Dr. Rolffs: „Wichtig ist mir, mit den Menschen in einen direkten Austausch zu kommen“

9 Februar, 2023 - 07:52
Dr. Sabine Glöser
Köpfe und Karriere: Dr. Michael Rolffs
Dr. Michael Rolffs ist seit 1. Juli 2022 Chefarzt der Psychosomatik am Alexius/Josef Krankenhaus in Neuss.

Über wichtige Erfahrungen, gewonnene Einsichten und ausgefallene Wünsche spricht aerztestellen.de mit erfolgreichen Ärztinnen und Ärzten. Dieses Mal stellt sich Dr. med. Michael Rolffs unseren Fragen. Er ist seit 1. Juli 2022 Chefarzt der Psychosomatik am Alexius/Josef Krankenhaus in Neuss.

Herr Dr. Rolffs, warum eigentlich haben Sie sich auf die Psychosomatik spezialisiert?

Dr. Michael Rolffs: Ehrlich gesagt wollte ich anfangs Internist werden. Doch mit meinem Abitur bekam ich nicht direkt einen Studienplatz und hatte insgesamt sechs Jahre Wartezeit zu überbrücken. In dieser Zeit habe ich eine Ausbildung zum Krankenpfleger absolviert und mehrere Jahre in diesem Beruf gearbeitet, eine prägende Zeit für mich. So habe ich den Gesundheitssektor aus einer ganz anderen Perspektive kennenlernen dürfen. Dafür bin ich heute dankbar. In der internistischen Praxis habe ich dann festgestellt, dass dies eine geräte-lastige Medizin ist. Mir aber war es zunehmend wichtig, mit den Menschen im Sinne einer ‚sprechenden Medizin‘ in einen direkten Austausch zu kommen. Deshalb habe ich mich entschlossen, auf der Grundlage klassischer medizinischer Fächer wie Neurologie und Dermatologie den Menschen ganzheitlich zu sehen und das Zusammenspiel zwischen der Psyche, dem Fühlen, Denken, Entscheiden und Handeln und dem Körper mit seinen verschiedenen Organsystemen mit zu berücksichtigen. So kam ich zur Psychosomatik.

Was ist für Sie unabdingbar, damit Sie gut arbeiten können?

Dr. Michael Rolffs: Ich habe einen Wahlspruch, der meine Arbeit sozusagen dirigiert: Das Team ist der Star! Ich wünsche mir, dass alle Berufsgruppen innerhalb der Station harmonisch aufeinander eingestimmt sind und an einem Strang ziehen: von der Pflegefachkraft über die Assistenzärztinnen und Assistenzärzte bis hin zur Chefärztin oder zum Chefarzt. So entsteht bei der gemeinsamen Arbeit für die Patienten eine gute Arbeitsatmosphäre. Zugleich ist es mir aber auch wichtig, dass die Klinikleitung bereit ist, produktive Weiterentwicklungen innerhalb der Abteilung betriebswirtschaftlich mitzutragen.

Wie lautet der beste Rat, den Sie auf Ihrem Karriereweg bekommen haben?

Dr. Michael Rolffs: Erfolg hat drei Buchstaben: Tun. Dies ist ein leicht abgewandeltes Zitat von Goethes Ausspruch: ‚Es ist nicht genug zu wollen, man muss auch tun.‘ Auch die sprechende Medizin muss sich letztendlich an ihren Taten messen lassen. Das gilt für das therapeutische Team und die Patienten gleichermaßen. Dies hängt natürlich unmittelbar damit zusammen, wie man seine Zeit sinnvoll nutzt. Ich bin ein strukturierter Mensch, manchmal durchaus auch zum Leidwesen anderer. Aber nur mit dieser motivationalen Struktur habe ich es beispielsweise nach sechs Jahren geschafft, meinen Karriereplan weiterzuverfolgen, ein Medizinstudium zu beginnen und erfolgreich zum Abschluss zu bringen.

Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?

Dr. Michael Rolffs: Das ist sicher die Erkenntnis, dass wir alle gemeinsam im Menschsein miteinander verbunden sind – und dass wir aus dieser Verbundenheit heraus gemeinsam wachsen und uns entwickeln können. Daraus kann Großes und Schönes entstehen.

Was treibt Sie an?

Dr. Michael Rolffs: Wenn ich merke, dass meine Arbeit als Arzt dazu beiträgt, dass sich Menschen mit zum Teil stark ausgeprägten Krankheitsbildern weiterentwickeln und an ihren Herausforderungen wachsen. Wenn ich sehe, wie Patienten erkennen, dass psychosomatische Behandlung sie psychisch und körperlich weiterbringt. Und last but not least: Wenn ich Wochen oder Monate nach der Entlassung von Patienten erfahre, dass sie mittlerweile mit ihren eigenen Konflikten und Problemen einen besseren Umgang gelernt haben.

Mit wem würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?

Dr. Michael Rolffs: Dafür müsste es zwar eine Zeitmaschine geben, aber nichtsdestotrotz wäre das für mich auf jeden Fall Johann Sebastian Bach. Wenn ich einen Abend mit ihm verbringen könnte, würde ich ihn bitten mir ‚Jesu meine Freude‘ vorzuspielen. Und im Anschluss würde ich ihn gern fragen, wie er in der Lage war, eine Musik zu schreiben, die so unmittelbar das Herz berührt.

Was raten Sie jungen Ärztinnen und Ärzten?

Dr. Michael Rolffs: Ich sage ihnen, dass sie stets neugierig mit Blick auf sich selbst und die Menschen in ihrem Umfeld bleiben sollen. Jede Begegnung mit Patienten lässt sich immer auch als Chance der eigenen Entwicklung und des Wachstums sehen. Eine Dankbarkeit dafür zu entwickeln, was man hat und geben kann – das versuche ich jungen Therapeutinnen und Therapeuten mit auf den Weg zu geben.

Wie gelingt Ihnen eine gesunde Work-Life-Balance?

Dr. Michael Rolffs: Da ist zum einen das Wissen geliebt zu werden, insbesondere von meiner Frau. Da sind zum anderen meine vielseitigen Interessen abseits der Medizin: Ich mache regelmäßig Sport, spiele Gitarre, reise und lese viel und in regelmäßigen Abständen gebe ich mich auch ganz bewusst der Langeweile hin, genieße einfach meine Zeit, ohne dabei etwas zu ‚tun‘.

Woran mangelt es dem deutschen Gesundheitssystem?

Dr. Michael Rolffs: Aus meiner Wahrnehmung heraus ist dies der Mangel an Personal in der Pflege, bei den Ärzten und auch bei den Psychotherapeuten. Zugleich fehlt es auch an der Bereitschaft, diese für ihre Arbeit leistungsgerecht zu bezahlen.

Wann sind Sie glücklich?

Dr. Michael Rolffs: Bei dem Gefühl der Dankbarkeit, das ich habe, wenn ich darüber nachdenke, was ich in meinem Leben schon alles erleben durfte, Schweres und Leichtes gleichermaßen. Und bei dem Gedanken an meine Frau und meine Tochter.

 

Das könnte Sie auch interessieren: