Dr. Thompson: „Ich wollte um jeden Preis Notfallmediziner werden“

20 Januar, 2021 - 08:40
Dr. Sabine Glöser
Köpfe und Karriere: Dr. Mike Thompson

Über wichtige Erfahrungen, gewonnene Einsichten und ausgefallene Wünsche spricht aerztestellen.de mit erfolgreichen Ärztinnen und Ärzten. Dieses Mal stellt sich Dr. med. Mike Thompson unseren Fragen. Er ist seit dem 1. Oktober 2021 Chefarzt der Zentralen Notaufnahme am Evangelischen Krankenhaus Herne.

Herr Dr. Thompson, warum eigentlich sind Sie Notarzt geworden?

Dr. Mike Thompson: Als ich mit 14 Jahren einen Erste-Hilfe-Kurs besuchte, habe ich sofort Feuer gefangen. Für mich war klar, die Notfallrettung ist mein Ding. Ich fand alles, was damit zusammenhing, unglaublich spannend. Deshalb wollte ich um jeden Preis Notfallmediziner werden und habe erst eine Ausbildung zum Krankenpfleger und Rettungsassistenten gemacht. Dann habe ich nach dem Abitur auf dem zweiten Bildungsweg das Medizinstudium angeschlossen, danach lange Jahre in der Intensiv- und Notfallmedizin gearbeitet, ich war in der Hubschrauberrettung aktiv, wurde Landesfeuerwehrarzt für Nordrhein-Westfalen und nun bin ich Chefarzt einer Zentralen Notaufnahme.

Was ist für Sie unabdingbar, damit Sie gut arbeiten können?

Dr. Mike Thompson: Die Versorgung in der Notfallmedizin steht und fällt mit der guten Zusammenarbeit aller Beteiligten. Das gilt sowohl außerklinisch, im Hinblick auf die Kooperation mit dem Rettungsdienst oder der Feuerwehr, als auch innerklinisch. Hier geht es um ein enges Miteinander von Medizin und Pflege sowie den guten Austausch mit den verschiedenen Kliniken und Disziplinen innerhalb unseres Hauses.

Wie lautet der beste Rat, den Sie auf Ihrem Karriereweg bekommen haben?

Dr. Mike Thompson: Niemals aufgeben! Auch wenn der Weg nicht so geradlinig verläuft, sollte man sein Traumziel nie aus dem Auge verlieren. Und wer aufrichtig für eine Sache brennt, wird immer wertvolle Lehrer und Mentoren finden, die ihn oder sie unterstützen.

Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?

Dr. Mike Thompson: Offenheit, Authentizität, wertschätzenden Respekt. In der Notfallmedizin sind Verantwortungsbewusstsein und Teamgeist unheimlich wichtig. Denn unser Team muss ständig unter großem Zeitdruck anhand von wenigen Informationen die richtigen Entscheidungen treffen. Da kommt Stress auf, dem sich das Team geschlossen stellen muss, um zielgerichtet arbeiten zu können. In einem nachträglichen Briefing empfinde ich eine gute, wenn nötig selbstreflektierende Kommunikation als wichtig und fördernd.

Was treibt Sie an?

Dr. Mike Thompson: Zum einen ist es meine aufrichtige Leidenschaft für die Notfallmedizin. Es macht mir Freude, schnell zu reagieren, schnell Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus macht es mir Spaß, meine Leidenschaft sowohl für die innerklinische als auch für die außerklinische Notfallmedizin jungen Ärztinnen und Ärzten weiterzugeben und sie darin auszubilden.

Mit wem würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?

Dr. Mike Thompson: Wenn er noch leben würde, würde ich mich gern einmal mit Marc Aurel austauschen. Seine Philosophie des Stoizismus begeistert mich. Der 2011 verstorbene Humorist Victor von Bülow, besser bekannt als Loriot, wäre ebenfalls jemand, den ich gern kennengelernt hätte. Ansonsten stelle ich mir auch einen Abend mit den Komikern Anke Engelke oder Michael „Bully“ Herbig sowohl vergnüglich als auch im kommunikativen Austausch sehr bereichernd vor.

Was raten Sie jungen Ärztinnen und Ärzten?

Dr. Mike Thompson: Der Arztberuf ist eine Berufung, verbunden mit einer großen Bereitschaft zum lebenslangen Lernen – und vor allem ist er undenkbar ohne die aufrichtige Liebe zum Menschen. Vor allem in Notfallsituationen brauchen unsere Patientinnen und Patienten nicht nur den Blick auf das gebrochene Bein, sondern auch unser Verständnis und Einfühlungsvermögen. Deshalb: Suchen Sie sich Mentoren, die Sie auf diesem Weg begleiten und unterstützen!

Wie gelingt Ihnen eine gesunde Work-Life-Balance?

Dr. Mike Thompson: Mein wichtigster Ausgleich ist meine Familie, gefolgt vom Sport. Ganz bewusst fahre ich täglich meine 16 Kilometer zur Arbeit hin und zurück mit dem Fahrrad. Und noch etwas hilft mir ungemein, mein inneres Gleichgewicht zu halten: Humor. Ich lache unheimlich gern und schätze alles, von feinsinnig, über tiefsinnig bis hin zu schwarzem Humor. Ein herzliches Lachen kann unglaublich viele Anspannungen lösen.

14.03.2025, Krankenhaus St. Barbara Attendorn GmbH
Attendorn
12.03.2025, RKT Rettungsdienst gGmbH
Bogen

Woran mangelt es dem deutschen Gesundheitssystem?

Dr. Mike Thompson: Das DRG-System ist meiner Meinung nach nicht mehr zeitgemäß. Es lässt völlig außer Acht, dass wir unseren Patientinnen und Patienten nur dann gerecht werden und ihre Erkrankungen richtig erfassen können, wenn wir uns auch auf der zwischenmenschlichen Ebene um sie kümmern, uns mit ihren Ängsten befassen. Ich halte es aber auch für wichtig, dass das Gesundheitssystem sich selbst ökonomisch trägt. Es darf also weder Groschengrab noch Cash-Cow sein.

Wann sind Sie glücklich?

Dr. Mike Thompson: Als echter Ruhrpott-Junge liebe ich es, bei Currywurst mit Pommes und Mayo (CPM) zusammen mit meiner Familie die alte Revier-Komödie „Bang Boom Bang“ anzuschauen! Und beruflich? Da macht es mich jedes Mal glücklich, wenn eine Schockraum-Versorgung perfekt verläuft!

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