Über wichtige Erfahrungen, gewonnene Einsichten und ausgefallene Wünsche spricht aerztestellen.de mit erfolgreichen Ärztinnen und Ärzten. Dieses Mal stellt sich Prof. Dr. med. Clemens Cohen unseren Fragen. Er ist seit 1. November 2023 neuer Chefarzt der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Angiologie und Innere Medizin in der München Klinik Neuperlach. Zudem leitet er seit dem Jahr 2012 die Klinik für Nieren-, Hochdruck- und Rheumaerkrankungen der München Klinik Harlaching.
Herr Professor Cohen, warum eigentlich haben Sie sich für die Schwerpunkte Nephrologie und Rheumatologie entschieden?
Prof. Dr. Clemens Cohen: Meine Ausbildung begann ich ganz offen mit allgemeiner Innerer Medizin, um eine breite Basis für alle medizinischen Fachgebiete zu erhalten. Während der Ausbildung begeisterte mich dann an der Nephrologie und Rheumatologie, dass beide Fächer sowohl spannende differenzialdiagnostische Herausforderungen als auch ein breites internistisches Grundverständnis umfassen. Diese Mischung macht mir im Alltag auch weiterhin viel Spaß und schützt mich vor reiner „Hochdurchsatz-Routine“. Man kann und muss sich mit jedem Fall individuell beschäftigen.
Was ist für Sie unabdingbar, damit Sie gut arbeiten können?
Prof. Dr. Clemens Cohen: Unabdingbar ist ein verlässliches und motiviertes Team! Neben ärztlichen Kolleginnen und Kollegen sind das erfahrene Pflegekräfte und gutes Dialysefachpersonal, aber auch Mitarbeitende aus anderen Bereichen wie Physiotherapie, Logopädie, Diabetesberatung, Sozialdienst, Krankenfahrer und natürlich die kooperierenden Ärztinnen und Ärzte anderer Fachabteilungen.
Wie lautet der beste Rat, den Sie auf Ihrem Karriereweg bekommen haben?
Prof. Dr. Clemens Cohen: Ob das nun der beste Rat ist, weiß ich nicht, aber mein erster, von mir geschätzter Chef sagte: Wer weit kommen will, muss lange gehen, nicht schnell. Inhaltlich passt das ja gut zum Interview-Thema „Karriere“.
Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?
Prof. Dr. Clemens Cohen: Über einen respektvollen und offenen Umgang freue ich mich sowohl bei Kollegeninnen und Kollegen als auch Patienteninnen und Patienten sowie deren Angehörigen. Das hilft allen weiter.
Was treibt Sie an?
Prof. Dr. Clemens Cohen: Alles dafür zu tun, damit unser Team die uns anvertrauten Menschen gut versorgen kann.
Mit wem würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?
Prof. Dr. Clemens Cohen: Gerne würde ich Elke Büdenbender und Frank-Walter Steinmeier treffen. Nach einem sicherlich spannenden und inspirierenden Gespräch zu politischen und gesellschaftlichen Themen würde ich beiden gerne sagen, wie mich im Jahr 2010 ihre Entscheidung für eine Nieren-Lebendspende beeindruckt und berührt hat. Ein größeres Geschenk, ein intensiveres Teilen in einer Partnerschaft, ist kaum vorstellbar. Damit sind die beiden ein ganz wichtiges und positives Beispiel für andere Menschen, die sich mit diesem Thema beschäftigen.
Was raten Sie jungen Ärztinnen und Ärzten?
Prof. Dr. Clemens Cohen: Genießen Sie das Privileg, eine so wichtige und sinnhafte Tätigkeit ausüben zu dürfen.
Wie gelingt Ihnen eine gesunde Work-Life-Balance?
Prof. Dr. Clemens Cohen: Wenn es gelingt, gute Strukturen zu schaffen und ein zufriedenes Team aufzubauen, entstehen Freiräume für alle. Diese nutze ich gern mit der Familie, Freunden, für Kreatives, Kultur oder Sport. So gelingt der Ausgleich zum klinischen Alltag.
Woran mangelt es dem deutschen Gesundheitssystem?
Prof. Dr. Clemens Cohen: Es mangelt nicht primär an Geld, sondern an Strukturen, mit dem Geld sinnvoll umzugehen. Ein Beispiel: Wie viel Zeit verbringen wir damit zu telefonieren und zu faxen, um Befunde von akut kranken Patientinnen und Patienten einzuholen – im Jahr 2024! Ich bin wirklich kein IT-Nerd, aber auf relevante Diagnosen, Medikamentenpläne und wichtige Informationen wie Allergien muss das Behandlungsteam einfach zugreifen können.
Wann sind Sie glücklich?
Prof. Dr. Clemens Cohen: Glück ist ein großes Wort! Für mich ist ein guter Weg, im Alltag auch die kleinen Glücksmomente zu sehen und sich darüber zu freuen. Dies kann eine gelungene Diagnosesicherung bei einer Patientin mit langer Vorgeschichte sein oder das Ansprechen eines Patienten auf die gewählte Therapie. Und natürlich die gemeinsame Zeit mit der Familie oder eine gelungene Zeichnung, wenn ich den Skizzenblock mal wieder aufklappen konnte.