
Über wichtige Erfahrungen, gewonnene Einsichten und ausgefallene Wünsche spricht aerztestellen.de mit erfolgreichen Ärztinnen und Ärzten. Dieses Mal stellt sich Priv.-Doz. Dr. med. Jan Bredow unseren Fragen. Er ist seit 1. Januar 2022 neuer Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Krankenhaus Köln-Porz.
Herr Dr. Bredow, warum eigentlich haben Sie sich auf die Wirbelsäulenchirurgie spezialisiert?
PD Dr. Jan Bredow: Zunächst hatte mich die Sportmedizin am Fach Orthopädie und Unfallchirurgie am meisten angezogen. Doch im Laufe meiner Ausbildung habe ich die Wirbelsäule für mich entdeckt. Was mich begeistert, ist die Anatomie mit den knöchernen Strukturen, vielen Gelenken und einer komplexen Beweglichkeit von Kopf bis Becken, die sich von der beweglichen Halswirbelsäule über die rigide Brustwirbelsäule bis hin zur kräftigen Lendenwirbelsäule erstreckt. Der Schutz, den diese Strukturen dem verletzlichen Rückenmark und den Nerven bieten, fasziniert mich. Für mich gehören zudem die sorgfältige Indikationsstellung und das Operieren an der Wirbelsäule zu den anspruchsvollsten Aufgaben meines Fachs. Dank Professor Eysel, meinem Lehrer und Direktor der Orthopädie und Unfallchirurgie an der Uniklinik Köln, konnte ich dies auf höchstem Niveau beobachten und enorm viel dabei lernen.
Was ist für Sie unabdingbar, damit Sie gut arbeiten können?
PD Dr. Jan Bredow: Ich brauche immer ein klares Ziel, für das ich arbeite. Besonders gut funktioniert das, wenn man ein eingespieltes Team um sich hat, das einen vertrauensvollen Umgang pflegt. Dann kann man nicht nur hervorragend zusammenarbeiten, sondern man erreicht auch bessere Ergebnisse. Das Arbeiten im Krankenhaus ist Teamsport.
Wie lautet der beste Rat, den Sie auf Ihrem Karriereweg bekommen haben?
PD Dr. Jan Bredow: Ich habe viele Ratschläge erhalten. Die meisten davon waren sicherlich gut gemeint und alle haben ihre Berechtigung. Ich denke, einer der wichtigsten war, authentisch zu bleiben und sich niemals in eine Rolle hineinzubegeben.
Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?
PD Dr. Jan Bredow: Teamgeist, Offenheit, Ehrlichkeit, Leidenschaft, Engagement – und ich habe auch sehr viel übrig für feinsinnigen Humor.
Was treibt Sie an?
PD Dr. Jan Bredow: Meine Leidenschaft, Menschen durch gute Medizin zu helfen. Das ist mein täglicher Anspruch und Ansporn.
Mit wem würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?
PD Dr. Jan Bredow: Gern würde ich mit Hermann Hesse, bei einem Glas Léoville-Poyferré vorm Kamin über den Sinn, Unsinn und Eigensinn des Lebens philosophieren.
Was raten Sie jungen Ärztinnen und Ärzten?
PD Dr. Jan Bredow: Bleibt neugierig und bewahrt Euch Eure Empathie – trotz aller ökonomischen Zwänge in der heutigen Medizin. Beobachtet in Ruhe die guten und schlechten Vorbilder und geht anschließend aus voller Überzeugung Euren eigenen Weg.
Wie gelingt Ihnen eine gesunde Work-Life-Balance?
PD Dr. Jan Bredow: Das Wichtigste ist, dass meine Arbeit mir jeden Tag aufs Neue sehr viel Spaß macht. Ansonsten versuche ich, regelmäßig Sport zu machen und treffe gerne meine „alten“ Freunde aus Schule und Studium. Dieser Austausch hat für mich einen großen Wert. Und beim gemeinsamen Abendessen mit der Familie zählen ohnehin ganz andere Dinge als die Arbeit.
Woran mangelt es dem deutschen Gesundheitssystem?
PD Dr. Jan Bredow: Das deutsche Gesundheitssystem ist sicher eines der gerechtesten und leistungsstärksten der Welt, doch sollte man es weiter verbessern. Durch die einst zur Konsolidierung eingeführten und nie mehr in Frage gestellten Fallpauschalen, die jährlich knapper bemessen werden, sind vor allem besonders kranke Menschen mit langen oder aufwendigen Behandlungen unattraktiv für Krankenhäuser und Ärzte geworden. Das halte ich nicht für sozial. Die ökonomischen Zwänge setzen falsche Anreize und verlangen viel Idealismus von Ärztinnen und Ärzten, wenn sie sich zum Beispiel zu seltenen Erkrankungen belesen oder sich einfach Zeit nehmen für ihre Patienten. In manchen Fällen ist das vielleicht sinnstiftender als abrechenbare Leistungen. Mehr helfen würde auch mehr Transparenz, um das System finanziell wieder zu stärken. Wichtig ist, den Personalmangel zu beseitigen, der gerade für eine optimale Behandlung von Menschen so wichtig ist. Gerade die Pflege muss weiter durch mehr Personal und adäquate Gehälter gestärkt werden.
Wann sind Sie glücklich?
PD Dr. Jan Bredow: Wenn ich meine Familie gesund und glücklich sehe, meine Freunde treffe oder reise. Die Eifel, Bayern, die Normandie, die Provence, Cornwall oder Südtirol sind für mich Orte, an denen ich gerne bin und die mich glücklich machen. Auch gutem Essen kann ich sehr viel abgewinnen.