
Über wichtige Erfahrungen, gewonnene Einsichten und ausgefallene Wünsche spricht aerztestellen.de mit erfolgreichen Ärztinnen und Ärzten. Dieses Mal stellt sich Dr. med. Stefan Weiß unseren Fragen. Als neuer Ärztlicher Direktor leitet er seit 1. August 2021 das Simulationszentrum und den Zentralbereich Katastrophenschutz der RKH Kliniken in Ludwigsburg.
Herr Dr. Weiß, warum eigentlich sind Sie Notfallmediziner geworden?
Dr. Stefan Weiß: An der Notfallmedizin fasziniert mich die medizinische Bandbreite. Als guter Notfallmediziner brauche ich einen Einblick in viele Fächer und bin jedes Mal aufs Neue gefordert. Ich muss mich in kürzester Zeit auf eine neue Situation einstellen, mitunter habe ich es auch mit einer hochdynamischen Lage zu tun, in der ich mich während des Einsatzes immer wieder auf veränderte Bedingungen einstellen muss. Mit Ruhe, einer guten Ausbildung und gutem Handwerkszeug kann ich auch an ungewöhnlichen Orten unter schwierigen Bedingungen arbeiten. Auch nach vielen Jahren und mehreren tausend Einsätzen erlebe ich immer wieder neue Situationen. Diese Herausforderung fasziniert und motiviert mich.
Was ist für Sie unabdingbar, damit Sie gut arbeiten können?
Dr. Stefan Weiß: Ein gutes und motiviertes Team.
Wie lautet der beste Rat, den Sie auf Ihrem Karriereweg bekommen haben?
Dr. Stefan Weiß: Man kann den Karriereweg mit einer Bergtour vergleichen. Nicht immer ist der kürzeste Weg der beste, mitunter lohnt es sich einen Umweg zu laufen. Manchmal muss man auch einsehen, dass ein Weg nicht weiterführt, weil er plötzlich unpassierbar geworden ist. Dann ist umkehren keine Niederlage. Man darf dabei allerdings niemals den Gipfel beziehungsweise sein persönliches Ziel aus den Augen verlieren.
Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?
Dr. Stefan Weiß: Wenn sie in der Lage sind, neuen Dingen offen gegenüberzustehen und nicht alles von vornherein aus Prinzip ablehnen.
Was treibt Sie an?
Dr. Stefan Weiß: Ich mag es, Dinge voranzubringen zu können. Wenn ich dann zu einem sichtbaren Erfolg komme, motiviert mich das zu Weiterem.
Mit wem würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?
Dr. Stefan Weiß: Ich habe da niemanden Speziellen im Blick.
Was raten Sie jungen Ärztinnen und Ärzten?
Dr. Stefan Weiß: Verliere niemals den Respekt vor dem menschlichen Leben und Deinem Tun – Überheblichkeit und Unvorsichtigkeit können zu Deinem größten Feind werden.
Wie gelingt Ihnen eine gesunde Work Life Balance?
Dr. Stefan Weiß: In meinem Leben hat alles seinen Platz, Beruf und Privatleben. Für mich sind die Begriffe „Work“ und „Life“ keine sich ausschließenden Gegenspieler, sondern bedingen einander. Um im Beruf erfolgreich sein zu können, brauche ich einen entsprechenden Ausgleich. Die genaue Gewichtung muss jeder für sich selbst herausfinden. Meiner Meinung nach gibt es in dieser Hinsicht große Unterschiede zwischen den Menschen. Wichtig ist es, seine eigene, ganz individuelle Balance zu finden. Diese Gewichtung ist auch nicht immer gleich, sie kann phasenweise verschoben sein. Gerade im Katastrophenschutz gibt es Phasen, die intensiver sind, zum Beispiel die Coronapandemie, und mir mehr abverlangen als normale Zeiten. Die Kunst ist, diese Phasen bewusst wahrzunehmen um dann nicht in einen Strudel zu geraten, der auch nach Ende der herausfordernden Phase anhält und einen aus der Balance bringt.
Woran mangelt es dem deutschen Gesundheitssystem?
Dr. Stefan Weiß: Eigentlich ist es ein Krankheitssystem und kein Gesundheitssystem, dem es am richtigen Anreiz mangelt. Man verdient umso mehr Geld, je kränker der Patient ist, den man behandelt und je komplexer die erforderliche Behandlungsprozedur ist. Würden wir die Gesundheit und die Prävention besser honorieren, könnten wir die knapper werdenden Ressourcen effizienter einsetzen für jene Patienten, die sie benötigen.
Wann sind Sie glücklich?
Dr. Stefan Weiß: Wenn ich zusammen mit meiner Familie durch einen schönen Wald laufen kann oder auf einer Bergtour unterwegs bin.