit zu haben, um mit den Patientinnen und Patienten zu sprechen. Wenn sie das Gefühl vermittelt bekommen, dass sie wichtig sind und ihr Problem zu meinem Problem wird, reden sie von sich aus auch gleich viel mehr. Das ist ein gefundenes Fressen für einen Detektiv. Auch ein kollegiales Miteinander darf auf keinen Fall fehlen. Nur so kann eine Abteilung wachsen, in der es eine gute Ausbildung und die beste Patientenbetreuung gibt.
Wie lautet der beste Rat, den Sie auf Ihrem Karriereweg bekommen haben?
Dr. Anna Heinrichs: Eigentlich war das kein Rat im engeren Sinne. Die Aussage „Jugend forscht“ habe ich das erste Mal nach einem anstrengenden Nachtdienst auf der Intensivstation gehört. Das hat mich dazu verleitet, die Dinge, die ich mache, sehr gut zu machen. Mir war es daher immer wichtig, gute Fachkenntnisse und Routine zu bekommen.
Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?
Dr. Anna Heinrichs: Das ist ganz klar: Ehrlichkeit und Lösungsorientiertheit. Dann sind Probleme oft schon fast keine mehr und die Zusammenarbeit ist viel einfacher.
Was treibt Sie an?
Dr. Anna Heinrichs: Den Menschen und nicht nur Patienten zu helfen.
Mit wem würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?
Dr. Anna Heinrichs: Mit meinen Kolleginnen und Kollegen und mit Tobias Welte.
Was raten Sie jungen Ärztinnen und Ärzten?
Dr. Anna Heinrichs: Neben der vielen Arbeit sollte jeder mindestens eine Tat am Tag machen, die Spaß bereitet, auch wenn es anschließend heißt: „Jugend forscht!“ Auf keinen Fall darf man vergessen, dass es im Leben nicht nur die Arbeit gibt. Es gibt noch viel mehr, das sollte man nicht vernachlässigen.
Wie gelingt Ihnen eine gesunde Work-Life-Balance?
Dr. Anna Heinrichs: Ich versuche, mit den Gedanken immer dort zu sein, wo ich mit dem Körper gerade bin ….
Woran mangelt es dem deutschen Gesundheitssystem?
Dr. Anna Heinrichs: Es mangelt an einer fairen Bezahlung, zum Beispiel für die sprechende Medizin. Es kann nicht sein, dass apparative Medizin hoch und die sprechende niedrig honoriert wird. Zudem sollte es ein zukunftsfähiges Konzept geben. Die Politik sollte sich mal ernsthafte Gedanken machen, wie man das noch vorhandene Personal bündeln kann, um die Patientenversorgung aufrechtzuerhalten und die Arbeitsbedingungen zu optimieren. Denn aktuell stehen sowohl das stationäre als auch das ambulante System kurz vor dem Kollaps. Personal wächst nicht auf Bäumen und man kann es auch nicht backen oder im Supermarkt kaufen. Zudem kommen immer mehr fachfremde Tätigkeiten auf die Pflege- und die Ärzteteams zu.
Wann sind Sie glücklich?
Dr. Anna Heinrichs: Wenn ich mit Kolleginnen und Kollegen lachen und auch mal weinen kann, wenn ich müde ins Bett falle, wenn ich jemandem geholfen habe, der dies auch so wahrgenommen hat, und wenn im Garten die ehemals zarten Pflänzchen irgendwann mal Früchte tragen.